03.01.2019 • ThemenAndreas KichererAndreas KohnertBASF

Experten-Statement: Klaus Schäfer, Covestro

Klaus Schäfer, Covestro
Klaus Schäfer, Covestro

Wir haben Experten, die Anfang November auf der VCW-Konferenz „Circular Economy“ über die Chancen und Herausforderungen der Zirkulären Wirtschaft referiert und diskutiert haben gebeten, uns ihre Positionen zu konkreten Fragen darzulegen. 
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Sachliche und differenzierte Betrachtung

Kunststoffe sind energie- und ressourceneffiziente Werkstoffe, Wegbereiter klimaschonender Technologien und vielseitig zu verwerten. Dennoch stehen sie in der Kritik, es wird sogar zu Verboten von Wegwerfprodukten aus Kunststoff in der EU kommen.

CHEManager: Herr Schäfer, was muss sich ändern – auf Seiten der Produzenten, der Verbraucher und der Politik – um die positiven Eigenschaften von Kunststoffen in den Fokus zu rücken?

Klaus Schäfer: Vor allem brauchen wir eine sachliche und differenzierte Betrachtung. Dabei sollte es um den Nutzen von Kunststoffen gehen, ohne die wir die Energiewende und unsere Klimaschutzziele nicht erreichen werden. Nur ein Beispiel sind Kunststoffe, die für Dämmmaterialien genutzt werden. Auf der anderen Seite müssen Kunststoffe umweltgerecht entsorgt werden. Kunststoffabfälle in der Umwelt sind nirgendwo akzeptabel. Sie stellen eine globale Herausforderung dar – es liegt sowohl an uns als Verbraucher, aber auch den politischen Rahmenbedingungen in nahezu allen Ländern der Erde, um Verbesserungen herbeizuführen. Wir brauchen vor allem wirksame Lösungen. Ein Verbot von Plastikstrohhalmen in der EU wird den Eintrag von Kunststoffen in Asien nicht stoppen – hier haben wir aber in dieser Hinsicht das größte Problem.

„Wir werden unsere ehrgeizigen Ziele
zum Ressourcen- und Klimaschutz nur mit
disruptiven Innovationen erreichen.“

Klaus Schäfer, Covestro
 

Zirkuläre Wirtschaft ist mehr als Kunststoffrecycling und erfordert eine gesamtheitliche Betrachtung der Rohstoff- und Energiekreisläufe. Welche Erkenntnisse und Ergebnisse können Sie daraus ableiten?

K. Schäfer: Wir sehen in dem Verknüpfen von Wertschöpfungsketten und dem Integrieren des Verbrauchers hin zu einer zirkulären Wirtschaft einen sehr vielversprechenden Ansatz. Es bietet auch die Möglichkeit, verschiedene Akteure entlang der Wertschöpfungskette zu beteiligen: vom Lieferanten über den Produzenten bis hin zum Verbraucher und Abfallmanager. Am Ende sind Kunststoffe dann ein wertvoller Rohstoff, den wir besser nutzen müssen.

Wir werden unsere ehrgeizigen Ziele zum Ressourcen- und Klimaschutz nur mit disruptiven Innovationen erreichen. „Einfache“ Weiterentwicklungen werden nicht ausreichen. Ein entscheidender Aspekt beim Thema Zirkuläre Wirtschaft ist der Grundsatz der Technologieoffenheit. Zum Beispiel wenn es um die Verwertung von Materialien geht. Hier sollten die verschiedenen Möglichkeiten objektiv und ganzheitlich bewertet werden. Alle Verwertungswege sollten erforscht und weiterentwickelt werden. Wir erleben in den politischen und gesellschaftlichen Diskussionen beispielsweise eine gewisse Zurückhaltung, wenn es um die energetische Verwertung geht. Dabei ist es in manchen Fällen – am Ende eines Zyklus – die ökologisch und ökonomisch beste Option. Technologieoffenheit ist eine Grundeinstellung. Sie braucht eine Kultur, die neugierig auf Veränderung ist und sich nicht frühzeitig auf eine Lösung versteift.

Inwiefern muss die Politik Rahmenbedingungen vorgeben, um zirkuläres Wirtschaften anzukurbeln, und wo sollte sie keine zu engen Vorschriften machen?

K. Schäfer: Deutschland ist kein ressourcenreiches Land. Auch deshalb sollten wir unsere Innovationskraft nutzen, um eine klimafreundliche und ressourcenschonende zirkuläre Wirtschaft zu fördern. Wir sind bei Covestro überzeugt, dass wir Nachhaltigkeit und speziell „Circular Economy“ als Chance für wirtschaftliches Wachstum begreifen sollten. Kooperationen sind bei vielen Entwicklungen dabei der Schlüssel zum Erfolg von grundlegenden Innovationen. Es sollte also weniger um Vorschriften als vielmehr um Förderungen gehen.

Ein Beispiel: Wir setzen in Dormagen erstmals ein Verfahren ein, bei dem wir Rohöl in der Schaumstoffproduktion teilweise durch CO2 ersetzen. So kommen wir unserem Ziel, einer von Erdöl unabhängigeren Chemie, näher und machen CO2 als Rohstoff nutzbar. Davon haben Chemiker Jahrzehnte lange geträumt. Nach jahrelanger Forschung haben wir einen Katalysator entwickelt, der das bindungsscheue CO2 effizient zur Reaktion bringt. In diesem Fall ist es eine Gemeinschaftsleistung der RWTH Aachen, des gemeinsam betriebenen CAT-Centers sowie unserer Forschungs- und Produktionsbereiche. Gefördert wurde das Ganze vom Bundesforschungsministerium. Nehmen Sie ein Glied aus dieser Kette heraus und es funktioniert nicht mehr.

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