Strategie & Management

IED-Umsetzung nimmt Anlagenbetreiber stärker in die Pflicht

Die Richtlinie 2010/75/EU (IED) soll als zentrales europäisches Regelwerk zur Emissionsminderung für Industrieanlagen fungieren

12.09.2013 -

Anfang Mai 2013 wurde die europäische Industrieemissionsrichtlinie (Industrial Emissions Directive, IED) ins deutsches Recht umgesetzt. Einige Tausend Anlagenbetreiber aus Branchen wie Energiewirtschaft, Abfallbehandlung oder Chemieindustrie sind von den langfristig wirkenden Veränderungen betroffen. Denn der komplette Lebenszyklus einer „IED-Anlage", von der Genehmigung über den Betrieb und die Überwachung bis hin zur Stilllegung ist nun neu geregelt. Auf diese Weise versucht die Europäische Kommission, einheitliche Umweltstandards in ganz Europa noch besser durchzusetzen.

Die Europäische Kommission in Brüssel will mit der Industrieemissionsrichtlinie (IED) den in der IVU-Richtlinie aus dem Jahr 1996 definierten Umweltvorgaben mehr Verbindlichkeit geben - europaweit und einheitlich. Denn das Umweltschutzniveau in den Mitgliedstaaten hatte sich im Ergebnis nicht wie beabsichtigt angeglichen. Darüber hinaus führten die unterschiedlichen Umweltstandards zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Europäischen Union.
Die Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (IED) löst die IVU-Richtlinie ab und soll als zentrales europäisches Regelwerk zur Emissionsminderung für Industrieanlagen fungieren. Die IED will sich vor allem der BVT (Beste Verfügbare Techniken)-Merkblätter bedienen, um die Emissionsgrenzwerte in den EU-Mitgliedstaaten festzulegen. Zur deren Überwachung wurde zudem ein einheitliches System von Umweltinspektionen entwickelt. Mitgliedsstaaten müssen nun Umweltinspektionspläne für alle IED-Anlagen aufstellen sowie deren Einfluss auf die Umwelt beschreiben.

Nationale Umsetzung der IED
Nach der Veröffentlichung des Artikelgesetzes am 12.04.2013 sind die 1. und 2. Artikelverordnung am 2. Mai 2013 im Bundesgesetzblatt publiziert und somit in Deutschland in Kraft getreten. Die rechtlichen Veränderungen betreffen bundesweit 9.000 Anlagen - davon etwa 200 an den drei Chempark-Standorten Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen. Neben der chemischen Industrie wirkt sich die IED auch auf die Branchen Energiewirtschaft, Herstellung und Verarbeitung von Metallen, Mineralverarbeitende Industrie und Abfallbehandlung aus. Sie verändert generell das Genehmigungsrecht - z. b. das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), das Wasserhaushaltsgesetz (WHG)], den Anlagenbetrieb (Beste Verfügbare Technik (BVT)/BREF, Stand der Technik), die Überwachung (Umweltinspektion/Umweltberichte) sowie die Stilllegung von Anlagen (Bodenausgangszustandsbericht).

Einfluss auf den gesamten IED-Anlagenzyklus

  • Genehmigung: Im Rahmen von Genehmigungen wird es zu einer größeren Anzahl an Verfahren mit öffentlicher Beteiligung kommen. Dies hat zur Folge, dass eine Vielzahl von Gutachten als integraler Bestandteil der Antragsunterlagen (u.a. Umweltverträglichkeitsuntersuchung, Immissionsprognose) zu erstellen sind. Erörterungstermine dürften sich zukünftig aufwändiger gestalten. Zusätzlich ist bei Neu- oder Änderungsgenehmigungen zu prüfen, ob die Voraussetzungen zur Erstellung eines Bodenausgangszustandsberichts erfüllt sind. Darüber hinaus sind neue, zum Teil wesentlich abgesenkte Grenzwerte in allen Kompartimenten zu beachten. Eine stärkere Bindung an den Stand der Technik greift bereits hier in der Genehmigungsphase und setzt sich im späteren Anlagenbetrieb fort.
  • Betrieb: Auch im Betrieb wird nun die regelmäßige Überprüfung des Stands der Technik vorgeschrieben. Denn Änderungen in BVT-Merkblättern gewinnen stark an Bedeutung, da hieraus ein Sanierungsbedarf durch Nachrüstung erwachsen kann. Darüber hinaus gelten neue Umweltberichtspflichten und Anzeigepflichten bei Nichteinhaltung der Genehmigungsauflagen.
  • Überwachung: Sowohl Frequenz als auch Inhalte von Umweltinspektionen durch die Behörde verändern sich infolge der IED-Umsetzung. Je nach Anlagenart sind regelmäßige Überprüfungen zwischen ein und drei Jahren möglich. Die stetige Überprüfung der Aktualität der Genehmigung und des Standes der Technik rückt in den Fokus. Im Rahmen der Inspektionen werden die Stoffströme überwacht und die Inspektionsergebnisse im Internet veröffentlicht.
  • Stilllegung: Bei Neu- oder Änderungsgenehmigungen muss nun ein Ausgangs-Zustandsbericht Boden (AZB) erstellt werden Konkret ist dies der Fall bei der Neuerrichtung einer IED-Anlage auf der grünen Wiese oder einer vorgenutzten Fläche (Flächenrecycling). Darüber hinaus greift die Berichtspflicht auch bei wesentlichen Änderungen bestehender Anlagen, z. b. bei bestimmten Einzelanlagen, großindustriellen Anlagen wie Raffinerien oder einem Chemiepark. Generell muss bei Stilllegung der Anlage geprüft werden, ob erhebliche Boden- oder Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe eingetreten sind, die in punkto Menge und Gefährlichkeit (Toxizität, Wassergefährdung u.a.) eine erhebliche Boden- und Grundwasserverschmutzung verursachen können. Während des Betriebs ist nun alle fünf Jahre eine Überwachung des Grundwassers und alle zehn Jahre eine Überwachung des Bodens vorgeschrieben. Die IED räumt auch die Möglichkeit der Überwachung anhand einer systematischen Beurteilung des Verschmutzungsrisikos ein. Bei bestehenden Anlagen sind Bodenprobenahmen nur in den Teilen der Anlage vorgesehen, in denen mit relevanten gefährlichen Stoffen umgegangen wird. Dies könnte zu Problemen führen, wenn dadurch Bodenabdichtungen perforiert und deren Schutzwirkungen aufgehoben werden.

Weiterer Regelungsbedarf
Beim Blick in die den genauen Wortlaut des Artikelgesetzes und der -verordnungen sind weitere Ungenauigkeiten erkennbar, die einer Klärung in der Praxis bedürfen: So zeigt z. b. die Wortwahl „relevante" und „erhebliche" Mengen, dass der Handlungsspielraum noch zu unkonkret abgesteckt ist. Darüber hinaus sind Mengenschwellen mit bisher 10 kg im Jahr lediglich geplant, aber wesentliche Änderungen bei Vielstoffbetrieben in Chemieparks oder die Nutzung von Summenparametern noch nicht klar definiert. Auch die Grenze zu vorhandenen Boden-/Sanierungsverträgen ist noch nicht sauber abgesteckt.

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