Umstellung auf energetische Nitrocellulose

Vom ungeliebten Anhängsel zum Kerngeschäft – diesen Aschenputtel gleichen Wandel vollzieht derzeit das Geschäft mit Nitrocellulose im Industriepark Walsrode. Seit mehr als 146 Jahren wird am Standort Bomlitz in Walsrode Nitrocellulose produziert, nach dem zweiten Weltkrieg ausschließlich für zivile Anwendungen. Als Industrieparkpartner wichtig und geschätzt für das Gleichgewicht von Ver- und Entsorgungsströmen wie Wasser, Abwasser und Dampf, war Nitrocellulose die letzten Jahrzehnte ein reines Commodity-Produkt für die Farben- und Lackindustrie, mit dem sich als europäischer Produktions­standort kaum Geld verdienen ließ.

Interview mit André Popp und Tomas Kaisr, Geschäftsführung MSM Walsrode

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Im IP Walsrode bietet die Belieferung der Rüstungsindustrie eine attraktive Absatzalternative.
© MSM Walsrode

Das hat sich mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine quasi über Nacht geändert. Europa möchte militärisch unabhängig sein und sich im Ernstfall aus eigener Kraft verteidigen können. Diese Zeichen der Zeit hat auch der Industriekonzern Czechoslovakgroup (CSG) erkannt und ist im Mai diesen Jahres mit dem slovakischen Tochterunternehmen MSM Group im Industriepark Walsrode eingestiegen. Ziel ist die Modernisierung und Umstellung der Produktion auf sog. energetische Nitrocellulose. CSG hat seinen Umsatz 2024 mehr als verdoppelt und gehört damit zu einem der am schnellsten wachsenden Verteidigungsunternehmen Europas. CHEManager hat mit der Geschäftsführung von MSM Walsrode gesprochen.

CHEManager: Herr Popp, Sie sind seit rund zwanzig Jahren für den Vertrieb von Walsroder Nitrocelluose verantwortlich und seit Herbst letzten Jahres in der Geschäftsführung. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der letzten Monate?

André Popp: Mein Herz schlägt für die Nitrocellulose und ich kann sagen, die Investition der Czechoslovak­group kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. In Zeiten, in denen die chemische Industrie in Europa ohnehin schon mit hohen Energiepreisen und zunehmender Regulierung der Märkte zu kämpfen hat, stellt die anstehende Umsetzung der europäischen Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) eine echte Herausforderung für Nitrocellulose-­basierte Druckfarben dar. Die eingeschränkte Recyclingfähigkeit entsprechend bedruckter Verpackungen wird den Bedarf für Nitrocellulose in unserem größten Absatzmarkt in naher Zukunft voraussichtlich deutlich reduzieren. Die Belieferung der Rüstungsindustrie ist da eine attraktive und langfristige Absatzalternative. Mit der Modernisierung unserer Anlage und der damit verbundenen Produktionserweiterung hat die Walsroder Nitrocellulose wieder eine vielversprechende Zukunft.

Herr Kaisr, Sie vertreten innerhalb der Geschäftsführung die Interessen des Investors. Warum hat CSG den Industriepark Walsrode für den Einstieg in die Nitrocelluloseproduktion und in den Deutschen Markt gewählt und welche Rolle spielt der Standort innerhalb des Konzerns?

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