Alles in einem gegen CO2

Lichtfänger, photothermischer Wandler, Wasserstoff-Produzent und Katalysator in einem, das bietet ein „selbstaufheizender“ Bor-Katalysator, der Sonnenlicht besonders gut ausnutzt, um Kohlendioxid (CO2) effizient zu reduzieren. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellen Forscher diese photothermokatalytische Reaktion vor, die außer Wasser keine weiteren Hilfsstoffe benötigt. Sie könnte Ausgangspunkt für neue effektivere Verfahren zur Umwandlung des Treibhausgases CO2 in eine nutzbare Kohlenstoffquelle für die Herstellung von Treibstoffen und chemischen Produkten sein.

Als ideale Route, um CO2 nutzbar zu machen, wird die Reduktion mit einem Photokatalysator und Sonnenlicht als einziger Energiequelle angesehen – ein Prozess, der vom Prinzip her dem ersten Schritt der Photosynthese entspricht. Trotz jahrzehntelanger Entwicklungsarbeiten laufen die Verfahren zur CO2-Umwandlung aber noch immer sehr ineffizient. „Die Gründe liegen vor allem in einer bisher noch unzureichenden Ausnutzung des Sonnenlichts, der sehr hohen Energiebarriere für die Aktivierung des CO2-Moleküls sowie in der langsamen Kinetik der beteiligten mehrfachen Elektronen- und Protonen-Transferprozesse“, erläutert Jinhua Ye.

Zusammen mit einem Team vom National Institute for Materials Science (NIMS), Tsukuba, Ibaraki, und der Hokkaido University, Sapporo (Japan) sowie der Tianjin University und der Nanjing University of Aeronautics and Astronautics (China) verfolgt Ye jetzt eine Strategie, bei der nicht nur die Lichtenergie, sondern auch die thermische Energie des Sonnenlichts genutzt werden soll. Wenn die Sonne auf eine Oberfläche scheint, wird diese erwärmt. Diesen an sich alltäglichen photothermischen Effekt wollen die Forscher nutzen, um die Wirksamkeit katalytischer Systeme zu steigern. Die Wahl fiel dabei auf Pulver aus elementarem Bor, deren starke, sehr breite Absorption des Sonnenlicht-Spektrums und deren effektive photothermische Umwandlung für eine bemerkenswerte Selbstaufheizung des bestrahlten Katalysators sorgen. So gelang dem Team eine effiziente CO2-Reduktion zu Kohlenmonoxid (CO) und Methan (CH4), die in Gegenwart von Wasser und unter Lichteinstrahlung – ohne weitere Reagenzien oder Co-Katalysatoren – erreicht wurde.

Unter Bestrahlung heizten sich die Borpartikel auf etwa 378 °C auf. Bei diesen Temperaturen kommt es zu einer Reaktion mit dem Wasser, in situ entstehen dabei Wasserstoff und Boroxide. Die Boroxide wirken als „Fänger“ für CO2-Moleküle. Der entstehende Wasserstoff ist hochreaktiv und sorgt – in Gegenwart des durch Licht aktivierten Borkatalysators – für eine effektive Reduktion des CO2, indem er die benötigten Protonen (H+) und Elektronen zur Verfügung stellt.

„Der Schlüssel zum Erfolg liegt in den günstigen Eigenschaften des Bor-Pulvers, die es zu einem Alles-in-Einem-Katalysator machen: Lichtfänger, photothermischer Wandler, Wasserstoff-Produzent und Katalysator“, erläutert Ye. „Unsere Studie belegt das vielversprechende Potenziel der photothermokatalytischen Strategie für die Umwandlung von CO2 und eröffnet zudem neue Perspektiven für weitere Sonnenenergie nutzende Reaktionssysteme.“

Dr. Jinhua Ye arbeitet seit mehr als 20 Jahren auf dem Gebiet hochentwickelter photokatalytischer Materialien. Inzwischen ist sie leitende Wissenschaftlerin am International Center for Materials Nanoarchitectonics (MANA) des National Institute for Materials Science (NIMS) sowie ernannte Direktorin des TU-NIMS International Collaboration Laboratory, Tianjin University, China. Zudem ist sie ein Fellow der Royal Society of Chemistry und gehörte 2016 zu den Highly Cited Researchers im Bereich Materials Science.

Meist gelesen

Photo
19.03.2025 • ThemenInnovation

Leuchttürme der Start-up-Szene – Teil 2: Ineratec

Der CHEManager Innovation Pitch, die Start-up-Förderinitiative von ­CHEManager und CHEManager International, hat seit ihrem Launch 2019 mehr als 100 Start-ups aus über 15 Ländern die Möglichkeit geboten, ihre innovativen Ideen, Produkte und Technologien einer breiten Zielgruppe zu präsentieren. Diesen Meilenstein nehmen wir zum Anlass, um auf einige der Gründerstories der vergangenen sechs Jahre zu blicken und deren Entwicklung aufzuzeigen.