Wo Stress herrscht für Sensoren
Für eine störungsfreie, betriebssichere pH-Messung in Rauchgaswäschern
Durch regelmäßige automatisierte Reinigung der pH-Elektrode kann deren Lebensdauer in Gaswäschern signifikant erhöht werden und die Wartungskosten können reduziert werden.
Industrieabgase enthalten Schadstoffe wie Schwefeloxide (SOx), Chlorwasserstoff (HCI), Fluorwasserstoff (HF), Schwermetalle sowie Flugasche mit unterschiedlichster Zusammensetzung in hoher Konzentration. Diese Abgase können Schäden bei Mensch und Umwelt verursachen und müssen deshalb gereinigt werden, bevor sie in die Atmosphäre gelangen.
Nasse Rauchgasreinigung
Die Entfernung dieser Schadstoffe aus Rauchgas wird durch eine nasse Rauchgasreinigung in den Rauchgaswäschern realisiert. Für die Abgasreinigung werden zweistufige Gaswäscher verwendet: Nach dem Herausfiltern von Stäuben findet in der ersten Stufe neben der Abkühlung des Rauchgases die Auswaschung der Schadstoffe Chlorwasserstoff (HCl), Fluorwasserstoff (HF) und Schwermetalle statt. Der pH-Wert darf in dieser Stufe nicht über 2 ansteigen. Schwefeldioxid (SO2) kann bei pH-Werten unter 2 diese erste Stufe nahezu vollständig passieren und wird erst in der zweiten Stufe durch Zugabe von Kalkmilch (Ca(OH)2) bei einem pH-Wert zwischen 5 und 6 chemisch gebunden und ausgewaschen.
Da der pH-Wert eine wichtige Rolle für die Abscheidung der Schadstoffe spielt, muss er kontinuierlich gemessen bzw. geregelt werden.
Niedrige pH-Werte, hohe Temperaturen und große Konzentrationen an Stäuben stellen bei der pH-Messung eine große Herausforderung dar. Die Auswahl der pH-Elektrode kann über das Funktionieren oder Nichtfunktionieren einer pH-Messung entscheiden. Eine zuverlässige Lösung hierzu ist die tecLine pH-Elektrode des Fuldaer Herstellers mit einem Loch-Diaphragma. Das Loch-Diaphragma ist eigentlich kein Diaphragma, sondern ein offener Übergang zwischen Festelektrolyt und Messmedium. Eine Verblockung des „Diaphragmas“ kann hier so gut wie ausgeschlossen werden, da der verwendete Jumo-Festelektrolyt im Medium etwas aufquillt und dadurch ein Selbstreinigungseffekt erreicht wird. Dies mindert den Elektrolyt-Ausfluss und somit den Wartungsaufwand.
Die harten Prozessbedingungen können dennoch die Lebensdauer einer pH-Elektrode negativ beeinflussen. Um dies zu verhindern und die Standzeit der Elektrode zu erhöhen, ist eine regelmäßige Wartung und Reinigung der pH-Elektrode notwendig.
Erfolgt die Verschmutzung der pH-Elektrode innerhalb kürzester Zeit, wie in einem Rauchgaswäscher, so ist der Einsatz eines automatischen Reinigungssystems wirtschaftlich sinnvoll und betriebssicherer. Kernstück eines solchen Systems ist die pneumatische Wechselarmatur Typ 202823, die den pH-Sensor in den Prozess einkoppelt. Sie fungiert als „Schleuse“ und erlaubt die Reinigung der pH-Elektrode außerhalb des Prozesses, ohne diesen zu unterbrechen.
Funktion der pneumatischen Wechselarmatur
Die pH-Elektrode ist dabei in einem beweglichen Tauchrohr (3) fixiert. Um sie in den Prozess zu fahren, wird über Pneumatikanschlüsse der Antriebseinheit (1) der Armatur Druckluft zugeführt. Der pneumatische Antrieb fährt das Tauchrohr zusammen mit dem Sensor in das Prozessmedium. Eine mechanische Sicherungseinrichtung verhindert das Einfahren des Tauchrohres, wenn keine pH-Elektrode eingebaut ist. Das schützt den Bediener vor unbeabsichtigtem direktem Kontakt mit dem Messmedium. Ist die Endposition „Messen“ erreicht, wird diese über pneumatische Positionsrückmeldung an die angeschlossene Steuerung gemeldet. In dieser Position ist der Anschlusskopf des Sensors in die Antriebseinheit versenkt und macht einen Ausbau des Sensors unmöglich.
Ist eine Reinigung der pH-Elektrode erforderlich, wird sie aus dem Prozess in die Position „Service“ hinein in die Spülkammer (5) der Armatur gefahren. Das Tauchrohr verschließt die Kammer zum Prozess hin. Diese wird durch Dichtungen geschützt, damit keine Prozessflüssigkeit eintreten kann. Beim Erreichen der Position „Service“ befindet sich die Sensorspitze nun in der Spülkammer der Wechselarmatur. Hier richten 4 Düsen eine Reinigungsflüssigkeit von zwei gegenüberliegenden Seiten direkt auf den Sensor und erlauben eine optimierte Reinigung des Sensors von Belägen und Verschmutzungen. Nach erfolgter Reinigung wird der Sensor durch die Antriebseinheit wieder in die Position „Messen“ gefahren.
Vorteile der pneumatischen Wechselarmatur
Ein besonderer Vorteil der Jumo Armatur Typ 202823 für diese Anwendung liegt im geringen Hub von nur 36 mm. Er bewirkt eine geringe dynamische Belastung der Dichtelemente. Darüber hinaus verhindert ein durch einen O-Ring vorgespannter Teflonabstreifer, dass Mediumsanhaftungen am Tauchrohr mit in die Spülkammer gezogen werden. Diese Kombination macht die Armatur zum verlässlichen Partner gerade in anspruchsvollen kritischen Anwendungen.
Die pneumatische Wechselarmatur 202823 ist in den hochwertigen Materialien wie Edelstahl, PVDF oder PEEK verfügbar. Sie erlaubt den Einsatz bis 140 °C und 10 bar. Als O-Ringe können FPM, EPDM oder FFMK gewählt werden. Auf diese Weise lässt sie sich ideal an die Prozessbedingungen anpassen.
Eine Steuereinheit überwacht und steuert die Mess- und Reinigungszyklen der pneumatischen Wechselarmatur vollautomatisch. Sie enthält eine vorkonfigurierte Reinigungssequenz mit Vor- und Nachreinigungsfunktion, die sich in der Praxis bewährt hat. Die Reinigungszeiten für bis zu 2 Reinigungslösungen, Messintervalle und Startzeiten können an die jeweilige Anforderung angepasst werden.
Beim Einsatz in abrasiven und stark anhaftenden Medien, wie sie in Rauchgaswäschern vorkommen, empfiehlt sich die Aktivierung der sogenannten „Sperrwasserfunktion“. Dabei wird schon vor dem Verfahren der Armatur das Ventil geöffnet und Wasser gelangt in die Spülkammer. Das Auslassventil bleibt hingegen geschlossen. Verfährt nun die Armatur, so drückt das Wasser aus der Spülkammer in den Prozess. Es verhindert auf diese Weise, dass während der Sensorbewegung Partikel an dem Tauchrohr anhaften. Die innenliegenden O-Ringe der Armatur werden zuverlässig geschützt.
Gerade bei aggressiven Messmedien oder bei Messstoffen, die zu Ausfällungen neigen und so die Funktionsweise des Sensors beeinträchtigen können, lässt sich die Steuerung derart programmieren, dass der Sensor nur zeitlich begrenzt in den Prozess taucht. Die übrige Zeit verbleibt der Sensor in der Spülkammer der Armatur. In diesem Fall wird auch die Reinigungslösung in der Spülkammer belassen. Die Flüssigkeit dient dazu, den Sensor feucht zu halten und vor dem Austrocknen zu schützen.
Die pneumatische Wechselarmatur wird mit Hilfe von Pneumatikschläuchen mit der Armaturensteuerung verbunden. Eine farbliche Kodierung (6) in Kombination mit Anschlussschläuchen in verschiedenen Größen an der Armatur ermöglicht dabei eine einfache und fehlerfreie Inbetriebnahme des Systems. Die Steuerung überwacht mittels integrierter Eingänge die jeweilige Positionsrückmeldung der Wechselarmatur. So kann garantiert werden, dass sich das Tauchrohr tatsächlich in der Position „Service“ befindet und der Sensor für eine Kalibrierung ausgebaut werden darf. Über einen zusätzlichen Eingang wird die automatische Reinigung gestartet. Möglich ist dies z. B. durch den Waschkontakt des Messumformers/Reglers dTRANS pH 02.
pH-Messumformer/-Regler
Der neue Messumformer/Regler dTRANS pH 02 stellt der Leitwarte des Gaswäschers den aktuellen pH-Wert zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein kompaktes, modulares Gerät mit einem Einbaumaß von 96 mm x 48 mm x 90 mm (B x H x T).
Das Gerät kann auch gleichzeitig als Regler eingesetzt werden, der z. B. die Dosierung von Säuren und Laugen steuern kann. Zusätzlich zum Messeingang für den pH-Wert besitzt der Messumformer/Regler dTRANS pH 02 einen zweiten Messeingang für die Temperatur, die dann zur Temperaturkompensation der Hauptparameter herangezogen wird.
Durch die Klartextbedienung in Verbindung mit dem hintergrundbeleuchtbaren LC-Grafikdisplay ist die Bedienung des Geräts nahezu ohne Betriebsanleitung möglich. Für die komfortable Konfiguration über einen PC ist ein Setup-Programm lieferbar. Mit ihm können Datensätze erstellt, editiert und ans Gerät übertragen sowie von dort ausgelesen werden. Die Daten können gespeichert und gedruckt werden. Über eine Schnittstelle RS422/485 oder Profibus DP lässt sich das Gerät auch in einen Datenverbund integrieren.
Fazit
Da die Leistung einer Rauchgaswaschanlage sehr stark vom pH-Wert abhängig ist, ist die Überwachung des pH-Wertes von großer Bedeutung.
Die harten Prozessbedingungen können dennoch die Lebensdauer einer pH-Elektrode negativ beeinflussen. Durch die regelmäßige automatisierte Reinigung der pH-Elektrode kann deren Lebensdauer in Gaswäschern signifikant erhöht werden und die Wartungskosten können reduziert werden.
Pneumatische Wechselarmaturen Typ 202823 werden überall dort eingesetzt, wo die Sensoren besonderen Belastungen ausgesetzt