15.10.2025 • ThemenChemielogistikLogistikDigitalisierung

Digitale Prozesslandschaften in der Chemielogistik

Die Chemieindustrie steht unter enormem Druck: schwache Nachfrage, hohe Rohstoff-, Energie- und Standortkosten, fragile Lieferketten und verschärfte Regulierung. Wettbewerbsfähig bleibt nur, wer Abläufe entlang der gesamten Wertschöpfungskette gleichermaßen auf Effizienz und Sicherheit trimmt. Ein integriertes IT-System für Produktion (Enterprise Resource Planning, ERP), Lager (Warehouse Management System, WMS) und Transport (Transport Management System, TMS) kann die Komplexität in der Chemielogistik beherrschbar machen – für Effizienz, Resilienz und Wirtschaftlichkeit.

Autor: Sven Vogel, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter, Develogment GmbH & Co. KG, Kempen

Ein integriertes IT-System für Produktion (Enterprise Resource Planning, ERP),...
Ein integriertes IT-System für Produktion (Enterprise Resource Planning, ERP), Lager (Warehouse Management System, WMS) und Transport (Transport Management System, TMS) kann die Komplexität in der Chemielogistik beherrschbar machen.
© Travel mania - stock.adobe.com/perpis - stock.adobe.com/Manyapha - stock.adobe.com

Wie integrierte IT-Systeme für Produktion, Lager und Transporte Effizienz und Resilienz steigern

Digitale Prozesslandschaften ohne Medienbrüche, in denen Produktions-, Lager- und Transportlogistik in einem integrierten IT-System nahtlos ineinandergreifen, schaffen dafür die Basis. Durchgängige Daten- und Prozesslogiken, automatisierte Workflows, leistungsstarke Optimierungsalgorithmen und Zugriff auf alle relevanten Informationen mit einem Klick sichern Produktivität und Qualität – bei voller regulatorischer Konformität und hoher Reaktionsgeschwindigkeit.

Marktumfeld: Dauerstress statt Rückenwind

Nach einem kurzen Zwischenhoch verharrt die Chemiebranche in Europa auf niedrigem Niveau. Eine verhaltene Produktion und gebremste Nachfrage treffen auf anhaltende geopolitische Spannungen und Handelsthemen, die Beschaffungs- und Absatzketten belasten. Steigende Kundenanforderungen und Regulierungen verschärfen den Druck.

Damit ist nicht nur der sichere und effiziente Umgang mit den Gütern elementar, sondern Transparenz, Datengüte, Anpassbarkeit und Geschwindigkeit in den operativen Abläufen werden zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen. Zugleich wächst das Risiko in Zeiten des Fachkräftemangels, wenn kritische Abläufe von individuellem Erfahrungswissen („Kopfmonopolen“) abhängen.

Anforderungen an eine moderne IT-Plattform

Sechs Eigenschaften bestimmen die Zukunftsfähigkeit einer IT-Plattform. Erstens zählt die Durchgängigkeit statt isolierter Einzellösungen: Daten und Prozesse laufen von Anfang bis Ende ohne Medienbrüche und binden externe Business Partner nahtlos ein. Zweitens ist die Steuerung in Echtzeit entscheidend: Leitstände schaffen einen konsistenten Blick auf Bestände, Ressourcen, Kapazitäten und Ereignisse – idealerweise ergänzt durch prädiktive Funktionen. Drittens ist die regulatorische Sicherheit „by Design“ verankert, sodass Gefahrgut- und Gefahrstoffvorschriften systemisch abgesichert sind, von Freigaben über Kennzeichnungen bis hin zu auditfesten Dokumentenketten. Viertens sorgen resiliente Planungen dafür, dass Absatz-, Produktions-, Lager- und Transportplanung Szenario-basiert ineinandergreifen, um Engpässe proaktiv zu managen. Fünftens garantiert die KI-Readiness, dass eine offene Architektur die schnelle und sichere Integration marktführender Anwendungen erlaubt. Sechstens schließlich steht der Benutzerfokus im Zentrum: Eine integrierte Oberfläche, grafisch unterstützte (Um)Planungen und automatisierte Workflows verringern Einarbeitungsaufwand und Fehlerrisiken und sorgen für hohe Akzeptanz bei den Anwendern.

Integrierte Prozesslandschaften als Hebel in der Chemielogistik

Gerade in der komplexen Chemielogistik entfaltet Integration ihre Wirkung besonders stark: Laufen Produktions-, Lager- und Transportmodule auf derselben Plattform, entsteht eine gemeinsame „Wahrheitsquelle“. Rezepturen, Chargen, Gefahrstoffklassen, Sperrbestände, Temperatur- oder ADR/IMDG-Auflagen sind durchgängig verfügbar. Ein Produktionsauftrag reserviert automatisch Lagerkapazitäten, findet geeignete Gefahrstoffplätze, triggert Laborfreigaben, bestellt Transporte mit passenden Auflagen und erzeugt Begleitdokumente – von Etiketten bis zu Frachtpapieren. Ereignisse wie Störungen in der Supply Chain oder Routenänderungen werden sofort erkannt und proaktiv gemanagt. Spezialisierte KI-Dienste greifen auf dieselbe Datenbasis zu, liefern erklärbare Ergebnisse und erhöhen so die Planungs- und Steuerungsqualität fortlaufend.

„Ein integriertes IT-System für Produktion, Lager und Transport kann die Komplexität in der Chemielogistik beherrschbar machen – für Effizienz, Resilienz und Wirtschaftlichkeit.”

Sven Vogel, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter, Develogment

Nutzenfelder integrierter Prozesslandschaften

Der Mehrwert zeigt sich in vielen Bereichen, die unmittelbar zur operativen Exzellenz beitragen. So unterstützen Control-Tower-Sichten über Bestände, Aufträge und Transporte eine durchgängige Steuerung, während ETA- und Risiko-Alerts bei kritischen Sendungen sowie digitale Zwillinge von Lager- und Transportprozessen die Planungssicherheit erhöhen.

Eine lückenlose Rückverfolgbarkeit ermöglicht zugleich sichere Freigaben und eine effiziente Reklamationsbearbeitung; Sicherheitsdatenblätter, Beförderungspapiere und Checklisten werden dabei regelbasiert erzeugt, versioniert und auditfest abgelegt.
Auch in puncto Effizienz und Kosten entstehen Vorteile: Doppelarbeiten und Schnittstellenpflege entfallen, manuelle Tätigkeiten werden durch Prozessautomatisierung stark reduziert, Fehlerquoten sinken, Personal und Ressourcen lassen sich optimal auslasten und virtuelle Lagerkonzepte steigern die Flächennutzung.

Schließlich stärkt die Lösung die Lieferfähigkeit und Nachhaltigkeit, etwa durch Szenarioplanungen bei Kapazitätsengpässen, die Integration externer Partner in die eigenen Abläufe, Routenoptimierungen sowie belastbare CO2-Kennzahlen entlang des Material- und Transportflusses. Faktenbasierte Entscheidungen mit hohem Nachhaltigkeitscharakter werden so ideal unterstützt.

IT-Plattform als Schlüsselfaktor

Gewachsene IT-Landschaften – ein WMS hier, ein TMS dort, dazu über Schnittstellen angebundene Produktions- und Labor-Tools sowie Dokumentenmanagementsysteme (DMS) – verlangsamen Abläufe und bergen erhebliche Komplexitäts- und Übergaberisiken; ganz abgesehen von hohen Implementierungs- und laufenden Betriebskosten.

Integrierte Plattformen lösen das: eine Benutzeroberfläche, ein durchgängiges Daten-, Prozess- und Workflowmodell, ein konsistenter Berechtigungsrahmen. Das Onboarding wird einfacher, die Prozessqualität stabiler und die Time-to-Value neuer Funktionen kürzer. Besonders wichtig: die Anpassbarkeit. Low-/No-Code-Konfigurationen, parametri­sierbare Workflows, Regel-Engines und Integrationskataloge erlauben es, unternehmensspezifische Anforderungen schnell und ohne aufwendige Programmierung umzusetzen. Das senkt Implementierungsrisiken, beschleunigt Roll-outs und sorgt für einen schnellen ROI. Technologische Dynamik wird so zum Wettbewerbsvorteil, nicht zum Projektrisiko.

Beispiel aus der Praxis

Eine solche integrierte IT-Plattform ist Cargoconnect. Die SaaS-Lösung vereint Produktions-, Lager- und Transportlogistik mit Best-Practice-Abläufen in Planung, Steuerung, Überwachung und Abrechnung. Sie hat sich seit vielen Jahren in anspruchsvollen Anwendungsfeldern in der Chemielogistik bewährt.

Besonderes Merkmal: die hohe Konfigurierbarkeit. Masken und Prüfregeln, Workflows, KPI-Sets, Rollen- und Rechtekonzepte oder auch KI-Integrationen lassen sich ohne großen Programmieraufwand an Standort- und Kundenerfordernisse anpassen. Unternehmen kombinieren so die Robustheit einer erprobten Branchenlösung mit der Innovationsgeschwindigkeit moderner IT-Ökosysteme.

Fazit

Die Chemielogistik der nächsten Jahre wird von Unsicherheit, strenger Regulierung und hohem Effizienzdruck geprägt sein. Gewinner werden die Unternehmen sein, die prozessorientiert denken und über eine integrierte IT-Lösung den Weg vom Flickwerk zum durchgängigen Supply-Chain-Ansatz einschlagen – von der Produktion über das Lager bis zum Transport.

Integrierte Prozesslandschaften sind damit kein „Nice-to-have“, sondern die Voraussetzung, um Performance, Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit dauerhaft zu gewährleisten. Branchenerprobte Lösungen stehen zur Verfügung.

Photo:

Zur Person: Sven Vogel

 verfügt über langjährige Erfahrung in Logistik und IT, insbesondere in Chemie, Handel und Automotive. Von 1997 bis 2017 war er verantwortlich für die IT bei Lehnkering und Imperial (heute DP World), bevor er 2017 Develogment gründete. Er verantwortete internationale Projekte zu ERP-Einführungen sowie zur Digitalisierung und Effizienzsteigerung komplexer Wertschöpfungsnetzwerke.

© Develogment

Dieser Beitrag ist in CHEManager 10/2025 erschienen

Lesen Sie mehr! Aktuelle Nachrichten, meinungsbildende Interviews, detaillierte Marktberichte und fundierte Fachartikel geben CHEManager-Lesern den entscheidenden Informationsvorsprung!

Zur CHEManager-Ausgabe

Anbieter

develogment GmbH & Co. KG

Von-Ketteler-Str. 21
47906 Kempen
Deutschland

Kontakt zum Anbieter







Meist gelesen

Photo
• 14.05.2025 • ThemenLogistik

Komplexität der Pharmalogistik steigt

Kann man an der Entwicklung der Pharmalogistik ablesen, welche wesentlichen Fortschritte die Pharmaforschung in den letzten Jahren gemacht und wie sich der Vertrieb pharmazeutischer Produkte verändert hat?

Photo
14.05.2025 • ThemenDigitalisierung

KI im Engineering

Rösberg Engineering hat ein KI-Projekt aufgesetzt; bei dem eine Datenbasis, Infrastruktur und verschiedene Lösungen für KI-gestütztes Engineering entstehen