Pharmabranche: Voice-Anwendungen in der Distributionslogistik
01.03.2011 -
Voice-Anwendungen in der Distributionslogistik der Pharmabranche: Prozesse beschleunigt und Fehlerquote reduziert. Die auf Logistikdienstleistungen für die Pharmabranche spezialisierte Logosys, ein Unternehmen der Nützel-Gruppe, hat die Steuerung der Logistikprozesse im Darmstädter Distributionszentrum weiter verbessert. Sie setzt in Bereichen der beleglosen Kommissionierung und Nachschubsteuerung statt herkömmlicher Datenfunkterminals innovative Voice-Terminals ein. Welche Vorteile Pick-by-Voice gegenüber anderen Kommissioniertechniken hat, wurde vor der Entscheidung gründlich recherchiert. Dass die Investition richtig war, beweist die Reduzierung der Fehlerquote um den Faktor 3, bei gleichzeitiger Steigerung der Produktivität von mehr als 15 %.
Zügig – jedoch ohne jegliche Hektik – füllen sich die Mischbehälter am Kommissionierregal. Die Mitarbeiterinnen greifen gezielt nach bestimmten Artikeln, legen sie in ihre Kommissionierbehälter und haben schon die nächsten Artikel im Visier. Kein Blick auf eine Pickliste oder ein Display stört diesen flüssigen Ablauf. Während die Frauen Artikel aus dem Regalfach entnehmen, sieht man sie kurz in ihr Headset sprechen. Nur eine Prüfziffer, die dem Warehouse Management-System sagt, ob die richtige Ware kommissioniert wurde. Ist das WMS zufrieden, gibt es der Kommissioniererin den nächsten Auftrag, indem es ihr eine Fachnummer und die Stückzahl für den nächsten Pickvorgang ins Ohr flüstert. Auf das Wesentliche reduziert hat man bei Logosys die Kommunikation zwischen dem Warehouse Management- System und den Mitarbeitern im Lager. Jeder bekommt nur die Anweisungen, die er in der jeweiligen Situation benötigt; keine ellenlangen Listen auf Papier oder mit Informationen überladene Terminaldisplays. Kein Wunder, dass sich nach einer gewissen Einarbeitungszeit mit der Sprachsteuerung die Produktivität im Kommissionierbereich erheblich verbessert hat. Doch die Erhöhung der Umschlagsleistung war eigentlich nicht das Ziel bei der Entscheidung für den Einsatz der Voice-Technologie; beabsichtigt war in erster Linie die Verbesserung der Prozesssicherheit, mit dem Ziel, die Fehlerquote bei der Kommissionierung gegen Null zu bringen.
Hohe Anforderungen an die Qualität Zwischen 3.000 und 4.000 Aufträge mit rund 12.000 Kommissionierzugriffen werden täglich im Distributionszentrum der Darmstädter Logosys Logistik abgewickelt. Beim Handling und Versand der insgesamt über 5.000 verschiedenen Artikel – von rezeptpflichtigen Medikamenten über frei verkäufliche Arzneimittel bis hin zur Dialyseflüssigkeit in speziellen Gebinden – ist höchste Sorgfalt und Qualität unabdingbar. Für die Kunden von Logosys, mehr als 20 namhafte Pharma-Unternehmen wie Fresenius Medical Care, Merck, Merz, Mundipharma, oder Procter&Gamble Pharma, zählt die Qualität bzw. Fehlerfreiheit der Distributionsaufgabe zu den wichtigsten Merkmalen, die der Logistikdienstleister gewährleisten muss. Um die hohen Ansprüche der Pharmabranche sicher erfüllen zu können, führte Logosys bereits vor Jahren ein Warehouse Management von Lunzer + Partner ein. Das moderne WMS steuert alle Prozesse vom Wareneingang über die Kommissionierung, den automatischen Nachschub bis hin zum Versand.
Kommissioniersysteme unter der Lupe Mit dem Ziel, die eigentlich schon recht niedrige Fehlerquote von 0,5% nochmals erheblich zu reduzieren und dabei gleichzeitig mehr Transparenz in die Bewertung der Kommissionierleistung zu bringen, bildete man ein Projektteam, das die derzeit möglichen Technologien auf die Anwendbarkeit im Logosys- Logistikzentrum beleuchten sollte. Die belegorientierte Kommissionierung nach Listen, optimiert durch das WMS, hatte sich schon recht gut bewährt. Die verbleibende Fehlerquote von 0,5% entstand jedoch durch die zusätzlichen Optimierungsversuch der Mitarbeiter, die – abweichend von der Pickliste – oft besser wussten, welcher Artikel als Nächster zu kommissionieren ist, und dabei schon einmal eine Position übersahen oder verwechselten. Die beleglose Kommissionierung mit Datenfunkterminals, die online und in Echtzeit mit dem WMS kommunizieren, war eine der bevorzugten Technologien, weil sie hohe Flexibilität, Transparenz und Sicherheit bietet. Moderne Handterminals mit integrierten Barcodescannern und Farbdisplays sind ergonomisch und besitzen eine grafische Benutzeroberfläche. Aufgrund der vielen unterschiedlichen und überwiegend kleinen Artikel – in relativ überschaubaren Kommissionierbereichen – erschien die Lösung mit Handterminals für Logosys jedoch nicht ideal. Die Mitarbeiter benötigen beide Hände, um die Ware schnell und effizient in die Kommissionierbehälter zu packen. Beide Hände frei haben die Kommissionierer mit „Pick-by- Light“. Hier zeigen an Regalen aufleuchtende Signalfelder und LED-Ziffernanzeigen, aus welchen Fächern wie viele Artikel entnommen werden sollen. Gesteuert wird die Regaltechnik online durch das WMS. Die Bestätigung der Picks erfolgt über Quittiertaster am Regal. Diese für die Kleinteile-Kommissionierung grundsätzlich gut geeignete Technik führt zwar zu hohen Leistungen bei niedriger Fehlerquote, lässt sich jedoch in einem Distributionszentrum kaum nutzen. Aufgrund der ständig wechselnden Anforderungen der diversen Kunden und der noch häufiger wechselnden Produktgruppen mit sehr verschiedenen Abmessungen, würde ein unverhältnismäßig hoher Aufwand für den jeweiligen Umbau des Regalsystems und der Lichtsteuerungstechnik entstehen. Eine Bündelung aller Vorteile bei gleichzeitiger Minimierung der Nachteile bietet die derzeit innovativste Kommissioniertechnik „Pick-by-Voice“. Wie eingangs bereits beschrieben, kommunizieren die Kommissionierer online über natürliche Sprache mit dem WMS. Hände und Augen sind frei für eine optimale Leistungsfähigkeit. Eventuelle Kommissionierfehler werden durch ein Prüfziffernsystem sicher erkannt und somit vermieden.
Entscheidung für Voice-Technologie Nachdem die Entscheidung für die Voice-Technologie gefallen war, legte Logosys, die Generalunternehmerschaft für die gesamte Erweiterungsinvestition in die Hände von Lunzer + Partner, Alzenau. Das Projektteam betrachtete mehrere Kommissioniersysteme bei Referenzkunden verschiedener Hersteller und prüfte dabei sorgfältig, ob sich die individuellen Logistikprozesse von Logosys mit den vorgestellten bzw. angebotenen Lösungen auch reibungslos realisieren lassen würden. Die Wahl des Voice-Systems fiel auf zetes- IND: Die zur internationalen Zetes-Gruppe gehörende Firma IND Mobile Datensysteme aus Willich präsentierte ein umfassendes Paket aus Dienstleistung, System-Software und Voice-Terminals und konnte auf mehr als 3.000 verkaufte Terminals für rund 100 Installationen verweisen.
Ziele erreicht und Zusatznutzen entdeckt Wie der Echtbetrieb der ersten Monate mit 15 Voice-Terminals zeigte, haben sich die Erwartungen voll und ganz erfüllt. Die Mitarbeiter im Distributionszentrum nahmen das neue Kommissioniersystem sehr schnell an und arbeiten gerne damit. Auf die Motivation der Mitarbeiter wirkt sich die Monitoring-Funktion positiv aus. Waren Kommissionierfehler früher ein unvermeidbares Übel, lässt sich heute genau nachvollziehen, wer einen Fehler gemacht hat. Zudem können die besten Kommissionierer ermittelt und die Qualität dadurch weiter gesteigert werden. Die Fehlerquote ist bereits auf weit unter 0,5 gesunken; das ehrgeizige Ziel liegt jedoch bei 0,1%. Bereits wenige Monate nach Einführung von Pick-by-Voice wurde die Sprachsteuerung auch auf die innerbetrieblichen Transporte ausgeweitet und als „Move-by-Voice“ zunächst im Bereich der Nachschubversorgung eingesetzt. Heute sind falsch kommissionierte oder falsch eingelagerte Artikel nahezu ausgeschlossen. Gleichzeitig ließ sich eine Steigerung der Produktivität um mehr als 15 % erreichen; die jedoch noch steigerungsfähig ist. Im nächsten Schritt wird die Sprachtechnologie auch im Bereich der Inventuren eingesetzt. „Check-by-Voice“ nennen L+P und zetesIND diese Einsatzvariante der Voice- Terminals.