Anlagenbau & Prozesstechnik

Grundfos: Energiekosten deutlich gesenkt

Steuerung optimiert Kühlwasserversorgung

18.03.2011 -

Ein Leuchtturm gibt Orientierungshilfe - und dies ist auch der Ansatz der gleichnamigen Initiative der Deutschen Energieagentur (dena) für energieeffiziente Pumpensysteme. Eines der Projekte führte die dena zusammen mit Spezialisten von Grundfos durch. Mit einem beeindruckenden Ergebnis: Bayer Pharma spart am Standort Bergkamen nach einer Optimierung der Pumpen zur Kühlwasserversorgung Energiekosten in Höhe von jährlich 109.000 Euro ein und reduziert die CO2-Emission um bis zu 670 Tonnen. Einzigartig in diesem Fall: Die Optimierung gelang im Wesentlichen aufgrund einer smarten Steuerung der installierten Alt-Pumpen und dem Zusammenschluss der verfügbaren Kühlwasserversorgung.

‚We care for your health' heißt der Claim der Bayer Division HealthCare. ‚We care for our climate' könnte man als zusätzlichen Claim ergänzen, zählt doch Bayer im Kampf gegen den Klimawandel zu den industriellen Vorreitern. Das Unternehmen hat sein Engagement in einem konzernweit verbindlichen Klimaprogramm gebündelt.
Wie man nicht nur Gutes für die Umwelt tun kann, sondern dabei auch noch Jahr für Jahr erhebliche Kosten einspart, das zeigt ein Projekt am Standort Bergkamen. Ausgangspunkt war die Initiative ‚Leuchttürme energieeffizienter Pumpensysteme in Industrie und Gewerbe' der dena in Zusammenarbeit mit Pumpenherstellern. Die Initiative zielt darauf ab, durch Steigerung der Energieeffizienz von Pumpensystemen Energie- und Kosteneinsparungen zu erschließen. Der Kern des Projekts ist eine umfangreiche, neutrale Beratung durch Experten.
Die höchsten Energiespareffekte sind zu erreichen, wenn Pumpensysteme im Ganzen optimiert werden - statt nur einzelne Komponenten isoliert zu betrachten. Daher setzt das Projektmodul gezielt bei der Systemanalyse an im Hinblick auf die Bedarfsparameter (Druck, Volumenstrom, Temperaturniveau etc.), die vorhandenen Betriebsparameter und die Systemkomponenten. Von Fall zu Fall können die Schwerpunkte der vorgeschlagenen Energieeffizienzmaßnahmen unterschiedlich sein, da sie sich nach dem Ist-Zustand und den Rahmenbedingungen vor Ort richten. Die Möglichkeiten reichen von Umbauempfehlungen (Pumpenaufstellung, Leitungsführung), Ergänzungsempfehlungen (Hocheffizienzmotor, Drehzahlregelung) und Austauschempfehlungen (Neupumpe) bis hin zur Regelung oder Steuerung.

Smarte Steuerung ermöglicht Energieeffizienz
Dass nicht allein die Hardware (Pumpe, Motor, Armaturen, Leitungen) Energiesparpotentiale bietet, sondern auch eine intelligent modifizierte Software (Steuerung), zeigt das Projekt bei Bayer in eindrucksvoller Weise.
Zwischen Juli 2009 und Mai 2010 führte die dena zusammen mit Grundfos eine Energieanalyse der Kühlwasserversorgung durch. Im Fokus der Analyse standen die in den Rückkühlanlagen installierten Kühlwasserpumpen und das zugrunde liegende Steuerungskonzept.
Im ersten Schritt erfolgte eine Projektbegehung: Die Inspektion umfasste die systemrelevante Rohrleitungsführung, die Absperr- und Rückflussarmaturen, die installierten vertikalen Turbinenpumpen nebst deren Motoren, die Systemsteuerung und die Kühlsystemanordnung. Installiert sind im ersten Kühlturm vier vertikale Turbinenpumpen (400 m3/h; Baujahr 1969-76) und im zweiten Kühlturm ebenfalls vier vertikale Turbinenpumpen, allerdings höherer Leistung (700 m3/h).

Ergebnis der Projektbegehung
Ein Austausch der zum Teil älteren Pumpen wäre aufgrund der nur geringen Effizienzsteigerung durch neue Pumpen nicht wirtschaftlich. Der Motorwirkungsgrad ist bei dieser Motorengeneration und dieser Motorengröße kaum schlechter als der von neuen Motoren. Auch bei den Rohrleitungen entfällt eine weitere Betrachtung: Das Rohrleitungssystem ist verzweigt im gesamten Werksgelände im Erdreich verlegt - Änderungen verbieten sich hier aufgrund der zu erwartenden hohen Investitionskosten.
Die Messungen zeigten allerdings, dass die Rückschlagklappen hinter den Pumpen einen hohen Druckverlust von circa 3 m verursachen - zur Optimierung des Fördervolumens wurde dem Betreiber dringend empfohlen, diesen enormen Druckverlust zu reduzieren. Das ist durch den Einbau moderner Rückschlagklappen einfach zu realisieren, weisen diese doch deutlich niedrigerer Druckverluste auf: Bei einem Rohrdurchmesser von DN 300 und einer Fördermenge Q = 400 m³/h beträgt der Druckverlust nur noch ca. 0,4 m, bei Q = 700 m³/h etwa 0,65 m. Diese Installation ermöglichte eine signifikante Verbesserung des Volumenstroms, ohne die Wirkungsgrade zu mindern.

Ermittlung eines optimierten Lastprofils
Die je vier Vertikalpumpen pro Kühlturm wiesen zum Zeitpunkt der Begehung einen differierenden Volumenstrom auf; sie wurden zudem je nach Bedarf teilautomatisiert zugeschaltet, so dass häufig mehr Leistung bereitgestellt als tatsächlich benötigt wurde.
Hier identifizierten die Pumpen-Spezialisten des dena- und Grundfos-Teams auch den stärksten Hebel für eine Optimierung: Durch das Zusammenfassen der Rückkühlwerke zu einem integrierten System lassen sich die Pumpen unterschiedlicher Leistung (und unterschiedlicher Lastprofile) über eine Modifizierung der Steuerung zu einem optimalen Lastzyklus verknüpfen - und das bei deutlich reduzierter Stromaufnahme.
Zur Analyse stand der komplette Datensatz des Betriebsdatenerfassungssystems aus dem Jahr 2008 zur Verfügung. Aus den Daten wurden Monatsmittelwerte gebildet, um die saisonale Abhängigkeit zu ermitteln. Darüber hinaus wurde das Belastungsprofil des Systems berechnet, um Grund- und Spitzenlasten darzustellen.
Die Auswertung der 8.000 Datensätze ergab eine Grundlast von mindestens 1.100 m3/h, einen Proportionalbereich und einen geringen Bereich mit einer Spitzenlast bis zu ca. 3.900 m3/h. Dieses Anlagen-Lastprofil war die Basis für die von der dena und Grundfos vorgeschlagenen zwei Lösungskonzepte.
Beide Lösungsansätze basieren auf der Überlegung, dass eine optimale Effizienzsteigerung am einfachsten durch eine Leistungssteigerung der Pumpen und eine drehzahlabhängige, automatische Steuerung per Frequenzumformer zu erzielen ist. Im Gegensatz zur Kaskadensteuerung, bei der die jeweils nächste Pumpe mit Volllast zuschaltet, wird bei der Proportionalsteuerung durch die kontinuierliche Regelung der Pumpenleistung exakt die jeweils benötigte Förderleistung bereitgestellt.
In der Ausbaustufe 1 beinhaltetet das Konzept 2-2-2 den Einsatz von 2 Grundlastpumpen, 2 Proportionalbereichspumpen und 2 Spitzenlastpumpen. In der Endversion kommt das Konzept 2-3-1 mit 2 Grundlastpumpen, 3 Proportionalbereichspumpen und 1 Spitzenlastpumpe zum Tragen. In beiden Konzepten kann die gesamte Förderleistung mit sechs statt bisher acht Pumpen erreicht werden.

Schritt für Schritt zum Optimum
Und so sahen bzw. sehen die Umsetzungsstufen aus:
• Einbau von neuen Rückschlagklappen mit erheblich geringerem Druckverlust mit der Konsequenz, dass zwei der acht Pumpen nicht mehr benötigt werden!
• Messung des tatsächlichen Druckverlusts zur Bestätigung der Annahmen nach dem Einbau der neuen Rückschlagklappen und Ermittlung der neuen Fördermengen.
• Realisierung einer Kaskadensteuerung: Die Steuerung schaltet die Pumpen der beiden Rückkühlwerke bedarfsorientiert zu bzw. ab. Durch die variable Nutzung der Pumpen mit unterschiedlichen Leistungen kann der jeweils aktuelle Kühlwasserbedarf realisiert werden. Das Modell der Pumpensteuerung ist weitestgehend programmiert und wird von Bayer angepasst und realisiert.
• Erneute Analyse und Bewertung der Messdaten nach 3 bis 4 Monaten und Ermittlung der Energieeinsparung durch die neue Pumpenschaltung.
• Ermittlung des zusätzlichen Energieeinsparpotenzials durch die Umsetzung des vorgeschlagenen Konzepts 2-3-1 mit Frequenzumrichter und einer standardisierten Proportionalsteuerung (wie z.B. Hydro-MPC von Grundfos).

Schon der Einbau neuer Rückschlagklappen, eine Investition in Höhe von 15.000 Euro, spart rund 149.100 kWh Strom im Jahr ein. Die Kaskadensteuerung erzielt eine weitere Energieeinsparung von über 500.000 kWh pro Jahr. Aber die Effizienz lässt sich weiter steigern: Durch eine Pumpenregelung mittels Frequenzumrichter würde automatisch nur die jeweils benötigte Förderleistung bereitgestellt (Konzept 2-3-1).
Die Umsetzung des Gesamtkonzepts bietet Bayer eine jährliche Energieeinsparung von knapp über 1 Million kWh (Ausgangswert: 4,6 Millionen kWh) - und damit eine Kosteneinsparung in Höhe von 109.000 €. Die Einsparung entspricht einer Amortisationszeit von einem halben Jahr. Über das Projekt lassen sich bis zu 670 t CO2 pro Jahr reduzieren.

Fazit
Pharmaunternehmen können nicht ohne weiteres zum Optimieren des Energieaufwands und zum Minimieren der CO2-Emission die Rohstoffbasis oder das Verfahren ändern - der Aufwand für eine neue Qualifizierung wäre unverhältnismäßig hoch. Aber auch in den Hilfskreisläufen lassen sich bemerkenswerte Einsparungen realisieren, wie das Beispiel Bayer Schering zeigt. Und das Projekt offenbart auch eindrucksvoll, dass nicht nur Änderungen bei der Hardware erfolgreich sind - eine intelligent modifizierte Steuerung tut es manchmal auch. 

Zitat
Die höchsten Energiespareffekte sind zu erreichen, wenn mit einer Projektanalyse Pumpensysteme im Ganzen optimiert werden. 

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