Nachhaltige kosmetische Tensidprodukte
Neue Tenside, Wirkaussagen und Kundengruppen stellen eine Herausforderung für Produktentwickler dar
Nachhaltigkeit bei kosmetischen Tensiden bedeutet, sowohl die Rohstoffbasis weiter von erdölbasierten Produkten zu solchen aus (europäischen) Pflanzenölen umzustellen, als dabei auch biotechnologische Herstellverfahren zu berücksichtigen, die zu Tensiden mit verbesserten Eigenschaften führen. Die veränderte Rohstoffbasis bringt aber Anforderungen an die Produktentwicklung mit sich, da die neuen Tenside die etablierten Klassiker nicht einfach 1:1 in Formulierungen ersetzen können. Rezepturanpassungen sowie die Berücksichtigung von Markttrends, der Bedürfnisse spezieller Kundengruppen und neuerer Erkenntnisse zum Hautmikrobiom sind erforderlich.
Der globale Markt für Tenside erreicht 2024 ein Umsatzvolumen von rund 47 Mrd. USD. Etwa ein Viertel davon sind derzeit Tenside auf natürlicher Basis. Dieser Markt wird bis 2028 bis auf ca. 16 Mrd. USD anwachsen. Von den vier Tensidklassen – anionische, nichtionische, kationische und amphotere Tenside – haben die Aniontenside immer noch die größte Bedeutung. Hier zeichnet sich ein Wandel hin zu nachhaltigeren Tensiden ab.
Biotenside
In den letzten Jahren kamen zunehmend mehr Biotenside auf den Markt, die den Klassen der anionischen und nichtionischen Tenside angehören. So sind Sophorolipide in offenkettiger und in Lactonform sowie Rhamnolipide kommerziell verfügbar. Diese Glycolipide werden biotechnologisch hergestellt. Die Ausgangsstoffe sind einerseits europäische Öle wie Rapsöl und andererseits Zucker und insbesondere Glucose.
Den Biotensiden ist schon allein deshalb eine gute Zukunft prognostiziert, weil sie besonders hautmild und sehr gut biologisch abbaubar sind. Zudem weisen sie Eigenschaften auf, die sie für den Einsatz in unterschiedlichsten Rezepturen interessant machen. Derzeit werden das Phasenverhalten, synergistische Wirkungen mit anderen Tensiden und praxisgerechte Formulierungen von Biotensiden intensiv erforscht. Im Unterschied zu klassischen Aniontensiden für Waschmittel wie linearen Alkylbenzolsulfonaten (LAS) und klassischen kosmetischen Tensiden wie Sodium Laureth Sulfate (SLES) haben Biotenside viel größere, voluminöse Kopfgruppen und andere Tensideigenschaften als Sulfonate, Sulfate und Ethersulfate.
Herausforderungen bei Sulfatalternativen
Letztere sind in der Kosmetik zunehmend unbeliebter. Ein klarer Trend zu sulfatfreien bzw. sulfatalternativen Tensidprodukten ist am Markt zu sehen. Damit einher geht aber auch, dass neue oder andere Verdickungsmechanismen und Verdickungsmittel wie z. B. Biopolymere für tensidhaltige Formulierungen erforderlich sind. Die Verdickung mit Kochsalz funktioniert bei Ethersulfaten, nicht aber bei sulfatalternativen Produkten. Was bedeuten die aktuellen Entwicklungen für die Rezeptierung von Produkten für die Reinigung von Haut und Haar und was ist bei den Tensiden und anderen Inhaltsstoffen im Trend?
Hautmikrobiom in Balance
In den vergangenen Jahren wurden die Forschungen zum Mikrobiom der Haut weiter intensiviert und auch die Auswirkungen einer gesunden Kopfhaut auf die Haare genauer untersucht. Inzwischen kann man von einer „Skinification“ der Kopfhaut- und Haarpflege sprechen. Das Mikrobiom, also die Mikroorganismen auf Haut und Kopfhaut, in einer gesunden Balance zu halten und zu unterstützen, kann durch passende Formulierungen gelingen. Hier sind mikrobiomfreundliche Produkte gefragt, die z. B. Präbiotika oder Probiotika enthalten. Wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Mikrobiom der Haut und Produkte zur Pflege der Kopfhaut erleben einen großen Zuwachs.
Besondere Pflege für lockige Haare
Bei der Haarpflege rückt vermehrt eine Kundengruppe in den Vordergrund, die lange vernachlässigt wurde – die Personen mit welligem, lockigem und texturiertem Haar. Ca. 65 % der US-Bevölkerung gaben laut TextureMedia 2018 an, diesen Haartyp zu besitzen.
Die sog. „Curly-Hair-Methode“ oder “Curly-Girl-Methode” umfasst eine mehrstufige Pflegeroutine in vier oder fünf Schritten, um dass lockige Haar, das zu Trockenheit und Frizz neigt, schonend zu reinigen, dann mit Feuchtigkeit und Ölen zu versorgen und so zu stylen, dass die Locken zur Geltung kommen. Hier sind sulfatfreie Shampoos gefragt und anschließend sog. Leave-in-Conditioner, die im Haar verbleiben.
Feste, wasserfreie Produkte
Ein weiterer Trend, der bei der Nachhaltigkeit punkten soll, sind feste Duschbäder, feste Shampoos und Trockenshampoos. Alle diese Produkte kommen ohne Wasser in der Rezeptur aus und sollen helfen, Wasser zu sparen. Dabei sind besondere Anforderungen an die Tenside zu beachten, denn nicht alle lassen sich wasserfrei formulieren bzw. sind wasserfrei als Feststoffe erhältlich. Die Produkte müssen einerseits eine gute Reinigungsleistung bieten und leicht abwaschbar sein, andererseits müssen sie im Stück intakt bleiben, um möglichst lange nutzbar zu sein. Trockenshampoos sollten möglichst ohne Treibgase auskommen. Das erfordert eine gezielte Auswahl der Hilfs- und Zusatzstoffe für alle diese Trendprodukte.
Unterstützung für Produktentwickler
Eine kompakte Hilfestellung für Produktentwickler und Personen, die sich mit Rohstoffen für tensidhaltige Produkte für Haut und Haar beschäftigen, ist daher erforderlich, um die unterschiedlichen hier aufgeführten Trendthemen wissenschaftlich einzuordnen und Tipps für Anwender der neuen Tenside und der weiteren Inhaltsstoffe zu geben. Somit werden Kunden- und Marktbedürfnisse rascher erfüllbar.
Andrea Wanninger, Professorin für Organische Chemie, Hochschule Niederrhein, Krefeld
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„Entwicklung von Tensidprodukten für Haut und Haar, Anwenderkurs“
- Aktuelle Trends und konkrete Problemstellungen
- Kurs 586/24
- 27. November 2024, Frankfurt am Main und online
- Zielgruppe: Produktentwickler aus der kosmetischen Industrie,
- Chemiker mit Grundkenntnissen auf dem Gebiet der Tensidprodukte
- Kursleitung: Andrea Wanninger, Hochschule Niederrhein
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