Stephen Bradley, Air Products, über Best Practices im Bereich EHS
Air Products baut auf Global Excellence
Das aktuelle wirtschaftliche Umfeld mit einem sich ständig erweiternden globalen Markt und den dazugehörigen rechtlichen Rahmenbedingungen hat auch für Industriegasunternehmen weitreichende Konsequenzen. Unternehmen wie Air Products müssen die Herausforderungen im Bereich Umwelt, Gesundheit und Arbeitssicherheit (Environment, Health, Safety, EHS) zunehmend als eine Daueraufgabe begreifen. Stephen Bradley, Principal Environmental Advisor bei Air Products, erläutert wie der amerikanische Industriegasehersteller diese Aufgabe bewältigt.
CHEManager: Mr. Bradley, worin liegen für weltweit tätige Unternehmen die zentralen Herausforderungen im Bereich Umwelt, Gesundheit und Arbeitssicherheit?
Stephen Bradley: Unternehmen, die in wachsenden globalen Märkten operieren, müssen sich meist mit unterschiedlichen Kulturen, rechtlichen Rahmenbedingungen und ortsüblichen Praktiken auseinandersetzen. Ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen, die sich in einem immer wettbewerbsintensiveren globalen Markt bewegen, ist die Fähigkeit, in unterschiedlichen geographischen Märkten profitabel zu sein und dabei die eigenen Geschäftspraktiken an die jeweiligen Anforderungen in den einzelnen Ländern anzupassen.
Warum sollte man Best Practices im Bereich Umwelt, Gesundheit und Sicherheit in einem globalen Unternehmen umsetzen?
Stephen Bradley: Die internationale Harmonisierung von EHS-Strategien, d.h. die zunehmende Umsetzung weltweit einheitlicher Richtlinien, wird seit mehr als 20 Jahren intensiv diskutiert. Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile muss man bedenken, dass neben der technischen Standardisierung auch die Risiken des operativen Geschäfts im Grunde überall identisch sind. Ausgehend von dieser Prämisse ist es nur logisch, dass auch die EHS-Standards einheitlich sein sollten.
Global operierende Unternehmen müssen zudem damit leben, dass sie auch weltweit unter Beobachtung stehen. Nur wenn es wirklich stichhaltige Gründe dafür gibt - z.B. rechtliche Anforderungen, die nur in bestimmten Ländern gelten - ist es vertretbar, dass ein Unternehmen in unterschiedlichen Regionen grundsätzlich verschiedene Standards anwendet. Unternehmen würden damit außerdem ein hohes Risiko eingehen, denn Behörden oder andere Stakeholder weisen sehr schnell auf diese Diskrepanzen in der EHS-Politik hin. Dies kann gerade in der Industriegasbranche ernsthafte finanzielle Konsequenzen haben.
Wie haben sich die Rahmenbedingungen für EHS in den letzten Jahren gewandelt?
Stephen Bradley: Trotz der Probleme in der Vergangenheit ist es heute für Unternehmen sehr viel einfacher, Best Practices in diesem Bereich zu ermitteln und eine globale Vereinheitlichung anzustreben. Im Zeitalter verschwindender Handelsbarrieren hat die internationale Harmonisierung von technischen, operativen und anderen Standards vor allem im Bereich EHS zu einer Förderung von Best Practices geführt. Im Industriegassektor lassen sich Beispiele finden, die diese Entwicklung sehr deutlich widerspiegeln.
So hat z.B. die Harmonisierung von Standards für Zylinder und andere Druckgeräte die Nutzung von Vermögenswerten optimiert und dabei für ein größeres Maß an Vereinheitlichung gesorgt. In der Folge wurden weitere Verbesserungen im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Transport, der Prüfung und dem Einsatz von Zylindern entwickelt.
Ähnliches gilt für die Harmonisierung der Transportvorschriften, die zu mehr Sicherheit, weniger Unfällen und dem Abbau unnötiger Bürokratie geführt hat. Dabei ist die Harmonisierung an sich bereits eine Methode zur Verbreitung und Umsetzung von Best Practices, die sich im Laufe der Zeit dann zu durchsetzbaren Standards entwickeln.
Welche Rolle spielt die stetig zunehmende Globalisierung von Prozessen und Handelsbeziehungen beim Thema EHS?
Stephen Bradley: Wenn man das Beispiel Krisenkommunikation in einem multinationalen Unternehmen betrachtet, so wird klar, dass eine einheitliche länderübergreifende Kommunikation unverzichtbar ist. Durch die Anwendung eines klaren und standardisierten Verfahrens kann festgelegt werden, welche Art von Ereignissen auf lokaler und globaler Ebene an die Unternehmensführung berichtet werden muss. Dadurch können bei einem solchen Ereignis die jeweils erforderlichen Ressourcen bereitgestellt werden.
Obwohl viele Unternehmen dieses Modell favorisieren, sieht die Realität leider anders aus, denn allzu häufig wiederholen sich Ereignisse in verschiedenen Teilen der Welt, obwohl sie aufgrund vorangegangener Erfahrungen in der Regel vermeidbar gewesen wären.
Welche Rolle spielen Kosten in diesem Zusammenhang?
Stephen Bradley: Das Thema Ressourcennutzung ist ein ganz entscheidendes Argument für die weltweite Umsetzung einheitlicher EHS-Praktiken. Durch die Umsetzung globaler Verfahren, die sich in vielen Fällen bereits bewährt haben, lässt sich Doppelarbeit vermeiden. Die zuständigen Mitarbeiter können auf im Unternehmen festgelegte Verfahren zurückgreifen, anstatt selbst Verfahren zu entwickeln, die dann auf lokaler Ebene möglicherweise nicht dem Standard des Unternehmens entsprechen.
Wie lassen sich Best Practices im Bereich Umwelt, Gesundheit und Sicherheit ermitteln und als Standard entwickeln?
Stephen Bradley: Entscheidend ist dabei, dass die Best Practices von Behörden, die eng mit den wichtigsten Branchenverbänden zusammenarbeiten, anerkannt werden. Hierzu zählen z.B. der Europäische Industriegaseverband (EIGA), der asiatische Industriegaseverband (AIGA), der US-Verband für Druckgase (CGA), der japanische Industriegaseverband (JIGA) sowie der internationale Verband der Sauerstoffproduzenten (IOMA).
Zahlreiche Beispiele unterstreichen den Wert dieser Zusammenarbeit, darunter Leitfäden, die Best Practices im Bereich Umweltmanagement und beim sicheren Umgang mit Fluor und Distickstoffmonoxid beschreiben.
Welche Managementprozesse und Routinen müssen Unternehmen etablieren, damit die Best-Practice-Ansätze greifen?
Stephen Bradley: In den meisten großen Unternehmen verfolgt man im Themenfeld Umwelt, Gesundheit und Sicherheit einen integrierten Managementansatz. So greift Air Products bei der Entwicklung robuster Verfahren auf Synergien und Methoden aus der eigenen "Total Quality Management"-Strategie zurück. Daneben muss bei der Entwicklung von EHS-Standards auch beachtet werden, dass sie sich sprachlich, kulturell und praktisch auf verschiedene Länder übertragen lassen. Grundsätzlich lautet das Ziel daher, internationale Verfahrensweisen mit lokalen Standards zu verschmelzen.
Wie lassen sich Hürden bei der Umsetzung überwinden, wenn Standards erst einmal festgelegt sind?
Stephen Bradley: Im Zusammenhang mit der Implementierung müssen zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden, um globale Praktiken erfolgreich auf lokaler Ebene zu adaptieren. Wenn man unterschätzt, welche Rolle Menschen sowie kulturelle und sprachliche Unterschiede bei der Übernahme von Best Practices spielen, kann dies schwerwiegende Folgen haben.
Diese Faktoren tragen zudem viel dazu bei, dass kulturell bedingte Einstellungen zu Risiken erkannt und entsprechend thematisiert werden. Das ist insofern wichtig, als dass es von Land zu Land sehr große Unterschiede in der Betrachtung von Risiken sowie in der Bereitschaft gibt, bestimmte Risiken einzugehen.
Eine weitere Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung globaler EHS-Standards und Best-Practice-Systeme ist neben der entsprechenden Schulung die Übersetzung in die jeweilige Sprache sowie die Anbindung an bestehende operative Verfahren.
Was muss das Management konkret unternehmen, damit EHS-Standards tatsächlich etabliert und eingehalten werden?
Stephen Bradley: Eine zentrale Rolle spielt dabei das ehrliche Bekenntnis des Managements zu klaren Prinzipien in Sachen Umwelt, Gesundheit und Sicherheit - sowohl auf globaler als auch auf lokaler Ebene. Nur so lassen sich kulturelle Herausforderungen überwinden und EHS-Standards erfolgreich implementieren. Vertreter des oberen Managements können dabei eine Reihe unterschiedlicher Maßnahmen ergreifen.
Hierzu gehört z.B. die Einbeziehung von Werten wie Eigenverantwortung, Transparenz und Mitarbeiterbeteiligung auf allen Ebenen der Unternehmensrichtlinien. Damit unterstreicht das Management deutlich sein Engagement für Best Practices im Bereich EHS. Außerdem müssen Zielvorgaben und Maßstäbe für die Bewertung von Fortschritten bei der Umsetzung festgesetzt werden, die auf allen Ebenen und in allen Regionen anzuwenden sind. Beispiele hierfür sind Management-Kennzahlen und Unfallstatistiken wie das Ziel "Null Unfälle".
Weiterhin kann die Einführung von Anreiz- und Belohnungssystemen für alle Mitarbeiter und Teams einen Beitrag leisten, ebenso wie die Umsetzung von Präventionsprogrammen, vorbeugender Wartung sowie Gefahr- und Risikostudien.
Wie wird sich das Thema EHS im Bereich Industriegase entwickeln?
Stephen Bradley: Mit dem Wachstum und der fortschreitenden Entwicklung des Industriegassektors in Schwellenländern wird sich auch das rechtliche Umfeld im Bereich Umwelt, Gesundheit und Sicherheit entsprechend wandeln.
Unternehmen müssen sich über die Bedeutung einer internationalen Harmonisierung von EHS-Richtlinien bewusst sein, wenn sie weiterhin profitabel und wettbewerbsfähig bleiben wollen. Dies trägt zu „Global Excellence" im Bereich Umwelt, Gesundheit und Sicherheit bei und unterstützt in der Entwicklung hin zu einer sichereren, gesünderen und umweltfreundlicheren Branche.
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