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Magnetic Beads als hochselektive Adsorbentien

09.09.2011 -

Produkttrennung mit Magnetic Beads als hochselektive Adsorbentien könnten die biotechnologischen Aufarbeitung drastisch vereinfachen. Die Kostenverteilung biotechnologischer Herstellungsverfahren verschiebt sich immer weiter in Richtung der Aufarbeitung wodurch das Downstream Processing verstärkt das Bottleneck biotechnologischer Prozesse darstellt. Integrative Aufarbeitungsverfahren wie die Etablierung der Magnetic Bead-Technologie stellen vielversprechende Ansätze für eine Optimierung dieses Bereiches dar. Die Herausforderung besteht dabei – neben der Verfügbarkeit geeigneter Magnetseparatoren – in der Entwicklung skalierbarer Herstellungsprozesse für die kostengünstige Synthese von magnetischen Funktionspartikeln. Diese könnten als innovative Adsorbentien, welche ein hochselektives Herausfischen eines gewünschten Zielmoleküls aus einer unvorbehandelten Fermentationsbrühe ermöglichen, eine Revolutionierung für die biotechnologische Produktaufarbeitung bedeuten.

Die biotechnologische Aufarbeitung stellt durch die Herausforderung, biotechnologisch hergestellte Wertprodukte aus hoch verdünnten Medien abtrennen zu müssen, eine komplexe Aufgabe dar. Sie ist charakterisiert durch eine große Anzahl an Prozessschritten, relativ hohe Produktverluste pro Unit Operation und immensen akkumulierten Einbußen über den Gesamtprozess. Diese Komplexität führt dazu, dass aktuell 50 – 80 % der Produktionskosten auf das Downstream Processing entfallen. In der Zukunft zu erwartende Erhöhungen der Produktivität fermentativer Herstellungsverfahren führen immer weiter zu einer Verschiebung des „Bottlenecks“ in Richtung der Aufarbeitung. Die Notwendigkeit einer Optimierung biotechnologischer Aufarbeitungsverfahren ist offensichtlich. Ihre Dringlichkeit wird in einer Studie von Eric Langer mit Zahlen belegt. Darin sind, laut einer Umfrage unter mehr als 300 Herstellern biopharmazeutischer Produkte, die Hälfte der Befragten der Meinung, dass in der Zukunft Kapazitätseinbußen biotechnologischer Produktionsverfahren nur durch Optimierungen im Bereich des Downstream Processing zu verhindern sind. Demnach bedürfen konventionelle Verfahren wie chromatographische Prozesse einer Anpassung an steigende Produktkonzentrationen. Ein wirklicher Durchbruch wird aber nur durch die Entwicklung innovativer Verfahren erwartet.

Magnetseparation als Lösung?

Ein derartiger Durchbruch könnte mit integrativen Verfahren gelangen. Diese sind in der Lage, mehrere bisher voneinander getrennte Unit Operations in einen Prozessschritt zu vereinigen. Dies ist beispielsweise durch die direkte Produktabtrennung mithilfe eines geeigneten Adsorbens, welches selektiv im Anschluss an die Fermentation das Wertprodukt aus der unvorbehandelten Fermentationsbrühe herausfischt, möglich. Dadurch wird die Integration der Prozessschritte Produktabtrennung, -aufreinigung und gegebenenfalls Aufkonzentration in einen Prozessschritt ermöglicht. Für ein derart hochspezifisches Herausfischen des Zielmoleküls bieten sich funktionalisierte, magnetische Funktionspartikel, sogenannte „Magnetic Beads“ an. Diese vereinigen wichtige Eigenschaften in einem Partikel: analog zu herkömmlichen Chromatographiematerialien verfügen sie über spezifische Liganden zur Adsorption des Zielmoleküls. Darüber hinaus zeichnen sie sich aus durch geringe Partikelgrößen, eine unporöse Struktur und ihre speziellen magnetischen Eigenschaften, den Superparamagnetismus. Diese spezielle Form des Magnetismus bewirkt, dass die entsprechenden Partikel nur in Anwesenheit eines äußeren Magnetfeldes magnetisch sind und dementsprechend mit Hilfe eines Magneten abgetrennt werden können. Bei einer Entfernung des äußeren Magnetfeldes verlieren die Partikel jegliche Magnetisierung und sind wieder dispergierbar. Adsorbiert ein solches funktionelles, magnetisches Partikel ein Wertprodukt in einer unvorbehandelten Fermentationsbrühe kann dieser Komplex aus Magnetic Bead und Produkt magnetisch abgetrennt werden. In folgenden Wasch- und Elutionsschritten erfolgt dann die Aufreinigung und Aufkonzentration des Produktes. Durch die im Gegensatz zu herkömmlichen Chromatographiematerialien relativ geringen Partikelgrößen wird trotz der unporösen Oberfläche eine ausreichende aktive Oberfläche zur Verfügung gestellt. Die Anwendung der Magnetic Beads erfolgt in Form eines Fließbettes, eine Stabilisierung der Partikel kann durch Magneten und die Dichte der Partikel gewährleistet werden. Eine Limitierung der Adsorption durch Diffusionsprozesse kann schon durch die Partikelmorphologie ausgeschlossen werden: da die Größe der aktiven Oberfläche durch eine hinreichend kleine Partikelgröße erreicht wird, ist keinerlei Porendiffusion des Produktes notwendig. Die Notwendigkeit hoher Drücke, wie sie in Chromatographiesäulen mit hinreichend kleinen Partikelgrößen verwendet werden müssen, wird durch die Anwendung des Fließbettverfahrens vermieden. Zusammenfassend verbindet die Magnetic Bead-Technologie die Vorteile einer Expanded Bed-Chromatographie mit den Vorteilen einer simplen Verfahrensweise durch einfache Partikelstabilisierung und Abtrennung mithilfe der Magnettechnologie.

Potential und technischer Entwicklungsstand

Das Potential der Magnetic Bead- Technologie hat sich im Labormaßstab bereits gezeigt. Dort werden Magnetic Beads zu diagnostischen und analytischen Zwecken zur Abtrennung und Aufreinigung von Proteinen, Zellen, Zellorganellen und Nukleinsäuren mit großem Erfolg eingesetzt. Die entsprechenden Beads dazu sind in großer Auswahl und mit hoher Spezifität für das abzutrennende Produkt kommerziell erhältlich.

Die Herausforderung für die Etablierung dieser vielversprechenden Technologie in den Bereich der biotechnologischen Aufarbeitung besteht zum einen in der Entwicklung entsprechender Magnetseparatoren, wie von Nirschl et al. in CHEManager Ausgabe 6/2008 berichteten. Zum anderen muss eine Verfügbarkeit der magnetischen Funktionspartikel in großen Maßstäben, äquivalent zu den verfügbaren Mengen an Chromatographiematerialien, gewährleistet sein. Ihre Synthese darf die Herstellungskosten konventioneller Materialien wie Chromatographiesäulen und Membranadsorbern nicht überschreiten.

Die Herausforderung aus ingenieurstechnischer Sicht besteht deshalb in der Entwicklung eines Herstellungsprozesses für die Synthese von geeigneten Magnetic Beads. Dieser Syntheseprozess muss die folgenden Bedingungen erfüllen:

  • Flexibel zur Herstellung von Magnetic Beads „on demand“
  • Scale up-Fähigkeit zur Produktion von Magnetic Beads im großen Maßstab
  • Kostengünstiges Produktionsverfahren

Die Grundlagen für einen solchen ingenieurtechnischen Ansatz sind in den vergangenen Jahren am Institut für Chemische Verfahrenstechnik erarbeitet worden. Dabei wurde auf Basis eines Lösungs- bzw. Sprühprozesses ein modulares Prozesskonzept entwickelt, welches aufgrund seines modularen Aufbaus die flexible Synthese von verschiedensten MB-Kompositionen ermöglicht. Die Skalierbarkeit der einzelnen Module sowie des Gesamtprozesses gewährleisten dabei die Herstellung von entsprechenden Magnetic Beads im großen Maßstab. Diese Skalierbarkeit sowie die Materialauswahl garantieren zudem eine kostengünstige Synthese. Die Charakterisierung der mittels des entwickelten Prozesses hergestellten Magnetic Beads hinsichtlich chemischer und physikalischer Eigenschaften sowie hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit im Bioseparationsprozess lieferte bereits einen erfolgversprechenden „Proofof- concept“.

Autoren: Dipl.-Ing. Birgit Hickstein, Institut für Chemische Verfahrenstechnik, TU Clausthal; Prof. Dr.-Ing. Urs A. Peuker, Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik, TU Bergakademie Freiberg;

Kontakt:
TU Clausthal, Institut für Chemische Verfahrenstechnik,
Clausthal-Zellerfeld
Tel.: 05323/722075
hickstein@icvt.tu-clausthal.de
www.icvt.tu-clausthal.de
TU Bergakademie Freiberg, Institut für Mechanische
Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik Freiberg
Tel.: 03731-39-2916
urs.peuker@mvtat.tu-freiberg.de
http://tu-freiberg.de/fakult4/mvtat/