Statement: Christian Kille, Professor für Handelslogistik und Operations Management, Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS)

Experten der Chemie- und Pharmalogistik blicken zurück und voraus: Welche Innovationen haben die Branche geprägt – und welche Trends bestimmen die nächsten 20 Jahre?

Logistik als Werttreiber der Chemieindustrie

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Christian Kille, Professor für Handelslogistik und Operations Management, Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS)
© THWS

Die Dynamik in den Lieferketten hat auch die Chemieindustrie nicht verschont. Dies hat zu zahlreichen Innovationen geführt, die die Logistik geprägt haben. Der Mangel an Fachkräften hat zu Automatisierungen im operativen Prozess beispielsweise durch fahrerlose Fahrzeuge auf dem Betriebsgelände geführt. Der Klimawandel und seine Effekte auf das Wetter erhöhen beispielsweise die Gefahr von Niedrigwasser, was die Entwicklung von speziellen Binnenschiffen forciert hat. Die weiteren zahlreichen Störungen in den Lieferketten weltweit erhöhten die Aktivitäten in der Transparenzsteigerung und des Supply Chain Risk Managements, um vorbereitet zu sein. Diese Innovationen führten dazu, dass die Logistik einen größeren Stellenwert in der Chemieindustrie erhalten hat – wenngleich noch nicht in ausreichendem Maß und auch nicht in allen Segmenten der Chemiebranche.

Die Chemieunternehmen haben mittlerweile verstanden, dass ihre Leistungsfähigkeit maßgeblich davon abhängt, ob die Logistik funktioniert. So bringen Störungen auf der Supply Side Herausforderungen bei der Produktionsplanung. Und aus Kundensicht kann das Chemieprodukt eine noch so hohe Qualität aufweisen und wettbewerbsfähig sein – bei Störungen auf der Distributionsseite kann es trotzdem zum Verlust des Kunden kommen.

Sicherlich werden mehr Digitalisierungsmaßnahmen die Chemielogistik weiter optimieren. Dies ist nichts Besonderes – in allen Bereichen der Logistik wird in hohem Maße digitalisiert. Hierbei ist aus meiner Sicht die Chemielogistik zwar aktuell nicht führend, wird jedoch in den nächsten 20 Jahren deutlich aufholen.

Persönlich sehe ich einen anderen Aspekt als wichtiger an: Ich erwarte und hoffe für die deutsche Chemieindustrie, dass die Wahrnehmung der Logistik als Wertbeitrag in den nächsten 20 Jahren deutlich zunehmen wird.

Erst die Kombination aus Produkt und Service kann die Wettbewerbsfähigkeit des Chemiestandorts Deutschland mit hohen Lohn- und Energiekosten sichern.

Der Maschinenbau hat es vorgemacht, wie eine produktgeprägte Branche durch Ausbau ihres Serviceanteils weiterhin weltweit eine Führungsrolle spielt. Da Chemieprodukte weiter vorne in der Wertschöpfungskette zu finden sind, sind typische Services des Maschinenbaus wie Wartung und Schulung tendenziell von geringerer Bedeutung. Deshalb wird die Chemielogistik eine weitaus wichtigere Rolle spielen. Die Distribution von Chemiegütern ist komplex, erfordert besonderes Know-how und hat bei schlechter Qualität im Prozess große Auswirkungen auf Kosten, Umsatz und Image des Chemieunternehmens. Da Deutschland einer der besten Logistikstandorte mit weltweit anerkannten Logistikunternehmen ist, wird die Chemieindustrie dieses Asset – hoffentlich – für sich zu nutzen wissen.

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