17.11.2010 • NewsKatalyse & Katalysatoren

Dr. Frank Görlitz, Kataleuna, über Katalysatorengeschäft Positionierung

Dr. Frank Görlitz, Geschäftsführer von Kataleuna Catalysts
Dr. Frank Görlitz, Geschäftsführer von Kataleuna Catalysts

Der Katalysatorenproduzent Kataleuna, hervorgegangen aus den Leuna Werken, gehört heute zum amerikanischen Konzern CRI Criterion, welcher wiederum eine 100%-ige Tochter von Royal Dutch Shell ist. Damit nimmt das Unternehmen Anteil an der weltweiten Katalysatorenentwicklung und -produktion von CRI. Im letzten Jahr wurde in Leuna der Grundstein für eine weitere Großinvestition gelegt. Ein zweiter Produktionskomplex entsteht und soll Anfang 2009 in Betrieb gehen. CHEManager befragte Dr. Frank Görlitz, Geschäftsführer von Kataleuna Catalysts zur Standorterweiterung und zu den globalen Entwicklungen im Katalysatorengeschäft. Die Fragen stellte Dr. Birgit Megges.

CHEManager: Herr Dr. Görlitz, Kataleuna wurde 1998 von CRI Criterion, einer Tochtergesellschaft der Royal Dutch Shell, übernommen. Wie fügt sich Ihr Unternehmen in den Gesamtkonzern ein?

Dr. F. Görlitz: Ich denke, es gibt keinen besseren Beleg für die gelungene Integration als die Entscheidung von CRI Criterion, erneut in den Standort zu investieren. Die CRI Criterion, die das weltweite Katalysatorengeschäft der Shell bündelt, hatte 1994 die aus den Leuna Werken ausgegründete Gesellschaft Kataleuna übernommen. Im Zuge einer umfassenden Sanierung wurde im Juni 1999 der Grundstein für eine Anlage gelegt, die mit einer Jahreskapazität von 1.400 t einen merklichen Produktionsbeitrag innerhalb des CRI/Criterion-Firmenverbundes leistet. Jetzt soll erneut investiert und eine zweite Fabrik gebaut werden. Das kann doch nur bedeuten, dass wir unsere Sache gut machen. Zumal wir uns mit unseren Qualitäten gegen verschiedene andere Standorte durchsetzen konnten.

Katalysatoren zählen seit über 85 Jahren zu den traditionellen Produkten aus Leuna. Welche Katalysatortypen werden von Kataleuna produziert? Welche Geschäftsfelder werden durch Kataleuna abgedeckt?

Dr. F. Görlitz: Katalysatoren werden seit dem Jahre 1921 in Leuna produziert. Insbesondere in den Vorkriegsjahren entwickelte sich Leuna zu einem Innovationszentrum der technischen Hochdruckchemie. Die Reflexionen der bahnbrechenden Verfahrensentwicklungen auf die in dieser Zeit aktuellen Katalysatorentwicklungen und umgekehrt waren offenkundig. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist wohl das Bergius-Pier-Verfahren zur katalytischen Hydrierung von Braunkohle und Teeren zu Kraftstoffkomponenten, ursprünglich als Sumpfphase-Hydrierung entwickelt, das später durch die Trennung in Sumpfphase- und Gasphasehydrierung mit den dazugehörigen Katalysatoren eine weitere Vervollkommnung erfuhr. Dieser engen Verflechtung von Verfahrens- und Katalysatorentwicklung ist der Standort Leuna bis zur Wende im Jahre 1989 im Wesentlichen treu geblieben. Eine Vielzahl von Katalysatoren wurde für einen sehr begrenzten Markt entwickelt und produziert.

Mit der Eingliederung der Kataleuna in den Shell Verbund wurde die bereits zuvor begonnene Straffung der Produktpalette konsequent fortgesetzt. Unter Nutzung der vorhandenen Erfahrungen und der verfügbaren intellektuellen Ressourcen sollte die Kataleuna innerhalb von CRI Criterion zum Zentrum der Entwicklung und Herstellung vor allem von Hydrierkatalysatoren für die weitläufigen Anwendungen in der Petrochemie und der übrigen Großchemie auf- und ausgebaut werden.
Somit können wir heute ein breites Spektrum hochleistungsfähiger Katalysatoren ganz unterschiedlicher Zusammensetzung für eine Vielzahl von Anwendungen anbieten. Diese reichen von der selektiven Hydrierung nahezu aller Kohlenwasserstofffraktionen, die aus dem Steamcrackerprozess stammen bis hin zur Hydrierung von Glucose zu Sorbitol oder der Hydrierung von Nitroaromaten innerhalb der Polyuhrethanfertigung, um nur einige Beispiele zu nennen.

Geben Sie uns bitte einen kurzen Einblick in den geplanten Ausbau!

Dr. F. Görlitz:
Im September des vergangenen Jahres wurde mit dem Bau der zweiten Produktionslinie begonnen. Dieser Produktionskomplex soll Anfang 2009 in Betrieb genommen werden. Das Investitionsvolumen beträgt 30 Mio. €. Dieser Fertigungskomplex mit einer Grundfläche von etwa 3.500 m² wird alle „Unit Operations" aufweisen, die für eine effektive Katalysatorherstellung erforderlich sind. Die hohen Shell-Standards auf dem Gebiet des Arbeits- und Gesundheitsschutzes einschließlich das durch die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie zertifizierte Arbeitsschutzmanagementsystem der Kataleuna finden bereits in der Bauphase die gebührende Berücksichtigung.

Wird die neue Fabrik auch eine Portfolioerweiterung mit sich bringen? Wenn ja, welche?

Dr. F. Görlitz: Diese Fertigungslinie ist für die Produktion von Spezialkatalysatoren ausgelegt, die in entsprechenden Anlagen zur Herstellung von Kraftstoffen dienen werden.

Welche Abnehmermärkte bedienen Sie derzeit und in Zukunft mit Ihren Produkten? In welchen Ländern befinden sich Ihre Hauptabsatzmärkte?

Dr. F. Görlitz: Der größte Teil aller stoffwandelnden Prozesse läuft in Anwesenheit von Katalysatoren ab. Diese Tatsache charakterisiert im groben auch schon die Abnehmermärkte für Katalysatoren. Abgesehen von den klassischen Raffineriekatalysatoren bedienen wir mit unseren Produkten alle Prozessstufen in der chemischen Industrie, in denen Hydriervorgänge in Anwesenheit von Feststoffkatalysatoren ablaufen. Beispiele wurden von mir bereits weiter oben angeführt. Da wir innerhalb der CRI Criterion ein global operierendes Unternehmen sind, finden Sie unsere Absatzmärkte auch weltweit. Europa und dem amerikanischen Kontinent kommen dabei eine tragende Rolle zu. Zunehmend an Bedeutung für uns gewinnt sowohl der asiatische als auch der osteuropäische Markt, die GUS-Staaten eingeschlossen.

Nicht nur Produktion, sondern auch Forschung und Service spielen in Ihrem Unternehmen eine große Rolle. Was können Sie Ihren Kunden in dieser Hinsicht bieten?

Dr. F. Görlitz: Der überaus komplexe Charakter eines technischen Katalysatorsystems zwingt zur Teamarbeit. In Projektteams, denen erfahrene Wissenschaftler mit den unterschiedlichsten Spezialkenntnissen auch aus den Forschungszentren in den USA und den Niederlanden angehören, werden die Projekte mit hoher Wirksamkeit zum Erfolg geführt. Die enge Zusammenarbeit mit den Fachleuten aus den verschiedensten Shell-Anlagen weltweit führt zu einer Reihe synergetischer Effekte, die sowohl in die Katalysatorentwicklungen und ‑anpassungen als auch in den technischen Service bei unseren Kunden einfließen. Mit dem gesamten Katalysator-Know-how der CRI Criterion im Rücken werden kundenspezifische Katalysatoren entwickelt und auch produziert, die allen Anforderungen der Kunden gerecht werden.

Wie schätzen Sie die Entwicklungen im Katalysatorengeschäft in den nächsten Jahren ein? Inwieweit spielt dabei globales Denken und Handeln eine Rolle?

Dr. F. Görlitz: Das Katalysatorengeschäft gehört zweifellos zu den Wachstumsbranchen. Allein in den letzten sieben Jahren hat die Branche kontinuierlich zugelegt. Das gilt für alle Märkte gleichermaßen: Nord- und Südamerika, Japan, Europa, den Nahen und Mittleren Osten sowie den Asiatisch-pazifischen Markt. Wir rechnen damit, dass sich dieser Trend über 2010 fortsetzen wird. Einen wichtigen Beitrag, den die Branche leisten kann, ist die Unterstützung bei der weiteren effizienten Erschließung der verfügbaren Ressourcen. Hier sei beispielsweise auf Erdgas oder Ölschiefer hinzuweisen. Weiterhin können durch weitere Verbesserungen der Katalysatorsysteme vor dem Hintergrund steigender Energiepreise, Stoffumwandlungsprozesse energetisch günstiger gestaltet werden und so einen positiven Effekt im Rahmen der CO2-Emmissionen erzielen.

Welche konkreten Ziele verfolgen Sie mit Kataleuna in den nächsten Jahren?

Dr. F. Görlitz: Nächstes Etappenziel ist die Inbetriebnahme der zweiten Fabrik 2009. Mit dieser neuen Anlage erweitern wir nicht nur die Produktionskapazität, sondern schaffen auch neue, hochwertige Arbeitsplätze in der Produktion und der Forschung. Denn neben unserer Produktionsanlage unterhalten wir eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die kontinuierlich ausgebaut wird. Derzeit beschäftigt Kataleuna 100 Mitarbeiter und acht Auszubildende.
Ansonsten gilt, was für alle Bereiche der Shell gilt: Das Geschäft effizient, verantwortungsbewusst und gewinnbringend zu betreiben. Wir streben ein hohes Leistungsniveau an und wollen damit im Wettbewerb auf den Märkten, in denen wir uns engagieren, langfristig eine starke Position sichern und ausbauen.