18.05.2015 • NewsChemDataChemieChemieindustrie

Chemiekonjunktur – gute Aussichten für das US-Chemiegeschäft

Derzeit gehören die Vereinigten Staaten zu den Topadressen für die Chemiebranche. Niedrige Energie- und Rohstoffkosten haben dort einen Investitionsboom in der Grundstoffchemie ausgelöst. Seit 2008 hat sich das Investitionsbudget der US-Chemie nahezu verdoppelt. Hinzu kommen ein stabiles gesamtwirtschaftliches Wachstum und die Re-Industrialisierung der US-Wirtschaft. Insbesondere das hohe Wachstum in wichtigen Kundenbranchen, wie der Automobilindustrie oder der Bauwirtschaft, hat zu einer kräftigen Ausweitung der Chemienachfrage geführt. Im vergangenen Jahr ist die US-Wirtschaft um 2,4 % gewachsen. Die Industrieproduktion wuchs noch dynamischer. Besonders stark fiel das Wachstum in der Automobilindustrie aus. Hier wurde eine Wachstumsrate von fast 8 % erreicht.

Chemie wächst stärker als Pharma

Die Chemie- und Pharmaproduktion stieg 2014 um 2,1 %. Während die Pharmasparte dabei nur wenig zulegen konnte, stieg die Chemieproduktion in den restlichen Sparten durchschnittlich um 2,7 %. Trotz des enttäuschenden ersten Quartals 2015 wird sich das amerikanische Wirtschaftswachstum in diesem Jahr noch einmal beschleunigen. Derzeit rechnet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts knapp unter 3 %. Die Industrieproduktion wird jedoch voraussichtlich nur um 2,5 % wachsen, weil sich das Wachstum der Automobilindustrie, der starke Dollar das Exportgeschäft erschwert und aufgrund des niedrigen Ölpreises zahlreiche Investitionsvorhaben vorrübergehend gestoppt wurden. Für die Chemieproduktion wird ein Wachstum von 3,5 erwartet (Grafik 1), u.a. weil mittlerweile mehr und mehr Chemieanlagen ans Netz gehen.

Vorkrisenniveau der Chemieproduktion noch nicht erreicht

Die US-Chemieindustrie hat nach der Weltwirtschaftskrise lange gebraucht, um in die Erfolgsspur zurückzufinden. In der Krise war die Produktion um mehr als 15 % eingebrochen. Nach einer kurzen Erholungsphase zur Jahreswende 2009/2010 stagnierte jedoch das Wachstum wieder. Erst im Jahr 2013 setzte ein Aufwärtstrend ein - zunächst mit bescheidenen Wachstumsraten. Im Jahresverlauf 2014 konnte die Produktion aber wieder kräftig ausgeweitet werden (Grafik 2). Dennoch bleibt das Vorkrisenniveau noch in weiter Ferne. Das hat mehrere Gründe: Zum einem wurden Teile der Pharmaproduktion ins Ausland verlagert - u.a. nach Irland. Erst im vergangenen Jahr konnte die Pharmaproduktion wieder leicht zulegen. Auch die Grundstoffchemie ist nach wie vor weit vom Vorkrisenniveau entfernt. Viele Produktionsanlagen waren nach einem Jahrzehnt der Investitionsschwäche marode geworden. Sie wurden im Zuge der Weltwirtschaftskrise stillgelegt. Der im Jahr 2011 beginnende Schiefergas-Boom führte zwar zum Aufbau umfangreicher Chemieanlagen in der Petrochemie. Neue Anlagen und Kapazitätsstillegungen hielten sich jedoch bis zum Jahr 2014 in etwa die Waage, so dass seit 2010 die US-Grundstoffchemie stagnierte. Lediglich die Hersteller von Spezial- und Konsumchemikalien konnten in den vergangenen Jahren vom Wachstum der US-Wirtschaft profitieren. Beide Chemiesparten produzieren mittlerweile mehr chemische Erzeugnisse als 2007.

Kein Wachstum in der Petrochemie

Die heterogene Entwicklung zeigt sich auch in den Kennzahlen des Jahres 2014 (Tabelle 1): In der Grundstoffchemie fällt das Produktionswachstum nur verhalten aus. Eine Ausnahme bilden die Anorganika. Hier scheint 2014 die Trendwende erreicht worden zu sein. Die Produktion stieg kräftig und auch der Start im Jahr 2015 verlief dynamisch. Die Hersteller von Petrochemikalien mussten demgegenüber im vergangenen Jahr ihre Produktion drosseln. Die Ausbringungsmenge ging zurück und auch das erste Quartal 2015 verlief schwach. Auch bei den Polymeren war die Produktion zuletzt rückläufig. Damit zeigt sich in der Grundstoffchemie nach wie vor noch kein Aufwärtstrend - und dies trotz guter Rahmenbedingungen: Das Industriewachstum lässt die Nachfrage steigen und die Rohstoffkosten der Branche sind dank günstiger Energiepreise niedrig. Ursache für die moderate Produktionsentwicklung dürfte der Abbau von Kapazitäten während der Wirtschaftskrise sein. Die angekündigten Investitionen der Unternehmen sollten diesen Befund allerdings in absehbarer Zeit ändern. Demgegenüber profitierten die Hersteller von Spezialchemikalien im vergangenen Jahr deutlich vom Aufwärtstrend der US-Industrie deutlich. Die Produktion der Sparte stieg dynamisch (+5,5 %). Noch stärker war das Wacshtum bei Konsumchemikalien: Die Produktion von Seifen, Waschmitteln und Kosmetika legte 2014 um 7,5 % zu. In der Pharmasparte blieb das Wachstum bescheiden. Zwar wurde die Talfahrt gestoppt und die Produktion im vergangenen Jahr ausgeweitet, aber die Zuwächse blieben 2014 äußerst moderat (+1,1 %).

Preisrückgänge bei Basischemikalien

Obwohl die Rohstoffbasis der US-Chemie sich mit dem Schiefergas-Boom im Jahr 2011 erheblich verbilligte und die Erdgaspreise seither nahezu konstant blieben, stiegen in den USA die Preise für chemisch-pharmazeutische Produkte bis zum September 2014. Weil bei vielen Chemikalien die Kapazitätsauslastung hoch war, konnten die Erzeuger hohe Preise durchsetzen. Mit Einbruch der Ölpreise in der zweiten Jahreshälfte 2014 gaben die Chemikalienpreise in den USA jedoch deutlich nach (Grafik 3). Der Wettbewerbsvorteil der gasbasierten US-Chemie gegenüber der ölbasierten Konkurrenz ist mittlerweile aufgezehrt. Dies zwingt die Unternehmen gegenüber den Kunden zu Preiszugeständnissen. Zu kräftigen Preisrückgängen kam es insbesondere bei Petrochemikalien und Polymeren. Diese Entwicklung setzte sich Anfang 2015 fort.

Weiterer Jobausbau in der Chemie

Dass die US-Chemie insgesamt auf einem Wachstumspfad ist, zeigt sich bei den Beschäftigungszahlen. Seit 2011 steigen die Mitarbeiterzahlen. Im Gesamtjahr 2014 arbeiteten 803.600 Menschen für die US-Chemie, rund 1,4 % mehr als im Vorjahr. Das hohe Beschäftigungsniveau konnte Anfang 2015 gehalten werden. Dank der Zuwächse in den vergangenen Jahren liegt die aktuelle Mitarbeiterzahl nur noch um rund 40.000 Mitarbeiter unter der Anzahl vor Beginn der Weltwirtschaftskrise im August 2008.

US Chemie 2015: Aufwärtstrend beschleunigt sich

Der Start in das laufende Jahr fiel für die US-Wirtschaft aufgrund von Sondereffekten moderat aus. Das Bruttoinlandsprodukt legte witterungsbedingt nur leicht zu. Der starke Dollar und die Belastung der Fracking-Industrie aufgrund des Ölpreisrückgangs bremsten die Industrieproduktion. Diese Effekte schwächen sich jedoch im Jahresverlauf ab. Insgesamt bleibt die US-Wirtschaft auf einem soliden Wachstumspfad. Die Binnennachfrage ist robust und die Rohstoffkosten sind niedrig. Insbesondere Strom und Gas sind auf Grund der Förderung von Schiefgas immer noch sehr günstig. Damit bleiben sowohl die Gesamtwirtschaft als auch die Industrie auf Wachstumskurs. Wichtige Kundenbranchen der Chemie entwickeln sich positiv. Damit sollte die Nachfrage nach Chemikalien weiter zulegen. Im Jahresverlauf werden weitere neue Chemieanlagen die Produktion aufnehmen, hiervon werden auch die Hersteller chemischer Grundstoffe profitieren. Für das Gesamtjahr 2015 erwartet der VCI daher einen Anstieg des Chemiewachstums auf 3 %.

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