Optimismus nicht nur als moralische Pflicht

© khajar – stock.adobe.com

Roman Gaida, CSO von Bürkert, erläutert, wie mittelständische Unternehmen wachsende Herausforderungen durch disruptive Veränderungen und Wirtschafts-Protektionismus meistern können

Autor: Roman Gaida, CSO, Bürkert Fluid Control Systems, Ingelfingen

Globalisierungschancen für den Mittelstand erkennen und nutzen

Photo
Mit der Unterzeichnung der „Charta der Vielfalt“ setzt Bürkert ein sichtbares Zeichen für Wertschätzung, Diversität, Offenheit und ein respektvolles Mit­einander – innerhalb des Unternehmens und darüber hinaus. Im Bild v.l.n.r.: CEO Georg Stawowy, CSO Roman Gaida, CPO/CHRO Meike Querengässer, CTO Stefan Müller, CFO Udo Gais.
© Bürkert Fluid Control Systems

Unsere Welt unterliegt global disruptiven Veränderungen. Wirtschafts-Protektionismus erschwert den freien Handel. In dieser Gemengelage ergeben sich für mittelständische Unternehmen wachsende Herausforderungen, aber auch Chancen. Der Fokus auf wachsende Märkte, gepaart mit weitsichtigen Unternehmensstrategien, kann eine davon sein.

Der Blick auf die täglichen Nachrichten könnte uns in diesen Tagen lethargisch stimmen: Wir sind konfrontiert mit disruptiven Veränderungen und zunehmend nationalistischem Denken – ein Trend, der in der Pandemie zunahm, wird durch die neue Führung in den USA nochmals enorm verstärkt. Man kann aber auch den Umkehrschluss ziehen: Es wird immer wichtiger, Werte zu leben und Haltung zu zeigen. Europa hat jetzt eine große Chance, das Fundament für eine gute Zukunft zu legen. Auch mittelständische Unternehmen können dazu einen Beitrag leisten, indem sie mit Besonnenheit strategisch, wertebasiert und mutig in die Zukunft denken. Dann bietet die aktuelle Weltwirtschaftslage längst nicht nur Herausforderungen, sondern ein breites Spektrum an Chancen.

„Der Aufschub und die Überarbeitung des Lieferkettengesetzes wird vor allem mittel­ständische Unternehmen entlasten."

Perspektivwechsel

In der Theorie ermöglicht ein freier Handel, dass jeder das herstellt, was er am besten und effizientesten kann und dann auf einem globalen Markt all denen anbietet, die dafür einen Bedarf haben. Nun könnte man argumentieren, dass Zölle diesen freien Handel beschränken und damit den Zugang zu idealen Komponenten oder Dienstleistungen künstlich erschweren. Darunter leidet mittelfristig die Qualität von Produkten ebenso wie die Innovationsfreudigkeit von Unternehmen und am Ende bleibt der Kunde mit gestiegenen Preisen zurück. Das ist aber nur ein Teil einer komplexeren Situation, denn auch ohne die aktuellen Handelsbarrieren war es in vielen Fällen weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll, Produkte an einem Standort herzustellen und von dort in die ganze Welt zu liefern. Unternehmensstrategien müssen heute global gedacht werden. Das ist einer der Gründe, warum Bürkert als Familienunternehmen längst nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen Ländern der Welt wie Frankreich, USA, China oder Indien mit Entwicklungszentren, Systemhäusern und Produktionen präsent ist. Darüber hinaus pflegen wir weltweit ein großes Distributionsnetz. Wir halten es für wichtig, in den großen Märkten lokal tätig zu sein, um den Markt zu verstehen und Kundenanforderungen zu kennen. So können wir neue technologische Entwicklungen der jeweiligen Märkte frühzeitig erkennen. Von diesen vorausschauenden Investitionen in globale Unternehmensstandorte profitieren wir heute doppelt. Denn durch die wachsende Industrialisierung in Ländern wie China, Thailand, Chile oder Indien ergeben sich für uns interessante Absatzchancen, die wir nun aus regionaler Nähe bedienen können. Und auch die USA werden bei ihrer Reindustrialisierung Unterstützung durch europäische Ausrüstung benötigen, auch wenn sie das momentan nicht unbedingt so vermitteln. Mit Standorten vor Ort können mittelständische Unternehmen von diesen Entwicklungen profitieren.

Von anderen lernen und Haltung zeigen

Photo
Unternehmensstrategien müssen heute global gedacht werden. Das ist einer der Gründe, warum Bürkert als Familienunternehmen längst nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen Ländern der Welt wie Frankreich, USA, China oder Indien mit Entwicklungszentren, Systemhäusern und Produktionen präsent ist.
© Bürkert Fluid Control Systems

Nah dran sein am Markt klingt manchmal recht abstrakt. Heruntergebrochen bedeutet es, im engen Austausch zu sein mit Menschen. Je vielfältiger die Menschen sind, mit denen wir im Austausch sind und Aufgaben lösen, desto bessere Produkte können wir entwickeln. 

Deshalb bedeutet für uns Diversität weit mehr, als Andersartigkeit zu dulden. Wir sehen darin auch ein großes Potenzial, das durch unsere globale Präsenz verstärkt wurde. Deshalb setzen wir z.B. zur Diversitätsförderung Initiativen zum Perspektivwechsel um. Dabei erhalten Mitarbeitende Einblicke in unterschiedlichste Teams und Tätigkeitsbereiche, um so verschiedene Sichtweisen kennenzulernen und Hintergründe besser zu verstehen. Dadurch nutzen wir die Vielfalt unserer Mitarbeitenden aktiv, um unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven als wertvolle Ressourcen in die innovative Produktentwicklung einzubinden. Hier profitieren wir eben auch von dem Know-how und der Weltsicht unserer Mitarbeitenden an den unterschiedlichsten Orten dieser Welt.

Neben globalem Denken und Handeln spielt für uns in diesem Zusammenhang auch ein mutiges Bekenntnis zu klaren Werten wie Diversität oder Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle, gerade auch gegen den aktuellen Trend. Wir haben z. B. die „Charta der Vielfalt“ unterschrieben. 

Das ist Deutschlands größte Arbeitgebenden-Initiative zur Förderung von Vielfalt in der Arbeitswelt. Dazu wollten wir uns gerade in der aktuellen Situation bewusst committen. Ich bin überzeugt davon, dass wir als mittelständisches Unternehmen hier auch kulturprägend wirken können, das gilt auch für die Länder unserer Produktionsstandorte. Durch eine starke Unternehmenskultur, die Werte wie Tradition, Offenheit, Toleranz, Gerechtigkeit, Umweltbewusstsein, Demokratie, Menschenrechte, Innovation und vieles mehr vereint, können Familienunternehmen ein einzigartiges Profil behalten und globale Märkte aktiv prägen.

„Lokale Präsenz in großen Märkten ist entscheidend, um Kunden und Markt zu verstehen."

EU-Kommission und Bundesregierung

Eine weitere Chance ergibt sich für global agierende Mittelständler auch dadurch, dass die EU-Kommission sowie die neue Bundesregierung verstanden haben, wie wichtig es ist, der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Priorität einzuräumen. So will die Kommission Bürokratie und Hürden gerade für kleinere und mittelständische Unternehmen abbauen. Ich spreche von den sog. „Omnibus-Paketen“. Ziele sind eine einfachere und effizientere Nachhaltigkeits-Berichterstattung, vereinfachte Sorgfaltspflichten für verantwortungsvolles Wirtschaften, ein stärkeres CO2-Grenz­ausgleichssystem für einen faireren Handel sowie mehr Chancen durch europäische Investitionsprogramme. Mit diesen Änderungsvorschlägen stützt sich die Kommission auf die Empfehlungen des Draghi-Berichts, die die Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumsfähigkeit von EU-Unternehmen stärken sollen. Insgesamt will die Kommission mit den geplanten Maßnahmen bis Ende 2029 den Verwaltungsaufwand für alle Unternehmen um 25 % verringern, für KMUs sollen es sogar 35 % sein. Auch der Aufschub und die Überarbeitung des Lieferkettengesetzes wird vor allem mittelständische Unternehmen entlasten. Außerdem hat die Kommission Maßnahmen für eine Senkung der Energiepreise vorgelegt. Dazu zählen insbesondere die weitere Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die bessere EU-Planung und Ausbau grenzüberschreitender Infrastrukturen, die Absicherung grüner Direktlieferverträge (PPA, Power Purchase Agreements) und Stärkung von Energiegemeinschaften. Auch stellt die Mitteilung klar, dass staatliche Zuschüsse zu den Netzentgelten im Grundsatz möglich sind.

„Mit unserer Diversitätsförderung erhalten Mitarbeitende Einblicke in unterschiedlichste Tätigkeitsbereiche und Sichtweisen."

Fazit

Unsere Welt ist ständig im Wandel. Das birgt immer Risiken, aber eben auch ganz viele Chancen. Eine altbekannte Weisheit bittet daher um Gelassenheit, Dinge annehmen zu können, die man nicht ändern kann, aber auch um Mut, die Dinge zu ändern, die sich ändern lassen und um die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. In diesem Sinne wollen auch wir uns bewusst auf die Dinge fokussieren, die in unsrem Einflussbereich liegen. Ich hoffe mein Plädoyer hat gezeigt, dass es viele Möglichkeiten gibt aktiv mitzugestalten. Wir sind aktuell umgeben von massiven disruptiven Veränderungen, Unbeständigkeiten und Unsicherheit, das steht außer Frage. Entscheidend wird sein, wie wir klug damit umgehen und die darin liegenden Chancen aufdecken und nutzen.

Photo:

Roman Gaida

CSO, Bürkert Fluid Control Systems, Ingelfingen;

ist seit November 2023 Chief Sales Officer (CSO) und Mitglied des Vorstands beim Ingelfinger Fluidik-Spezialisten Bürkert Fluid Control Systems. Der gelernte Maschinenbauer und Wirtschaftsingenieur mit einem MBA in Technology and Innovation Management hatte zuvor (Führungs-) Positionen bei Wieland Group, Oerlikon und Mitsubishi Electric Europe inne.

© Bürkert

Anbieter

Bürkert GmbH & Co. KG

Christian-Bürkert-Str. 13-17
74653 Ingelfingen
Deutschland

Kontakt zum Anbieter