Logistik & Supply Chain

Chemielogistik: Zunahme externer Logistikdienstleistungen

Fraunhofer SCS-Studie: Chemielogistik stellt spezielle Anforderungen an Logistikbeschäftigte

14.10.2015 -

Die Chemiebranche ist einer der großen verladenden Wirtschaftsbereiche in Deutschland, damit einher geht ein hoher Bedarf an Transport- sowie Lager- und Umschlagstätigkeiten. Dabei fallen ganz spezielle Anforderungen an Logistikfachkräfte an.

Die Logistik ist mit einem Marktvolumen von 230 Mrd. EUR eine der größten Branchen und Arbeitgeber in Deutschland. Das Logistikmarktvolumen in der Chemieindustrie beläuft sich mit einem Anteil von 15% auf rund 35 Mrd. EUR und repräsentiert damit einen nicht unerheblichen Anteil am Gesamtmarkt. Hier eingerechnet sind die Logistikumsätze, die einerseits bei den Herstellern chemischer Erzeugnisse und in der Mineralölwirtschaft, aber andererseits auch im Groß- und Einzelhandel von chemischen Erzeugnissen und Brenn- und Kraftstoffen anfallen.

Etwa 64.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gehen in Deutschland logistischen Tätigkeiten in der Chemiebranche nach. Dazu sind noch Selbstständige und geringfügig Beschäftigte zu zählen, die jedoch in der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit nicht erfasst werden und deren Zahl nur abgeschätzt werden kann. Generell kann davon ausgegangen werden, dass die Erwerbstätigenzahl um etwa 15% über der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung liegt.

Die Logistikbeschäftigten in der Chemiebranche sind dabei in unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen zu finden: Neben den 27.000 Logistikbeschäftigten, die in den Wirtschaftszweigen der Mineralölverarbeitung und der Herstellung von chemischen Erzeugnissen tätig sind, sind auch knapp 12.000 Personen im Großhandel mit Raffinerie- und Chemieprodukten zu finden. Hinzu kommen Beschäftigte bei Logistikdienstleistern, die diejenigen logistischen Prozesse abwickeln, die seitens der Chemieindustrie fremdvergeben werden. Diese sind statistisch nicht erfasst, können jedoch über die anteilige Hochrechnung des regionalen Chemieanteils an den Gesamtbeschäftigten im verladenden Gewerbe auf die Beschäftigten bei Logistikdienstleistern abgeschätzt werden. Mit einer so errechneten Kopfzahl von rund 25.000 stellen sie etwa 40% der Chemielogistikbeschäftigten dar.

Die geografische Verortung der Chemielogistikbeschäftigten zeigt die höchsten Konzentrationen an den bekannten Produktionsstandorten im Rheinland, im Rhein-Neckar- und Rhein-Main-Gebiet, in Burghausen, um Halle sowie in Hannover und Hamburg. Aber auch abseits der etablierten Chemiezentren sind Chemielogistiker mit dem Transport und Umschlag chemischer Güter in den Häfen und Terminals beschäftigt, so z.B. zwischen dem Ruhrgebiet und Hannover, in Südbayern, in Sachsen oder auch in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns.

Anforderungen an Logistikfachkräfte

Die Tätigkeiten der Logistikbeschäftigten in der Chemie sind vielfältig: Operativer Logistikbedarf besteht beispielsweise beim Umschlag chemischer Güter und Stoffe sowie bei deren Lagerung, aber auch beim Transport, sei es auf Seiten der Beschaffung von chemischen Grundstoffen, als auch bei der Distribution der Fertigprodukte in Richtung Handel und zum Endkonsumenten. Dazu kommen unterstützende Funktionen, wie Managementtätigkeiten und organisatorische Aufgaben, die notwendig sind, um einen reibungslosen Ablauf der logistischen Prozesse in der Wertschöpfungskette zu ermöglichen.

Je nach Branche variieren die Anforderungen an Logistikfachkräfte: In der Chemie sind es vor allem die speziellen Vorschriften im Umgang mit Gefahrgut, die Sicherheitsanforderungen und auch die stark unterschiedliche Wertdichte der Produkte, d.h. es müssen sowohl Massengüter als auch sehr hochwertige Stoffe transportiert, umgeschlagen und gelagert werden, die zu stark abweichenden Tätigkeitsbildern führen. Außerdem müssen die Produkte in allen Fertigungsstufen in Bezug auf ihre Temperatur, ihren Aggregatszustand oder ihre Haltbarkeit hin überwacht werden.

Hinzu kommt, dass die Standortlogistik in der Chemie eine große Rolle spielt und damit einhergehend auch Produktionsprozesse oder die technische Wartung zum Aufgabenfeld eines Chemielogistikers zählen. Das erforderliche Know-how ähnelt dabei stark den notwendigen Kompetenzen in der Chemieproduktion. Diese komplexen Anforderungen an die Logistikaufgaben im Produktionsprozess sind u.a. ein Grund, warum Logistikdienstleister schwerpunktmäßig im Segment von Stückgut- und KEP (Kurier, Express und Paket)-Services eingesetzt werden und im Vergleich zu anderen Branchen noch verhältnismäßig selten in der Produktionsversorgung.

Verlagerung zu externen Logistikdienstleistern

Die beschriebenen Spezifika der Chemielogistik haben wiederum auch dazu geführt, dass sich spezielle Logistikdienstleister im Chemiesegment etabliert haben. Rund 30% der Chemielogistikbeschäftigten, die bei Logistikdienstleistern angestellt sind, gehen auf die zehn umsatzstärksten Spezialdienstleister zurück, so dass hier von einer sehr hohen Marktkonzentration gesprochen werden kann.

In den letzten Jahren wurden Logistikdienstleistungen branchenübergreifend zunehmend fremdvergeben. Dies zeigt die Entwicklung der Logistikbeschäftigten, die bei Logistikdienstleistern aus dem Kontraktlogistikbereich angestellt sind, welche im Zeitraum von 2001 und 2011 deutlich zugenommen hat. Die Kurve der Logistikbeschäftigten, die bei Arbeitgebern in der Chemieindustrie und bei Unternehmen der Mineralölverarbeitung angestellt sind, zeigt dagegen eine abnehmende Tendenz, was als Beleg für die zunehmende Verlagerung von Logistikleistungen an externe Logistikdienstleister gesehen werden kann.

Zukünftig ist davon auszugehen, dass die Logistikdienstleister noch tiefer in die Fertigungskette der Chemieindustrie eingebunden werden, so dass der Bedarf an spezialisierten Fachkräften nicht nur von der Industrie und dem Handel, sondern vor allem auch von Seiten der Logistikdienstleister ausgehen wird.

Der Logistiker an sich wird aber immer mehr zur kritischen Ressource, nur 8% der Logistikbeschäftigten in Deutschland sind jünger als 25 Jahre, unter den Berufskraftfahrern sind es sogar nur 3%. Der demografische Wandel wirkt sich in der Logistik überdurchschnittlich stark aus, hinzu kommt das in der Öffentlichkeit negativ wahrgenommene Berufsbild des Logistikers. Zukünftige Engpässe am Arbeitsmarkt werden die Folge sein. Die steigenden Sicherheitsanforderungen und technischen Vorschriften im Umgang mit chemischen Gütern werden in der Zukunft zu noch komplexeren Anforderungen an Chemielogistiker führen, so dass langfristige Strategien zur Begegnung des Fachkräftemangels entwickelt werden müssen. Hierbei sind sowohl die verladende Industrie als auch die Logistikdienstleister gefragt.

 

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