Chemiekonjunktur – robuste Entwicklung in Asien
Asiens Chemie wächst weiter, aber die Dynamik nimmt ab und die Risiken steigen
Der weltweite wirtschaftliche Aufschwung bleibt allen Krisen zum Trotz intakt. Dies gilt in weiten Teilen auch für die Entwicklung in Asien. Allerdings drückt die gestiegene Unsicherheit aufgrund der US-Handelspolitik auf die Stimmung der Unternehmen und belastet den Handel. Da keine Entspannung im Konflikt zwischen den Akteuren USA und China zu sehen ist, dürfte sich dies im weiteren Jahresverlauf fortsetzen und zunehmend auch die Investitionstätigkeit bremsen. Bisher sind dies aber nur Gewitterwolken am Horizont. Die aktuelle Lage ist noch gut.
Chinas Wirtschaft wächst weiterhin kräftig. Mit Plänen wie „Made in China 2025“ fördert das Land seinen Umbau zur hochmodernen Industrie- und Dienstleistungsnation. Auch die Chemieindustrie erfährt eine zunehmende Ausrichtung auf hochwertigere Spezialchemikalien. Dank einer guten Binnennachfrage befindet sich auch Japans Wirtschaft auf einen Wachstumskurs. Insbesondere die Chemieindustrie zeigt sich dynamisch. Die übrigen Länder Asiens profitieren von der guten Nachfrage der beiden Schwergewichte. Die Industrieproduktion in Asien legt insgesamt zu, und mit ihr die Nachfrage nach Chemikalien. Für die deutschen Hersteller von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen bedeutet dies gute Geschäfte in Asien. Die Exporte in die Region steigen. Allerdings nehmen auch die Importe aus der Region kräftig zu. Die Außenhandelsbilanz ist aber noch deutlich positiv (Grafik 1).
Weiterhin hohe Nachfrage nach Chemikalien in China
In China schreiten die Strukturreformen zur Umstellung des chinesischen Wachstumsmodells voran. Damit einher geht eine Abschwächung der Wachstumsdynamik. Die Regierung Chinas hat als mittelfristiges Wachstumsziel für die Jahre bis 2020 eine Rate von jährlich 6,5 % festgelegt. Ein Unterschreiten dieses Ziels wird die Regierung zu verhindern wissen. Damit bleibt trotz Abschwächungstendenzen die wirtschaftliche Dynamik hoch. Dies gilt auch für die Industriekonjunktur: Auch wenn inzwischen die Dienstleistungen stärker wachsen, die Industrieproduktion steigt immer noch mit hohen Raten. Dementsprechend hoch ist auch die Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen.
Allerdings hat die chinesische Chemieindustrie – insbesondere umweltverschmutzende Firmen – mit Schließungen und Umsiedlungen in Chemieparks zu kämpfen. Bereits im vergangenen Jahr wuchs die Produktion aufgrund von Stilllegungen nur schwach. Und auch in diesem Jahr kann mit einem erhöhten Druck von Seiten der Regierung auf einige Firmen gerechnet werden. Im ersten Quartal des Jahres blieben die Wachstumsraten in der Chemie daher verhalten, erst im weiteren Jahresverlauf nahm die Dynamik in der Produktion etwas zu. Die Wachstumsrate wird aber auch in diesem Jahr schwächer ausfallen als die der Gesamtwirtschaft oder der Industrie insgesamt. Wir rechnen mit einem Plus der Chemie- und Pharmaproduktion von 6 %.
Die deutsche Chemie profitierte im vergangenen Jahr von den Stilllegungen chinesischer Produktionsanlagen und exportierte Chemiewaren im Wert von mehr als 8,5 Mrd. EUR nach China – fast 15 % mehr als 2016. Im ersten Halbjahr 2018 stiegen die Exporte weiter, insbesondere Konsumchemikalien waren gefragt (Grafik 2). Insgesamt sind die Geschäftsaussichten für deutsche Unternehmen in China weiterhin gut.
Gute Chemiegeschäfte in Japan
Nach schwierigen Jahren – geprägt von extrem niedrigem Wachstum bis hin zu rezessiven Phasen – hat sich die Wirtschaft in Japan im vergangenen Jahr deutlich erholt. Einhergehend mit der gesamtwirtschaftlichen Erholung gewann auch die Industrieproduktion an Fahrt. Besonders erfreulich entwickelte sich dabei die Chemie- und Pharmaproduktion (Grafik 3). Die starke Dynamik des vergangenen Jahres setzt sich zwar 2018 nicht fort, mit einem Plus von 1,5 % erwarten wir aber auch in diesem Jahr ein deutliches Wachstum der japanischen Chemie.
Südkoreas Chemie auf Wachstumskurs
Südkorea verfügt über eine wettbewerbsstarke und diversifizierte Exportindustrie, die von der guten weltwirtschaftlichen Lage profitiert. Aufgrund eines Produktionseinbruchs Ende 2017 wird das Wachstum der Industrie in diesem Jahr aber nur bescheiden ausfallen. Anders die Chemie- und Pharmaindustrie: Die Produktion der Branche stieg stetig an – zuletzt sogar beschleunigt (Grafik 4). Wir gehen von einem Plus in diesem Jahr von 5 % aus. Risikofaktoren für die weitere Entwicklung sind die mit der Diskussion um das Raketenabwehrsystem THAAD aufgekommenen Spannungen mit dem wichtigsten Handelspartner China und der schwelende Konflikt mit Nordkorea.
Indiens Pharmawachstum normalisiert sich
Indiens Chemie- und Pharmaindustrie ist stark auf die Produktion von Pharmazeutika ausgerichtet. Über 30 % der Umsätze entfallen auf Pharmazeutika und fast 40 % der Investitionen der Branche werden im Pharmabereich getätigt. Indien ist dank niedriger Kosten, verfügbarer Fachkräfte und Fördermaßnahmen der Regierung inzwischen der weltweit größte Generikaproduzent und beliefert mit seinen Produkten den Weltmarkt. In den vergangenen drei Jahren lagen die Wachstumsraten der Pharmaproduktion häufig im hohen zweistelligen Bereich. Im bisherigen Jahresverlauf 2018 haben sich diese Wachstumsraten aber wieder „normalisiert“. In den Chemiesparten blieb das Wachstum im Jahresverlauf 2018 aufgrund einer gedämpften inländischen Industrienachfrage verhalten. Entsprechend wird die Chemie- und Pharmaproduktion in diesem Jahr „nur“ um 4,0 % zulegen können – gegenüber den zweistelligen Raten vom letzten Jahr durchaus eine Abschwächung.
Ausblick: Wachstum mit abnehmender Dynamik und hohen Risiken
Das asiatische Wirtschaftswachstum bleibt sowohl was die Gesamtwirtschaft als auch was die Industrie angeht trotz der Zuspitzung im Handelskonflikt zwischen den USA und China in 2018 kräftig (Grafik 5). Allerdings ist eine Abschwächung der Dynamik wahrscheinlich. In Japan laufen die positiven Effekte vorausgegangener Konjunkturprogramme langsam aus. In China kommt der angestrebte Umbau der Wirtschaft voran – was geringere Wachstumsraten als in der Vergangenheit impliziert. Der sich verschärfende Handelskonflikt mit den USA erhöht hier noch das Risiko einer deutlich stärkeren Wachstumsverlangsamung. Indien bleibt zwar die am stärksten wachsende große Volkswirtschaft, aber die Investitionsschwäche des Landes bleibt bestehen – mit bremsenden Effekten für die Entwicklung der Industrie- und Chemieproduktion.
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