Harmonisierte Benutzung



Wenn man zunächst einen Blick ins Lager der Verfechter von Device Descriptions wirft, so stellt man fest, dass die Hersteller von Parametriersoftware wie Siemens beim Simatic PDM oder Emerson bei AMS das Aussehen der Benutzeroberfläche bestimmen. Der Style Guide wird also durch Produkte vorgegeben. In den Device Descriptions selbst sind nur wenige Stilelemente enthalten, die die Gestaltung der Benutzeroberfläche beeinflussen können. Innerhalb eines Systems findet der Benutzer daher weitgehend dieselben Mechanismen bei der Verwendung der Software und der Darstellung der Parameter und der Bedienelemente vor. Zwischen den Programmen bestehen jedoch erhebliche Unterschiede und bislang müssen die Gerätehersteller unterschiedliche Versionen von DDs liefern, wenn sie mehrere Parametrierprogramme unterstützen wollen.
Die FDT Group hat sich dagegen zum Ziel gesetzt, bei der Implementierung von Device Type Managern (DTM) alle Stilelemente von Benutzeroberflächen zuzulassen, die mit den Mitteln der Microsoft Entwicklungswerkzeuge zu realisieren sind. Das ist vor allem bei der grafischen Präsentation von komplexen Zusammenhängen und der anschaulichen Darstellung von geometrischen Objekten (z.B. 3D Darstellung von Tanks) oder dynamischen Vorgängen (z.B. Videostreams oder Messwertaufzeichnungen) von Vorteil, um dem Benutzer der jeweiligen Situation angemessene Unterstützung zu geben.
Die Freiheit der grafischen Gestaltung bringt allerdings die Gefahr mit sich, dass bei einer Integration einer Vielzahl von DTMs, die durch die Hersteller bereitgestellt werden, unter jeweils einer Rahmenapplikation, eine für den Benutzer nicht mehr zu beherrschende Vielfalt von Darstellung und Bedeutungen entsteht. Die Folge davon ist ein erhöhter Schulungsaufwand für die Benutzer.
Freiheit contra Einheitlichkeit
Während die Hersteller die Freiheit der Darstellung schätzen, um ihre Produkte mit möglichst ansprechenden und informativen Benutzeroberflächen zu präsentieren, fordern die Anwenderorganisationen, allen voran die Namur, eine möglichst einheitliche Darstellung und Benutzung der DTMs, um die alltäglichen Aufgaben jederzeit (auch am sprichwörtlichen Weihnachtsabend bei -10°C an einer einsamen Produktionsanlage) schnell, effizient und sicher lösen zu können.
Diese gegensätzlichen Interessen wurden in der FDT Group schon sehr früh erkannt und führten zur Gründung der Projektgruppe „DTM Style Guide", die seit 2003 in mehreren Phasen zusammenkam und einen Style Guide erarbeitete. Die heute aktuelle Version 1.1 des Style Guide wurde nach einem den Regeln der FDT Group entsprechenden Verfahren den Mitgliedsfirmen im April 2009 zum Review vorgelegt und vom Executive Committee der FDT Group im September 2009 verabschiedet.
Der Projektgruppe gehörten bei den beiden Arbeitsphasen 2003/2004 und 2008/2009 jeweils 10 Firmen an. Bei der Erarbeitung der aktuellen Version waren erstmals auch Anwenderfirmen involviert, um deren Anforderungen direkt in den Style Guide einzubringen. Ziel des Style Guides ist es einerseits, alle Basisaufgaben, die mit den DTMs zu erledigen sind, so zu standardisieren, dass sich alle DTMs gleich verhalten und gleich aussehen. Auf der anderen Seite darf der Style Guide aufgaben- und verfahrensbezogene Darstellungen nicht einschränken.
Der Style Guide schreibt daher die Aufteilung der Benutzeroberfläche in allgemeine und aufgabenbezogene Bereiche vor, liefert eine Bibliothek von Icons und deren Bedeutung und gibt ein Glossar von Begriffen und Standardsätzen in 7 Sprachen vor. Der Benutzer findet damit die genannten Bestandteile in allen DTMs mit demselben Aussehen und derselben Bedeutung vor.
Visuelle und interaktive Prüfschritte
Die Verwendung der vorgeschriebenen Elemente in DTMs werden in einem Zertifizierungsverfahren überprüft. Mit dem Zertifikat erhält der Benutzer die Gewissheit, dass alle zertifizierten DTMs nach denselben Regeln verwendet werden können.
Da die Style Guide Konformität nicht automatisiert überprüft werden kann - wie das zum größten Teil mit der Überprüfung der FDT Schnittstellen mit Hilfe des dtm-Inspectors geschieht - wurde eine Checkliste erarbeitet, in der die Prüfvorschriften für die von der FDT Group akkreditierten Test Sites vorgegeben sind. Der Prüfer muss anhand dieser Checkliste mit visuellen und interaktiven Prüfschritten feststellen, ob die Vorgaben des Style Guide erfüllt sind.
Damit die Zertifizierung in allen Test Sites in gleicher Weise durchgeführt wird, haben sich Prüfer aus Deutschland und Singapur im März 2010 getroffen und gemeinsam Regeln festgelegt, nach denen die Prüfung abzulaufen hat.
Die Zertifizierung von DTMs entsprechend den Vorgaben des Style Guide ist zur Zeit optional. Die in den letzten 10 Jahren entstandenen DTMs sind deswegen zum Leidwesen der Benutzer noch recht unterschiedlich in der Darstellung. Auch gibt es bislang noch kaum DTMs, deren Konformität zu den älteren Versionen des DTM Style Guide zertifiziert wurde.
Um diesen Missstand zu beseitigen, beabsichtigt die FDT Group nun, mit der Veröffentlichung des Release 2.0 der FDT Spezifikation, die Überprüfung der Style Guide Konformität als Bestandteil der Zertifizierung verpflichtend vorzuschreiben. Wenn die Anwender, die zur Erarbeitung des Style Guide 2.0 in diesem Jahr wiederum eingeladen sind, in Zukunft nur noch die Verwendung von zertifizierten DTMs in ihren Anlagen zulassen, wird das die Konvergenz der DTMs in jedem Fall beschleunigen.
Keine sichtbaren Unterschiede
Die Benutzer werden es sicher zu schätzen wissen, wenn DTMs, die heute schon entsprechend dem Style Guide 1.1 implementiert wurden, sich für sie nicht sichtbar von zukünftigen DTMs unterscheiden, die nach dem Style Guide 2.0 entwickelt werden. Eine der wesentlichen Prämissen ist es daher, bei der Weiterentwicklung des Style Guide, die Unterschiede zwischen 1.1 und 2.0 minimal zu halten.
Um die eingangs erwähnten Verfechter der Device Descriptions ebenfalls mit im Boot zu haben, strebt die FDT Group in diesem Jahr außerdem die Harmonisierung mit Benutzeroberflächen von Software Komponenten an, die nach der FDI Spezifikation implementiert werden.
Wenn diese Harmonisierung gelingt, wäre das seit vielen Jahren angestrebte Ziel endlich erreicht, den Anwendern gleichartige Benutzeroberflächen für DTMs und FDI Komponenten, in denen die Device Descriptions implementiert sind, anzubieten.
Anbieter
ICS GmbHPforzheimer Str. 202 c
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Deutschland
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