Optimierungsbedarf in der pharmazeutischen Supply Chain

Karsten Brockmann
Karsten Brockmann

Optimierungsbedarf in der pharmazeutischen Supply Chain. Bislang baute die Pharmabranche auf die großen Stückzahlen und einträglichen Margen von Blockbuster Medikamenten.

Doch der Trend geht zu maßgeschneiderten Arzneimitteln und Arzneimittelvarianten, die nur in kleinen Mengen benötigt werden. Alte Patente laufen aus und niedrigpreisige Nachahmerpräparate machen den Klassikern Konkurrenz. Gleichzeitig nimmt die Zahl neuer Patente seit 2002 stetig ab.

Somit ist klar: Pharmaproduzenten dürfen weder bei F&E noch beim Marketing sparen. Sie können aber die Herstellung und Beschaffung effizienter gestalten, so das Fazit der jüngsten Studie von J&M. J&M-Partner Karsten Brockmann erläutert die Fragestellung und Ergebnisse.

 


CHEManager: Herr Brockmann, was genau haben Sie in Ihrer Studie untersucht?

K. Brockmann: J&M hat 100 CEOs, CIOs, Logistik- und Produktionsverantwortliche sowie Supply Chain Manager der Pharmabranche befragt. Dabei haben wir die komplette Supply Chain, also die Pharmaproduzenten und die Lieferanten, unter die Lupe genommen.

Das gibt es in keiner anderen Studie. Außerdem konnten wir auf Erkenntnisse aus zahlreichen eigenen Untersuchungen in den Pharma- Unternehmen und bei den Zulieferern zurückgreifen.

 


Gibt es in der pharmazeutischen Supply Chain Optimierungsbedarf?

K. Brockmann: Die mittlere Durchlaufzeit in der Medikamentenproduktion beträgt acht Wochen. Dennoch können die meisten Produzenten zuverlässig innerhalb von 48 Stunden liefern. Das schaffen sie nur, indem sie hohe Lagerbestände vorhalten.

Dabei ist die Produktion nach wie vor bei vielen Unternehmen auf große Stückzahlen ausgelegt. Sollen in einer Anlage aber mehrere Arzneimittel in kleinen Chargengrößen produziert werden, wird es ineffizient. Die Rüstzeiten sind hier oft um den Faktor Zehn höher als bei der Automobilfertigung.

 


Was sagt die J&M-Studie über die Prozesse bei den Lieferanten?

K. Brockmann: Hier beobachten wir zum Teil mittlere Durchlaufzeiten von 14 Wochen und Rüstzeiten von über sechs Stunden. Das ist weder flexibel noch kostengünstig. Sie haben die Mittelwerte genannt.

 


Welche Potentiale realisieren Unternehmen, die besser als der Durchschnitt sind?

K. Brockmann: Bei den Besten der Branche liegen die Logistik- und Herstellkosten - bezogen auf die Verkaufserlöse - um bis zu 46 % niedriger als beim Durchschnitt.

 


Was muss das durchschnittliche Pharmaunternehmen tun, um "Operational Excellence" zu erreichen?

K. Brockmann: Lean Manufacturing nach dem Vorbild der Automobilindustrie umsetzen. Das vereinfacht auch die Qualitätssicherung. Außerdem sollte die Supply Chain segmentiert werden. Neben der klassischen Blockbuster-Produktion könnte es hoch flexible Abläufe geben, die konsequent auf kleine Chargengrößen zugeschnitten sind.

Ein weiterer Punkt: Die Aufträge zwischen Herstellern und Zulieferern werden noch vorwiegend papierbasiert abgewickelt. Hier müssen Lieferantenmanagement-Systeme aufgebaut und die Zulieferer in eine durchgängige Prozessunterstützung eingebunden werden.

 

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