KPMG erwartet 2016 M&A-Rekordjahr in der Pharmabranche


Im vergangenen Jahr konnte die Chemie- und Pharmabranche Fusionen und Übernahmen im Wert von 372 Mrd. USD verzeichnen. Das bedeutet im Vergleich zu 2014 (214 Mrd. USD) eine Zunahme um 74%. Wesentliche Ursache für den starken Anstieg waren einige sehr große Deals im Pharmasektor. Hier belief sich der Gesamtwert der abgeschlossenen Transaktionen 2015 auf 298 Mrd. USD. Damit wurde selbst das bisherige Rekordjahr 2000 (253 Mrd. USD) deutlich übertroffen. Das zeigt eine KPMG Analyse, die auf Zahlen von Thomson Reuters beruht. In beiden Sektoren kündigen sich zudem für das kommende Jahr neue Transaktionen historischen Ausmaßes an.
Vir Lakshman, Leiter des Bereichs Chemie und Pharma bei KPMG Deutschland: „Viele pharmazeutische Unternehmen nutzten Transaktionen, um ihre Positionierung im Markt zu sichern, auszubauen oder gar neu auszurichten.“
Der größte angekündigte Deal aus dem letzten Jahr wird aller Voraussicht nach auch der größte Zusammenschluss in der Geschichte der Pharmaindustrie und die drittgrößte Transaktion überhaupt werden: Der US-Konzern Pfizer plant die Übernahme des Pharmaunternehmens Allergan für 160 Mrd. USD. Mit einem kumulierten Marktwert von aktuell rund 320 Mrd. USD würde der neue Pharmariese das Börsenschwergewicht Johnson & Johnson überholen und die Größenordnung des Bruttoinlandsprodukts von Dänemark erreichen. Schätzungen zufolge könnte der neue Branchenprimus mit seinen Marken Viagra, Botox und Prevnar 13 sowie führenden Medikamenten in der Behandlung von Alzheimer und rheumatoider Arthritis einen jährlichen Umsatz von 65 bis 70 Mrd. USD generieren. Mit dieser strategischen Transaktion würde Pfizer seine Marktführerposition in der pharmazeutischen Industrie deutlich behaupten und ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell aufzeigen.
Auch deutsche Unternehmen richten ihr Portfolio strategisch neu aus. Im Oktober gliederte Bayer seine MaterialScience-Tochter unter dem Namen Covestro erfolgreich aus, um sich noch stärker auf seinen Life Sciences-Bereich zu fokussieren. Der Darmstädter Merck-Konzern bekam im November für die Übernahme des amerikanischen Laborausrüsters Sigma-Aldrich grünes Licht und stärkt damit seine innovative Forschungssparte. Im Dezember wurde außerdem bekanntgegeben, dass sich das deutsche Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim stärker auf den Bereich Tiergesundheit konzentrieren wird. Durch den geplanten Tausch des eigenen Selbstmedikations-Geschäfts plus zusätzlich 4,7 Mrd. EUR gegen Sanofis Tiergesundheitssparte Merial steigt Boehringer zum zweitgrößten Player in diesem Segment auf.
Vir Lakshman: „Die neuen richtungsweisenden und innovativen Transaktionsmodelle brechen mit altbewährten Mustern, treiben entscheidend die industrielle Transformation und werden zum Katalysator von weiteren grundlegenden Veränderungen in der Branche.“
Chemieindustrie verzeichnet ebenfalls Mega-Deal
M&A-Aktivitäten im Wert von 74 Mrd. USD waren im vergangenen Jahr in der globalen Chemieindustrie zu verzeichnen. Dabei belief sich der Gesamtwert der zehn größten Transaktionen bereits auf 51 Mrd. USD, mehr als eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr. Der Gesamtwert der zehn größten, bisher nur angekündigten Transaktionen in 2015 vervierfachte sich sogar im Vergleich zum vorherigen Jahr auf 149 Mrd. USD.
Ein ausschlaggebender Grund hierfür ist ein weiterer Mega-Deal. Denn auch im Chemiesektor kommt es zu deutlichen Veränderungen unter den Marktführern: Dow Chemical strebt den Zusammenschluss mit DuPont für 62,1 Mrd. USD an. Die beiden Global Player ordnen ihre Produkt-Portfolios strategisch neu, indem sie sich zunächst zusammenschließen und dann in drei hochspezialisierte Gesellschaften für die Bereiche Agrarchemie, Hochleistungsmaterialen und Spezialitätenchemikalien aufspalten.
Diese Mega-Fusion könnte auch zu einem Paradigmenwechsel im Agrarchemiegeschäft führen. Im Laufe des Jahres 2015 hatte der Schweizer Konzern Syngenta bereits großes Interesse auf sich gezogen. Nachdem der Saatgut-Weltmarktführer Monsanto (USA) mit seinem 46 Mrd. USD-Übernahmeangebot auf Ablehnung gestoßen war, ließ das Schweizer Unternehmen Syngenta auch das 42 Mrd. USD-Angebot des staatlichen chinesischen Chemiegiganten ChemChina ins Leere laufen. Allerdings ist hier das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen.
Generell geht der M&A-Trend im Chemiesektor allerdings weg von den Basischemikalien, hin zur Spezialchemie. Vir Lakshman: „Es zeigt sich, dass sich Deals in immer höheren Wertschöpfungsstufen wiederfinden, also in den späteren Schritten der chemischen Verarbeitung bis hin zur Anwendung.“ Diese margenstarken Geschäftsfelder sind nicht nur bei strategischen Investoren beliebt, sondern ziehen auch Finanzinvestoren an, die sich lukrative Renditechancen erhoffen.
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