EU-Klimaschutzpaket ‘Fit for 55’ vorgestellt

Die Europäische Kommission hat ihr neues Klimaschutzpaket unter dem Motto „Fit for 55“ als Teil des Green Deals veröffentlicht. Die EU will ihren CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 % senken. Während der europäische Chemieverband CEFIC ‘Fit for 55’ als „entscheidendes Paket zu einem entscheidenden Zeitpunkt“ begrüßt, sieht der Verband der Chemischen Industrie (VCI) darin gewaltige Herausforderungen für Unternehmen in Europa.

Das Ziel von minus 55 % bei den Treibhausgasen in nur 9 Jahren sei weltweit einzigartig. Es berge daher eine Reihe von Risiken, die noch nicht ausreichend abgewogen seien, so der deutsche Chemieverband. Positiv sei zwar etwa, dass die EU-Kommission Verkehr und Gebäude nicht in den bestehenden EU-Emissionshandel integrieren möchte. Kritisch sieht der VCI aber, dass die bewährten Entlastungsregeln im EU-Emissionshandel stark zurückgefahren und stattdessen CO2-Grenzabgaben eingeführt werden sollen.

Während der europäische Chemieverband CEFIC ‘Fit for 55’ als „entscheidendes Paket zu einem entscheidenden Zeitpunkt“ begrüßt, mahnt der VCI: „Vorbild sein reicht nicht!“ „Wir dürfen Europas Industrie beim Klimaschutz nicht überfordern“, hatte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup am Tag vor der Veröffentlichung im Handelsblatt gemahnt.

CEFIC-Präsident und BASF-CEO Martin Brudermüller sagte: „Das 'Fit for 55-Paket' ist ein entscheidender Schritt für die europäische Industrie und die europäische Gesellschaft, um das globale Rennen zur Klimaneutralität bis 2050 anzuführen. Es muss Europa als Ziel für Investitionen in klimaneutrale und zirkuläre Technologien sichern. Um den Business Case der industriellen Elektrifizierung zu beschleunigen, muss das Paket sicherstellen, dass riesige Mengen an erneuerbarer und kohlenstoffarmer Energie so schnell wie möglich verfügbar werden. Darüber hinaus muss das überarbeitete ETS den Rahmen für Maßnahmen zur Emissionsreduzierung in den nächsten fünf Jahren setzen und in den Folgejahren bei der Entwicklung bahnbrechender Technologien helfen.“

CEFIC-Generaldirektor Marco Mensink erläuterte: „Die jetzige Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems könnte die bisher wichtigste Änderung des EU-Emissionshandelssystems sein. Wir müssen es richtig machen. Um Investitionen in bahnbrechende Technologien zu unterstützen, müssen alle durch das EU-ETS generierten Einnahmen in die Wirtschaft zurückfließen, um Emissionsreduzierungen zu unterstützen. Wir stimmen mit der Kommission überein, dass die beschleunigte Einführung einer sauberen Wasserstoffwirtschaft für das Gelingen der Energiewende unerlässlich ist. Wie die jüngsten Daten der Kommission zeigen, ist die chemische Industrie der EU ein Vorreiter bei der Nutzung von Wasserstoff. Wir begrüßen daher die Aufstockung des Innovationsfonds sowie die Einführung zusätzlicher unterstützender Instrumente wie Carbon Contracts for Difference.“

VCI mahnt: „Vorbild sein reicht nicht!“

VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup sagte: „Keine Frage: Wir stellen uns der Herausforderung. Wir stehen damit aber vor der wohl größten Transformation der Wirtschaft seit Beginn der Industrialisierung. Es reicht nicht, nur Vorbild für die Welt zu sein. Es muss auch darum gehen, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit für Europa zu sichern. Das bedeutet, Unternehmen brauchen angesichts der massiven Mehrkosten für den Klimaschutz einen wirksamen Schutz vor unfairem Wettbewerb. Sonst droht statt einer klimaneutralen europäischen Industrie ein klimaneutrales Europa ohne Industrie.“

Die chemisch-pharmazeutische Industrie gehe den Weg Richtung Treibhausgasneutralität mit, könne das aber nur, wenn sie optimale Bedingungen in vielen der Bereiche vorfinde, die ‘Fit for 55’ erfasst. Bei den Vorschlägen der Kommission macht Wolfgang Große Entrup Sorgen, dass die bewährten Entlastungsregeln im EU-Emissionshandel stark zurückgefahren und stattdessen CO2-Grenzabgaben eingeführt werden sollen. Diese werden die exportorientierte chemisch-pharmazeutische Industrie im internationalen Wettbewerb aber nicht wirksam schützen, sagte der VCI-Hauptgeschäftsführer. Zudem seien sie schwer vereinbar mit den Regeln der Welthandelsorganisation und könnten so zusätzliche Handelsstreits provozieren.  Große Entrup: „Die Signale unserer internationalen Handelspartner sind eindeutig: Ein EU-Laborversuch mit Grenzsteuern ist gefährlich und schon jetzt zum Scheitern verurteilt.“

Positiv vermerkte Große Entrup, dass die EU-Kommission Verkehr und Gebäude nicht in den bestehenden EU-Emissionshandel integrieren möchte, sondern für diese Bereiche ein separates System schaffen wolle.  In vielen Detailregelungen sieht er dagegen noch Änderungsbedarf. So wolle die EU-Kommission mit der Erneuerbaren-Richtline (REDII) Unternehmen auch vorgeben, welchen Anteil an erneuerbaren Energien diese einzusetzen haben. Quotenvorgaben seien aber der falsche Ansatz, solange es viel zu wenig Erneuerbare gebe, so der VCI-Hauptgeschäftsführer: „Ambitionierte Ziele ohne eine ausreichende Menge an grüner Energie und die nötigen Netze: Das passt nicht zusammen. Die Politik steht jetzt in der Verantwortung, zeitnah ausreichend viel Grünstrom zu wettbewerbsfähigen Preisen zu mobilisieren. Nur so ist die Transformation zu bewältigen.“

Verbesserungen wünscht sich Große Entrup auch im Zusammenspiel der Maßnahmen im Klimaschutzpaket. So widerspreche die Energieeffizienzrichtlinie EED mit ihrem Ziel, Energie absolut einsparen zu wollen, weiter der Tatsache, dass klimaneutrale Technologien oft mehr Energie benötigen als fossilbasierte. Zudem müsse der EU-Beihilferahmen mitspielen, den die EU-Kommission aktuell überarbeitet. Große Entrup: „Viele der Fortschritte, die die Kommission im Klimaschutz anstoßen will, muss sie rechtlich jetzt auch möglich machen.“ Das EU-Beihilferecht sei entscheidend dafür, dass Unterstützung für die Transformation der Industrie, zum Beispiel über „Carbon Contracts for difference“, geleistet werden könne. 

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