Warum Betriebswirtschaft?
Motive für die betriebswirtschaftliche Weiterbildung zum Geprüften Wirtschaftschemiker (GDCh)
Betriebswirtschaftliche Aspekte spielen in allen Branchen, die in einem Wettbewerbsumfeld bestehen müssen, eine erhebliche und oftmals zunehmende Rolle. Dies gilt ohne Ausnahme auch für die chemische und pharmazeutische Industrie.
In Abgrenzung zu vielen anderen Branchen ist die Produktentwicklung in der chemischen und pharmazeutischen Industrie in einem besonderen Maße durch fachspezifische, d.h. insbesondere naturwissenschaftliche Erkenntnisse gekennzeichnet. Die Basis für langfristig erfolgreiche Unternehmen bilden daher bestmöglich ausgebildete Mitarbeiter, aus unterschiedlichen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse spielen jedoch in der akademischen Ausbildung dieser Mitarbeiter keine oder nur eine rudimentäre Rolle.
Eine stichprobenartige Durchsicht von Studienverlaufsplänen zum Bachelor of Science Chemie zeigt, dass Betriebswirtschaft im Studium weitgehend ausgeklammert wird. Obwohl dies aufgrund des fachspezifischen Stoffumfanges verständlich erscheint, wird dabei vernachlässigt, dass die meisten Studierenden nach Studienabschluss in der chemischen Industrie tätig sind und somit zwangsläufig mit betriebswirtschaftlichen Themen konfrontiert werden.
Die Erfahrung zeigt, dass naturwissenschaftlich ausgebildete Fach- und Führungskräfte diese Problematik erkennen und in vielen Fällen entsprechend reagieren. Die Teilnahme an betriebswirtschaftlich ausgerichteten Fort- und Weiterbildungsprogrammen verdeutlicht den dazugehörigen Erkenntnisprozess. Von besonderem Interesse ist die Frage, welche konkreten Gründe Naturwissenschaftler in der chemischen Industrie veranlassen, sich berufsbegleitend fortzubilden. Für eine nähere Analyse wurden über fünfzig Teilnehmer des Fachprogramms „Geprüfter Wirtschaftschemiker (GDCh)“ hierzu befragt. Die Befragung ergab vier wesentliche Motive, die zu der Bereitschaft führen, sich intensiver mit betriebswirtschaftlichen Themen auseinanderzusetzen: Kommunikation, Argumentation, Karriereentwicklung und Selbstständigkeit.
Kommunikation
Die hauptsächlich aus dem industriellen Umfeld stammenden Teilnehmer sind es gewohnt, interdisziplinär mit anderen Abteilungen zusammen zu arbeiten. Oftmals handelt es sich dabei um betriebswirtschaftlich orientierte Abteilungen, wie bspw. das Controlling. Zum tieferen Verständnis betriebswirtschaftlicher Informationen fehlt naturwissenschaftlich ausgebildeten Fach- und Führungskräften jedoch das betriebswirtschaftliche Vokabular sowie ein Überblick über die grundlegenden ökonomischen Zusammenhänge. Diese Defizite sollen dann im Rahmen der beruflichen Fort- und Weiterbildung behoben werden.
Argumentation
Sind die grundlegenden betriebswirtschaftlichen Begriffe und Strukturen bekannt, so entsteht darauf aufbauend das Bedürfnis, sich auch argumentativ auf Augenhöhe auseinandersetzten zu können. Die Seminarteilnehmer möchten betriebswirtschaftliche Aspekte und Argumente, die vorher als „Black Box“ wahrgenommen wurden, hinterfragen und darüber hinaus für eigene Argumentationsketten verwenden. Damit einhergehend verändert sich die eigene Rolle vom passiven, reagierenden Informationsempfänger hin zum aktiven, agierenden Gestalter.
Karriereentwicklung
Der typische Karrierepfad eines Naturwissenschaftlers in der chemischen Industrie entwickelt sich von komplexen, fachspezifischen Aufgabenstellungen über die Zeit hin zur zunehmenden Übernahme von Managementaufgaben. Die ursprüngliche Fachausbildung verliert somit tendenziell an Bedeutung. Der Einfluss interdisziplinärer und betriebswirtschaftlicher Kenntnisse und Fähigkeiten nimmt im Gegensatz deutlich zu. Ab einer bestimmten Karrierestufe kann daher für die weitere Entwicklung eine Auseinandersetzung mit betriebswirtschaftlichen Themen nahezu als zwingend angesehen werden.
Selbstständigkeit
Eine kleine aber relativ konstante Minderheit der Seminarteilnehmer wird durch weitergehende Ambitionen gekennzeichnet. Die Angehörigen dieser Gruppe planen in der Zukunft das Angestelltenverhältnis aufzugeben und eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit aufzunehmen. Einige Teilnehmer haben den Schritt in die Selbständigkeit auch bereits in der jüngeren Vergangenheit getätigt. In beiden Fällen ist klar, dass betriebswirtschaftliche Aufgaben nicht vollständig an Spezialabteilungen, besonderes qualifizierte Mitarbeiter oder externe Dienstleister delegiert werden können. Zumindest teilweise müssen diese von den Unternehmensgründern übernommen und erfolgreich ausgeführt werden.
Die Motive, sich als Naturwissenschaftler intensiver mit der Betriebswirtschaft auseinander zu setzen, sind also vielfältig. Genau so vielfältig ist das Angebot an potenziellen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Einen besonderen Stellenwert hat in den letzten Jahren die Zertifizierung als „Geprüfter Wirtschaftschemiker GDCh“ erlangt. Dieses Fortbildungsprogram für Fach- und Führungskräfte der chemischen Industrie besteht aus sechs zweitätigen Kursmodulen sowie einem optionalen Vorbereitungskurs (siehe Kasten). Die Module ermöglichen einen umfassenden und tiefgehenden Einblick in wesentliche Gebiete der Betriebswirtschaft, wie Strategisches Management, Marketing, Management von Forschung und Entwicklung, Controlling, Rechnungswesen sowie Personal- und Projektmanagement. Das gesamte Programm kann in einem Jahr oder über zwei Jahre verteilt abgeschlossen werden. Die bisherigen Absolventen des Programms bestätigen die Eignung des Konzeptes für die berufliche Praxis und die individuelle Karriereentwicklung. Das erreichte Verständnis für betriebswirtschaftliche Problemstellungen und die neu gewonnene Möglichkeit an betriebswirtschaftlich orientierten Diskussionen aktiv zu partizipieren werden regelmäßig besonders hervorgehoben.