Vom kleinen Webmodul bis zum Großgebläse-Baukasten
Aerzener Maschinenfabrik zündet in Hannover ein Feuerwerk von Neuheiten
Detailverbesserungen, neue Aggregaten und ein neues Systemangebot zur Störfallüberwachung und vorausschauenden Instandhaltung hat Aerzen in Hannover vorgestellt.
Heutige Fertigungssysteme bzw. Produktionsprozesse gehen mit immer aufwändigeren Strukturen und komplexeren Automatisierungskonzepten einher. Störungen oder gar Ausfälle von Druckluftsystemen können in diesem Umfeld zumeist hohe Folgekosten nach sich ziehen. Stillstände sollten wenn möglich so früh erkannt werden, dass ein Handeln möglich ist, bevor ein unerwarteter Ausfall eintritt. In Anbetracht der Industrievision Industrie 4.0 steigen grundsätzlich die gegenwärtigen Kundenerwartungen im Bereich Prozess-Monitoring.
Systemoptimierung durch Process Monitoring
Das neue Hardwaremodul Webview ermöglicht zusammen mit der kommunikationsfähigen Steuerung Aertronic Druckluft-Aggregate in die Produktions- und Fertigungsschnittstellen des Kunden einzubinden und von jedem Punkt der Welt jederzeit über einen html5-fähigen Webbrowser Betriebs- bzw. Servicedaten abzurufen. Warn- oder Störmeldungen der Gebläse oder Verdichter werden per Email an die relevanten Stellen weitergegeben. Dadurch können etwaige Störungen frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen zeitnah eingeleitet werden.
Ein intuitives Bedienkonzept, wie auch das benutzerfreundliche Interface, geben schnell Aufschluss über die wichtigsten Messwerte des Aggregats wie z. B. Druck, Temperatur sowie Parameter zu Betriebs- und Wartungsintervallen. Wahlweise lassen sich Messwerte auch in grafischer Form für frei konfigurierbare Zeiträume auswerten. Sämtliche Prozessdaten werden auf einer im Webservermodul integrierten SD Karte gespeichert. Diese Daten sind dann gezielt abrufbar; sie können vom Kunden über das Intranet bzw. Internet ausgelesen und lokal ausgewertet werden. Nach expliziter Freigabe durch den Kunden können auch die Servicetechniker aus Aerzen mit Hilfe dieser ausgelesenen Daten aktiv werden und bei der Behebung von Störungen unterstützen. Auch Signalmeldungen können nach Bedarf frei wählbar als Alarm oder Fehlermeldung an den gewünschten Empfänger versandt werden. Im Prinzip erhält der Kunde einen Remote-Zugriff auf sämtliche Daten, die in der Steuerung zur Verfügung stehen. Dazu gehören auch Daten zur Schwingungsanalyse, Ölstände oder der Systemdruck des Kunden – sofern diese Optionen im Lieferumfang enthalten sind.
Eine Nachrüstung mit Webview bei bestehenden Anlagen mit Aertronic ist möglich. Für die Kommunikation mit anderen System oder Leitwarten kann die Aertronic neuerdings auf den neuen ethernetbasierten Standard für die Automatisierung, die Profibus-Nachfolgeschnittstelle Profinet von Siemens zurückgreifen.
Grossgebläse-Baukastensystem sorgt für Prozessluft mit System
Einem großen Knall folgte unter Konfettiregen die Enthüllung einer neuen Großgebläse-Serie. Mit 104 Modellvarianten des „Alpha Blower will Aerzen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Robustheit und Langlebigkeit neue Massstäbe im Bereich der Prozessluftstufen setzen.
Die Großgebläse sind nahezu universell einsetzbare Drehkolbengebläse. Sie erreichen Volumenströme von bis zu 77.000 m3/h bei einem maximalen Überdruck von 1.000 mbar und einem maximalen Unterdruckbereich von – 800 mbar. Die Gebläsebaureihe wird dabei in den anspruchsvollsten Bereichen und Anwendungen eingesetzt. Beispielsweise in der Gasherstellungsindustrie zur Sauerstoffproduktion oder in Bereichen der Zement-, Lebensmittel- und Chemieindustrie zur pneumatischen Förderung von Schüttgütern.
Mit nur vier verschiedenen Profilgrößen kann durch die Längenänderung des Zylinders auf eine Modellvarianz mit 26 Maschinen zurückgegriffen werden. Außerdem kann der Kunde, je nach Anwendungsgebiet und Aufstellungsort, zwischen zwei- und dreiflügeligen Rotoren sowie horizontaler und vertikaler Förderrichtung wählen. Damit wächst die Modellvielfalt des Alpha Blowers auf insgesamt 104 Varianten.
Besonders innovativ zeigt sich der Alpha Blower bei den Maßnahmen zur Reduzierung der Rohrschallemissionen: Während bei dreiflügeligen Gebläsen auf die bewährte Technologie der Interferenzkanäle zur Pulsationsabschwächung zurückgegriffen wird, gestaltet sich die Auslasskontur bei der zweiflügeligen Version in einem komplett neuen Design. Durch die Verwendung des Multi-Flow-Prinzips zur Reduzierung der Luftverwirbelungen in Verbindung mit einem eingebrachten Softeinlass, der wiederum die Pulsationen reduziert, lässt sich der Rohrschall stark vermindern. Dank der neuen Airsilence-Technologie, lassen sich sogar nachgeschaltete Schalldämpfer kleiner dimensionieren. Airsilence funktioniert dabei nach dem Prinzip der Differenzdruckabschwächung. Dabei wird der Druck im Förderraum durch eine Aufladung erhöht und die Druckdifferenz zur Systemseite künstlich reduziert.
Schallschutz nach Maß mit reaktiven Schalldämpfern
Um die Lärmemissionen auf der Druckseite seiner Schraubenverdichter, Drehkolbengebläse und Drehkolbenverdichter zu senken setzt der Maschinebauer aus Aerzen auf reaktive Schalldämpfer, die klassischen Absorptionsschalldämpfern in vielerlei Hinsicht überlegen seien.
Die auf der Druckseite eines Delta Screw Verdichters entstehenden Schallwellen können durchaus 170 bis 190 dB erreichen. Ein nachgeschalteter Schalldämpfer ist deshalb wie bei allen handelsüblichen Verdichtern obligatorisch. Die auftretenden hohen Frequenzen der Schallwellen führen zu starken Schwingungskräften, die sich auch auf die Rohrleitungen und das Dämmmaterial in herkömmlichen Absorptionsschalldämpfern schädigend auswirken. Die sogenannte Mikroreibung ermüdet mit der Zeit das Filtermaterial und kann selbst Edelstahl langfristig schädigen. Die Folgen sind abnehmende Wirksamkeit des Schalldämpfers und der Abtrag feinster Partikel. Diese kontaminieren die Prozessluft können zum Beispiel in der Lebensmittelproduktion zu Hygienerisiken führen oder die feinporigen Belüftungselemente im Belebungsbecken einer Kläranlage zusetzen. Es müssen also nachgelagerte Filter eingesetzt werden, die zu Druckverlusten, niedrigerem Wirkungsgrad, geringerer Energieeffizienz und erhöhtem Wartungsaufwand führen.
Bei den Reflexionsschalldämpfern wird durch ein spezielles Rohrsystem ein definierter Gegenschall erzeugt, der die Schallwellen zeitversetzt überlagert und damit neutralisiert. Dazu muss die Schallführung mit variierenden Rohrlängen und -durchmessern exakt auf die jeweilige Schallquelle ausgelegt werden. Bei Förderanlagen für Prozessgase werden die Aggregate ohnehin immer speziell für die jeweilige Anwendung entwickelt werden und der Schalldämpfer ist immer ein individuelles Einzelstück. Inzwischen stattet Aerzen auch die direktangetriebenen Schraubenverdichter mit reaktiven Schalldämpfern aus. Die abgestimmten Module verschleißen nicht, sind wartungsfrei und entsprechen den internationalen Standards PED und ASME. Das vorausschauende Atex-Konzept sieht hier bereits eine TÜV geprüfte Lösung vor. Eine integrierte Funkensperre verhindert ein Überspringen der im Störfall entstandenen Funken in die gefährdete Zone. Bauseitige Funkensperren können vollständig entfallen.