Service statt Masse – Eine Strategie in der Chemiedistribution
Interview mit Manuel und Nikolaus Fischer Bothof, A. + E. Fischer-Chemie
Die A. + E. Fischer-Chemie hat sich gemeinsam mit seiner Zweitniederlassung Theo - Seulberger in Karlsruhe auf Dienstleistungen rund um den Handel und den Export von Chemikalien im In- und Ausland spezialisiert. Als konzernunabhängiges Familienunternehmen ist es dabei extrem wichtig, sich auf dem Markt von der Vielzahl anderer Anbieter zu differenzieren und das richtige Dienstleistungspaket zu schnüren. Mit welcher Strategie und welchem Angebot dies dem Chemiedistributeur gelingt, wollte CHEManager von Manuel und Nikolaus Fischer-Bothof, beide Geschäftsführer der A. + E. Fischer-Chemie, wissen. Die Fragen stellte Dr. Birgit Megges.
CHEManager: Herr Fischer-Bothof, in den letzten Jahrzehnten hat sich das Tätigkeitsfeld der Chemiehändler immer mehr von reinen Händlern zu Servicedienstleistern entwickelt. Können Sie bestätigen, dass Sie Ihr Serviceangebot in den letzten Jahren verstärkt erweitert haben?
M. Fischer-Bothof: Die Tätigkeit eines Chemikalienhändlers hat sich schon seit langem vom reinen Anbieten von Chemikalien zu einer Dienstleistung am Kunden weiterentwickelt.
Nicht zuletzt das damalige Scheitern der vielen elektronischen Plattformen zu Beginn der Internet-Euphorie, die den gewerblichen Endverbraucher nur einfach die Chemikalie zur „Verwendung auf den Hof" stellen wollten, ist Beweis genug dafür, dass der heutige Kunde einfach mehr verlangt.
Als Unternehmen unserer Größenordnung würden wir nicht so erfolgreich am Markt tätig sein, wenn wir nicht schon viel früher den Servicegedanken gemäß dem Motto „ Service von Anfang an...." zum Mittelpunkt unseres Handels gemacht hätten. Und dieser Servicegedanke bezieht sich nicht nur auf den Kontakt zum Kunden, sondern ist gleichermaßen wichtig für die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit unseren Prinzipalen.
Welche Dienstleistungen sind für Ihre Kunden besonders interessant?
M. Fischer-Bothof: Dass heutzutage eine bestellte Chemikalie sicher und spezifikationsgerecht beim Kunden angeliefert werden muss, klingt nach einer Selbstverständlichkeit, ist aber leider nicht immer der Fall. Das liegt aber zum Teil daran, dass der Transport allein externen Dienstleistern überlassen wird.
Wir setzen bewusst auf unseren eigenen Fuhrpark mit unseren Mitarbeitern, die schon seit über 25 Jahren „unseren Fuhrpark bewegen". Überhaupt ist diese Konstanz bei der Mitarbeiterbeschäftigung ein Merkmal, welches unsere Kunden/Produzenten besonders schätzen. Aufgrund unserer Schnelligkeit und Beweglichkeit sind wir in der Lage, solche Kunden zu bedienen, die eben nicht mit der reinen Abwicklung eines Standardauftrags zufrieden sind. Ein hochwertiger Qualitätsstandard, großzügige Lagerhaltung, sichere Transportkapazitäten, Innovationsfreude, der ständige Dialog mit Lieferanten und Kunden und nicht zuletzt der sichere Umgang mit chemischen Produkten sind die wesentlichen Aspekte unseres Dienstleistungspakets.
Um Ihre Kapazitäten zu erweitern, haben Sie in diesem Jahr den Bau einer neuen Feststoffhalle fertig gestellt. Wie ist die neue Halle aufgebaut?
N. Fischer-Bothof: Unsere neue Halle, mit einer Größenordnung von 400 m2, ist in vier Lagerabschnitte unterteilt. Jeder Hallenabschnitt verfügt über einen Boden, der zur Lagerung von Produkten der Wassergefährdungsklasse 2 zugelassen ist. Die flächendeckende Brandmeldetechnik erlaubt eine Lagerung von brennbaren Stoffen. Die Einzelabschnitte sind als Wanne ausgebildet und dienen somit als Löschwasserrückhaltebecken.
Neben unseren Gasen, abgepackten Lösemitteln und unserem Lagerabschnitt für spezielle Evonik-Produkte verfügen wir in unserem vierten Abschnitt über eine Füllstation, die wir für die Abfüllung von Produkten nutzen, die eine besondere Vorschrift hinsichtlich der Reinheit bei der Abfüllung verlangen. Dieser Lagerabschnitt selber dient auch dafür, die dann abgefüllte oder, die bei der Anlieferung bereits abgepackte Ware gemäß der HAACP/GMP-Bedingungen maßgerecht zu lagern.
Neben den Veränderungen im Dienstleistungssektor ist auch die fortschreitende Internationalisierung ein ständiges Thema. In welchen Märkten sind Sie bislang aktiv?
M. Fischer-Bothof: Wir konzentrieren uns schon seit längerem erfolgreich darauf, gemeinsam mit unseren Partnern im deutschen Anlagenbau spezielle chemische Produkte ins europäische Ausland, nach Mittel-Afrika, Saudi Arabien und Fernost zu exportieren. Hierbei steht vorwiegend die Trinkwasseraufbereitungsbranche im Mittelpunkt.
Haben Sie im Ausland dafür Ihre eigenen Auslandsvertretungen?
M. Fischer-Bothof: Nein, gemäß unseres „Huckepack-Prinzips", für welches wir im Jahr 2011 für den Hessischen Export-Preis nominiert wurden, bedienen wir auch solche Märkte mit unseren Produkten, ohne dort mit einer teuren Auslandsvertretung vertreten zu sein. Das gelingt, indem wir ausländische Produktionsstandorte deutscher Unternehmen beliefern.
Welche Leistungen bieten Sie im „Huckepack-Prinzip" an?
N. Fischer-Bothof: Wir verstehen darunter die kompetente Beratung im Bereich Chemie bei der Projektausstattung für den Anlagenbau. Hier soll dem Kunden alles aus einer Hand angeboten werden. Neben der reinen Beschaffung der benötigten Chemikalien wird die Auswahl der optimalen Verpackung getroffen, welche die Besonderheiten der Verbrauchsstelle berücksichtigt. Gleichzeitig wird die see- bzw. luftfrachtmäßige Verpackung in Holzkisten oder die seemäßige Stauung der Produkte in 20- oder 40-Fuß-Container in unserem Lager Wiesbaden vorgenommen.
Werden Sie Ihre Aktivitäten weiterhin nach diesem Prinzip ausweiten?
N. Fischer-Bothof: Wir haben diese Strategie inzwischen insofern weiter ausgebaut, dass wir noch zusätzlich solche Aufträge ins Ausland für chemische Produzenten abwickeln. Solche Produzenten sind daran interessiert, dass wir Ihre chemischen Produkte in der vom Kunden besonders gewünschten Verpackung an den richtigen Verwendungsort liefern bzw. die Lieferung den rechtlichen Bestimmungen hinsichtlich Labelung und Transport anpassen. Gleichzeitig scheut man bei unseren Kunden die zeitintensive, umfangreiche Prüfung der Ausfuhrregularien und vertraut uns gerne bei dieser Aufgabe. Insofern steht auch hier wieder mehr die Dienstleistung im Vordergrund und nicht das Produkt allein.
Welche Märkte werden für Sie in den nächsten Jahren am attraktivsten sein?
M. Fischer-Bothof: Wir sind überzeugt, das sich die Situation in Nordafrika langfristig wieder stabilisiert. Besonders Libyen mit seinen umfangreichen Ölvorkommen wird zu einem interessanten Gesprächspartner für den deutschen Analgenbau - und somit auch für uns - in Zukunft wieder werden. Gleichzeitig werden wir uns auch im Trinkwasseraufbereitungsmarkt im deutschen Inland noch mehr als bisher engagieren. Außerdem will ich eine zusätzliche Ergänzung unseres Firmenverbunds durch einen Zukauf ebenfalls nicht ausschließen.
Welche Rolle spielt Ihre Zugehörigkeit zur Penta-Gruppe für Ihre fortschreitende Internationalisierung?
N. Fischer-Bothof: Penta ist für uns als mittelständisches Chemikalienunternehmen in mehrerer Hinsicht wichtig. Penta versorgt uns zum einen mit chemischen Produkten im Inland und bietet uns mit seinen eigenen Mitarbeitern die Möglichkeit, chemischen Produkte via Penta aus Fernost zu beziehen, die spezifikationsgerecht, fristgerecht geliefert, preislich für uns interessant sind, und aus einer verlässlichen Quelle kommen .
Unabhängig davon ist Penta auch für uns im Bereich der strategischen Beschaffungsprojekte, dem Single Sourcing, ein wichtiger Partner. Größere Unternehmen gehen mehr und mehr dazu über, den größten Teil der chemischen Produkte, die sie im Einkauf erwerben, auf einen oder wenige Lieferanten zu verteilen, um durch die Mengenbündelung Kostenvorteile zu erzielen. Diese zum überwiegenden Teil international ausgeschriebenen Projekte können durch die vorwiegend regional agierenden Pentisten nicht optimal bedient werden. Hier tritt Penta mit seinem Netzwerk als ein „Hub" in Aktion, um das Angebot seiner Kooperationspartner zu bündeln.
Zum Abschluss noch eine strategische Frage: Sie haben einmal gesagt: „Wir müssen uns um das kümmern, was die anderen liegen lassen oder gar nicht kennen." Ist das die Strategie, die Sie verfolgen und letztendlich Ihrer Meinung nach der Weg, den alle KMU gehen müssen, um auf dem Markt Bestand zu haben?
M. Fischer-Bothof: Zweifelsohne ist dies eine Überlebensstrategie für KMU unserer Größenordnung. Mit den großen Anbietern im Markt können wir mit der Massenstrategie nicht konkurrieren. Wir müssen uns viel mehr auf Marktnischen - wie beispielsweise bei unseren Exportaktivitäten - konzentrieren. Geschäfte also, die von den globalen Anbietern als uninteressant und wenig erfolgversprechend angesehen werden.
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