Personal & Karriere

Personaleinsatzplanung mit Arbeitszeit 4.0 – Warum stoßen traditionelle Schichtsysteme an ihre Grenzen?

Starre Schichtsysteme verfehlen die sozialen Belange der Mitarbeiter

06.05.2021 - Arbeitszeit 4.0 und Personaleinsatzplanung, wie geht das? Lesen Sie dazu die Kolumne des Workforce Management Experten Benjamin Saure, Product Owner Workforce Management, bei Inform.

Arbeitszeit 4.0 und Arbeitszeitflexibilität gehören zusammen. Darüber besteht Konsens, genauso wie über die Gründe und den Nutzen. Dennoch machen moderne Arbeitszeitformen oft vor Schichtbetrieben halt. Statt flexibler Arbeitszeitmodelle überwiegen starre Schichtsysteme, Flexibilisierung beschränkt sich auf zusätzliche freie Tage. Das gilt vor allem bei vollkontinuierlicher Produktion an 24 h täglich und sieben Tagen wöchentlich. Typisch sind 3-Schichtsysteme mit 8-h-Schichten und durchschnittlich fünf Einsätzen pro Woche und Mitarbeiter.

Implizit geht das Modell von einer festen Vollarbeitszeit aus. Mitarbeiter mit dauerhaft oder temporär reduzierter Sollarbeitszeit (z. B. Leistungsgeminderte, über 55-Jährige oder Teilzeitkräfte) erhalten zum Ausgleich mehr freie Tage, folgen aber demselben Schichtrhythmus.

Das Verfahren ist historisch gewachsen und geht implizit davon aus, dass ein fixer Kapazitätsbedarf (nach Arbeitskräften/operativer Arbeitszeit) mit einer fixen Bereitstellung von Arbeitszeit bedient werden kann bzw. muss. Das klingt einfach und logisch, ist es aber nicht. Denn für die Planung der Ressource „Personal“ (= Arbeitszeit) gelten einige Besonderheiten.

Zum einen entspricht die operativ einsetzbare Arbeitszeit nicht der vertraglichen Wochenarbeitszeit. Vielmehr beträgt das operativ nutzbare Arbeitszeitkontingent durchschnittlich nur 72% bis 78 % des vertraglichen Volumens, denn Feiertage, Urlaub, Krankheit und Weiterbildung sind abzuziehen. Somit ist die durchgehende Verwendung von 8-h-Schichten nur scheinbar eine gute Lösung. Zum anderen ist die operativ einsetzbare Arbeitszeit keine konstante Größe, denn Krankheit und Urlaub sind im Wochen- und Jahresverlauf ungleichmäßig verteilt. Insofern ist die Bereitstellung einer fixen operativen Arbeitszeitkapazität gar nicht möglich, selbst wenn starre Schichtsysteme dies suggerieren. Operativ sorgen sie wahlweise für ineffiziente Überdeckungen oder Engpässe, die im besten Fall aufwändig auszugleichen sind.

Der größte Unterschied zwischen Produktions- und Personaleinsatzplanung ergibt sich aus den geplanten Produktionsfaktoren. Bei der Personaleinsatzplanung (PEP) geht es um die Verteilung der Arbeitszeit von Mitarbeitern. Diese unterliegt besonderen gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Bestimmungen, die zahlreiche gesundheitliche und soziale Aspekte betreffen. Dazu gehören z. B. Pausenzeiten, Mindestruhezeiten (insbesondere nach Nachtschichten oder langen Schichtblöcken), freie Tage und Wochenenden, Kompensationstage, Urlaub und Weiterbildung.

Die Schichtergonomie spielt eine große Rolle, um negative Folgen der Schichtarbeit auf Gesundheit und soziales Leben abzufedern. Laut § 6 (1) ArbZG gilt: „Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.“

Starre Schichtsysteme, die nur durch zusätzliche freie Tage flexibilisieren, verfehlen die sozialen Belange der Mitarbeiter und erlauben keine echte lebensphasengerechte Arbeitszeitgestaltung. Flexible Arbeitszeiten verlangen nach flexiblen Arbeitszeitmodellen. Zwar steigt die Komplexität der Personaleinsatzplanung, geeignete Planungsverfahren und spezialisierte PEP-Software sind dafür aber bestens geeignet.

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