InfraServ Wiesbaden baut trotz Corona-Pandemie
Im Industriepark Kalle-Albert entstehen Großprojekte
Regelmäßig und wenn notwendig ad hoc werden in diesem Gremium Informationen ausgetauscht und Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge und zum gesicherten Industrieparkbetrieb während der Pandemie besprochen und umgesetzt.
Auch der Transfer standortübergreifender Informationen an die etwa 6.000 Beschäftigten im Park zählt zu den Aufgaben des Stabs. Von Ende Januar bis Mitte Mai wurden allein 30 Industriepark-Newsletter über Hygiene-, Distanz- und andere Vorsorgemaßnahmen im Zusammenhang mit Corona zirkuliert – und ein neuer Push-Mail-Service auf der Industriepark-App installiert. Unter den Newslettern waren auch Hinweise auf die positiven Covid-19-Fälle bei Standortfirmen – verknüpft mit detaillierten Erläuterungen zu den dahinterstehenden Melde- und Maßnahmenketten, um auf Basis hoher Transparenz das Vertrauen der Belegschaften und der Nachbarschaft zu erhalten. Dass es bis Mitte Mai im Industriepark nur fünf bestätigte Covid-19-Fälle gab, spricht dafür, dass die eingeleiteten Maßnahmen erfolgreich waren.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie-Situation sind im Industriepark bislang überschaubar. Die von der ISW gewährleistete Energieversorgung lag in den ersten vier Monaten des Jahres nur leicht unter dem Verbrauchsniveau des Vorjahres – ein Indiz für die anhaltend starke Produktionstätigkeit am Standort. Dazu passt, dass die Tochtergesellschaft ISW-Technik mit Werkstätten und breitem Angebotsportfolio – von der Anlagenplanung über deren Bau bis hin zu ihrer Wartung und Instandhaltung – in diesem Zeitraum gut ausgelastet war. Die IT-Experten der ISW-Gruppe konnten ihre Geschäftstätigkeit durch den allseits diskutierten „Digitalisierungsschub“ sogar ausbauen.
Pandemiefolgen
Nur vereinzelte Produktionsbetriebe im Industriepark haben sich bislang mit temporärer Unterauslastung arrangieren und Teile ihrer Belegschaft in Kurzarbeit schicken müssen. Hier sind Wertschöpfungsketten betroffen, die die weltweiten Pandemiefolgen unmittelbar zu spüren bekamen. Andere Betriebe, die für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie sowie Hygienebranche produzieren oder Dienstleistungen in diese Richtungen bieten, erleben teilweise eine überdurchschnittliche Auslastung ihrer Anlagenparks. Unterm Strich sind die Lieferketten inklusive der Rohstoffversorgung in Takt geblieben. Ungewiss ist jedoch, wie sich die Verlangsamung der Weltwirtschaft ab dem zweiten Halbjahr 2020 auf die einzelnen Betriebe und die daran anknüpfenden Dienstleitungsgewerke auswirken wird.
Zur Aufrechterhaltung des Industrieparkbetriebs in Pandemie-Zeiten war von einigem ISW-Abteilungen besonderes Engagement gefragt. Der Werkschutz implementierte Maßnahmen zur Personenvereinzelung an der Lkw-Abfertigung und verschärfte die ohnehin strengen Zutrittsbeschränkungen zum Areal. Gute 10.000 Lkw wurden allein im März und April abgefertigt. Aufgrund der Vorsorgemaßnahmen entstanden für die Anlieferer allerdings zum Teil lange Wartezeiten – und es war entsprechendes Argumentationsgeschick vonnöten, um Verständnis für die Lage zu gewinnen. Wie andere „kritische“ Abteilungen und Betriebe definierte auch die ISW-Lagerwirtschaft Mitarbeiter mit Schlüsselfunktionen und schickte diese abwechselnd in die mobile Arbeit nach Hause, um bei etwaigen Infektionseinträgen eine „Notmannschaft“ einsatzbereit zu haben und Standortkunden dringend benötigte Paletten mit Rohstoffen zustellen oder einzelne Fertigwaren für den Versand an deren Kunden startklar machen zu können. Zum Glück musste bislang jedoch noch kein Notfallplan im Industriepark aktiviert werden.
Neubaten trotz Corona
Der Corona-Pandemie fiel dagegen aber ein Einweihungsfest zum Opfer: Anfang April wurde im Industriepark ein neues Gefahrstofflager mit 2.500 Palettenstellplätzen fertiggestellt. Statt feierlichen Ansprachen und Besichtigungen für Vertreter aus Politik und Medien wurde das Lager nach einer Bauzeit von nur neun Monaten von der ISW-Lagerwirtschaft eher „sang- und klanglos“ in Betrieb genommen. Hintergrund der Baumaßnahme waren Neuerungen im Chemikaliengesetz, Wasserhaushaltsgesetz und beim Brandschutz, die es erforderlich machten, bestimmte Stoffe, die seit Jahren im Industriepark sicher gelagert und bewegt werden, in einem mit zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen ausgestatteten Lagerraum unterzubringen. Das neue Gefahrstofflager ist mit umfangreicher und modernster Sicherheitstechnik ausgestattet. Das zweite, bereits seit 1990 betriebene Gefahrstofflager im Osten des Industrieparks verfügt über weitere 2.000 Palettenstellplätze.
Die Hoffnung ist jetzt, nach Fertigstellung eines zweiten aktuell laufenden Großprojekts im Industriepark eine gebührende Feierstunde abhalten zu können: Mit der umfangreichen Modernisierung des Kraftwerks im Industriepark hat der Standortbetreiber vergangenes Jahr die bislang größte Infrastrukturinvestition mit einem Volumen von 90 Mio. EUR eingeleitet. Im Süden des Parks entsteht ein neues Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerks (GuD). Die technische Inbetriebnahme der ersten Gasturbinen-Kessel-Kombination ist für Ende 2020 geplant, der kommerzielle Vollbetrieb soll ab Mitte 2021 starten.
Trotz Corona erreicht die Großbaustelle Meilenstein um Meilenstein fristgerecht: Die finale Bauhöhe der mehrgeschossigen Stahlbaukonstruktion für das neue Kesselhaus wurde Ende des ersten Quartals mit 36 m erreicht. Insgesamt wurden seit Ende Dezember rund 800 t Stahl verbaut. Im März 2020 begann die Montage der Einzelteile für die zwei neuen Dampfkessel. Die Module wurden ab April mithilfe eines hydraulischen Litzenhubsystems in das Kesselhausgerüst eingebracht. Auf die Kesselelemente werden später noch die Schornsteine obenauf gesetzt, die am Ende 60 m in die Höhe reichen werden.
Ermöglicht wird der zügige Baufortschritt durch die umsichtige Koordination des Geschäftsbereiches Ver- und Entsorgung sowie die große Flexibilität und Einsatzbereitschaft der ausführenden Baufirmen. Aufgrund der Reisebeschränkungen und Quarantänevorschriften bei Grenzübertritten verzichteten die zum Teil aus dem Ausland stammenden und Anfang 2020 eingereisten Stahlbau-Arbeiter sogar bis zur Fertigstellung der Stahlbaukonstruktion des neuen Kesselhauses auf Heimaturlaube. Eine weitere Firma startete im Anschluss mit der Montage der beiden Brennkessel. Die Fach- und Hilfskräfte kommen zum Teil ebenfalls aus dem Ausland und waren einige Wochen nicht zuhause. So hoffen viele unterschiedliche Player im Industriepark Wiesbaden auf anhaltende Lockerungen der Pandemievorschriften und eine stabile Gesundheitslage.
Cornelia Lentge, InfraServ Wiesbaden, Leiterin Umweltschutz und Nachhaltigkeit (ESHA)
„Im Lenkungsstab Pandemie im Industriepark Wiesbaden geht es um die jeweilige Lageeinschätzung und daraus abgeleiteter Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge. Die Mitglieder des Stabes waren schnell definiert, und es gab sofort ein gemeinsames Verständnis, dass wir als Industrieparkbetreiber die führende Rolle einnehmen sollten. Wir konnten darauf aufsetzen, dass Produktions- und Versorgungsbetriebe ohnehin auf jede Art von denkbaren Stör- und Notfällen vorbereitet sind und entsprechende Situationen regelmäßig trainieren. Damit alle Einheiten aber auch in einer sich verschärfenden Personalsituation ihren jeweiligen Aufgaben nachkommen können, wurden Pläne erarbeitet, besprochen und da wo notwendig aufeinander abgestimmt. Die deutliche Verringerung von Infektionsrisiken durch technische, organisatorische und personelle Maßnahmen war und ist zentraler Bestandteil Teil der Business Continuity Planung.
Unterm Strich kam die Etablierung des Lenkungsstabs Pandemie im Februar rechtzeitig. Wir waren jederzeit in der Lage, geordnet zu handeln, statt von Ereignissen überrollt zu werden. Hilfreich war natürlich auch, dass zum Teil Pandemiepläne aus der Vergangenheit vorlagen und dass die Verbände und zuständigen Behörden bis heute vielfältig unterstützen. Wir erleben aktuell im Industriepark, wie stark wir aufeinander angewiesen sind und dass wir gemeinsam sehr schnell Lösungen finden können. Unser starkes Teamwork macht sich bezahlt.“
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