GETEC bietet mehr als Energie
GETEC erweitert Angebot für Industrieparks um Infrastrukturdienstleistungen
In der 1993 gegründeten GETEC Gruppe sind unter dem Dach der Konzernmuttergesellschaft inzwischen sechs Tochtergesellschaften samt Beteiligungen vereint. Eine davon, GETEC Heat & Power, erweitert nun ihr Dienstleistungsangebot für Industrie- und Chemieparks: Mit der neuen Sparte „GETEC Infra“ übernimmt das Magdeburger Unternehmen nicht nur die Energieversorgung, sondern auch Dienstleistungen wie Netzinfrastruktur, Logistik, Feuerwehr, Wachschutz, den Umgang mit Gefahrstoffen und vieles mehr. CHEManager befragte Vorstandssprecher Volker Schulz zu den Aufgaben und Zielen des neuen Geschäftsfelds.
CHEManager: Herr Schulz, aus welchen Gründen ist es für einen Energiedienstleister interessant Standortbetreiber zu werden?
V. Schulz: Das Dienstleistungsangebot von GETEC Infra ermöglicht es, einen Standort ganzheitlich und übergreifend zu betrachten. Das heißt es werden zwischen den Unternehmen Synergieeffekte geschaffen, Effizienzmaßnahmen umgesetzt und Einsparpotenziale gehoben.
Die großen Chemieunternehmen konzentrieren sich heute vorrangig auf ihr Kerngeschäft, Teil- bzw. Randproduktionen werden abgespalten bzw. an private Investoren verkauft. So entsteht aus einem ehemals in einer Hand befindlichen Chemiestandort ein Industriepark mit vielen Unternehmen mit ganz unterschiedlichen Ansprüchen an den Infrastrukturbetreiber. Die Folge ist oftmals, dass die ansässigen Unternehmen eigene Versorgungskonzepte und Infrastrukturmaßnahmen für sich schaffen müssen. Das ist ineffizient und deshalb setzen wir genau dort an.
Was umfasst das Dienstleistungsspektrum von GETEC Infra?
V. Schulz: Der Bedarf eines Industrieparks lässt sich nach Prioritäten gliedern. Er wird aufgeteilt nach Kernbereich, erweitertem Kernbereich und Optionen. Hierbei bieten wir im Kernbereich sowie im erweiterten Kernbereich die Dienstleistungen durch eigene Wertschöpfung an. Der Kernbereich umfasst vor allem die Energieversorgung, dazu gehören Strom, Dampf, Wärme, Kälte, Technische Gase und das Brennstoffmanagement. Teil des Kernbereichs sind aber auch die Netzinfrastruktur für Versorgungsmedien, die Beleuchtung, Media, die technische Nachverbrennung mit Abluft und thermische Nutzung von Sondergasen, außerdem die Verwaltung und Abrechnung aller Infrastrukturdienstleistungen.
Die Gewerke außerhalb des Kernbereichs der Unternehmensgruppe werden durch feste Partner übernommen. Dazu gehören die Bereiche Wasser und Abwasser, aber auch Feuerwehr, Werkschutz und der Werksarzt, außerdem der Bereich Logistik mit Transport und Distribution sowie das Facility Management. Randbereiche wie die Kantine gehören zu den Optionen. Sie sind am Markt regional vorhanden und wir können sie projektspezifisch zukaufen.
Was macht GETEC Infra für Industrieparks interessant?
V. Schulz: Zu den Dienstleistungen des Komplettpakets gehören neben der Übernahme der Infrastruktur im Industriepark und der Marktzugang zu den Energiemärkten auch eine transparente und marktgerechte Vergütung und die Überwachung der Systeme über den Leitstand und parallel vor Ort. Das alles mit der Bündelung auf wenige Ansprechpartner und einem straffen Personalkonzept. So nutzen wir Synergien und sparen Kosten. Ein dicker Pluspunkt ist aber natürlich unser Know-how, das heißt vor allem die Erfahrung im Bereich Industrieparks.
Welchen Stellenwert nimmt dabei Ihr Kerngeschäft, die Energiedienstleistungen, ein?
V. Schulz: Energiedienstleistungen sind ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt im Gesamtkonzept. Einer der wichtigsten Standortfaktoren bei Industrieparks ist die Energieversorgung. Unsere Mitarbeiter verfügen über spezifisches Wissen und langjährige Erfahrung im Energiedienstleistungsbereich. Zur Optimierung der Energieversorgung und Hebung von Energieeffizienzpotenzialen ist es oft sinnvoll für den Standort, die bestehenden oder neu zu errichtenden Energieerzeugungsanlagen zu übernehmen und diese zu optimieren.
Weiterhin wird die Lieferung von Primärenergien wie Erdgas und Strom durch strukturierten Einkauf über Bilanzkreise von GETEC angeboten. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Generierung von Effizienzmaßnahmen für den Industriestandort zur Verbesserung der wirtschaftlichen und energetischen Situationen der Unternehmen. Der Produktionsprozess des Kunden wird auf Energieeinsparpotenziale untersucht und diese analysiert, gebündelt und gehoben. Dafür bringen wir Erfahrungen aus der Rückgewinnung von Wärme, besonders der Wärmetransformation mit ein. So können wir für die im Industriepark ansässigen Unternehmen ein maßgeschneidertes, ganzheitliches Energiekonzept entwickeln, das gleichzeitig wirtschaftlich und umweltschonend ist.
Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit Chemieunternehmen gemacht?
V. Schulz: Wir versorgen bereits mehrere Unternehmen in der chemischen Industrie mit Energie. Ein Beispiel: Wir haben für Haltermann Carless Deutschland in Speyer eine erdgasbasierte Anlage zur Erzeugung von Dampf und Erhitzung von Thermalöl, das mit einer Temperatur von 340°C in der Produktion benötigt wird, errichtet. Durch die Lagerung der Haltermann-Produkte und deren Umschlag entsteht ein sogenanntes Ventgas, das bisher abgefackelt wurde. Unsere Ingenieure haben hierfür eine maßgeschneiderte technische Lösung entwickelt: Das Ventgas wird in den Verbrennungsprozess der Thermalölanlage integriert und zur Wärmeerzeugung genutzt. Das hochkalorische Gas hat einen Heizwert, der dem von Erdgas nahe kommt. Eine Feuerungswärmeleistung von rund 2,5 MW kann so in Nutzenergie umgewandelt und entsprechend beim Erdgas eingespart werden.
Auch im Industrie- und Chemiepark Zeitz in Sachsen-Anhalt errichtet GETEC ein neues Kraftwerk.
V. Schulz: Richtig. Ab Herbst 2016 versorgen wir dort mehrere Unternehmen mit Strom, Dampf und Wärme. Im Rahmen eines Contractings errichtet und betreibt GETEC dafür bei den dort ansässigen Unternehmen Puralube und Infra-Zeitz ein Industrieheizkraftwerk. Bereits 2013 haben wir dort ein Industrieheizkraftwerk in Betrieb genommen: Die Radici Chimica Deutschland benötigte eine neue Energieversorgung. Diese sollte nicht nur wirtschaftlich und umweltschonend sein, sondern ebenso wie bei Haltermann einen individuellen Zusatznutzen haben. Auch hier haben wir eine Technologie entwickelt, bei der das in der Produktion von Radici anfallende Lachgas im Dampferzeuger thermisch abgebaut wird. Nun wird ein Ausstoß von rund 100.000 t CO2-Äquivalenten pro Jahr vermieden. Das trägt auch der Nachhaltigkeitspolitik der Radici-Gruppe Rechnung.
Wie wird sich die Situation in den nächsten Jahren nach Ihrer Einschätzung entwickeln?
V. Schulz: In den vergangenen Jahren konnten wir unsere Kompetenzen ausbauen; inzwischen sind wir Marktführer bei der Entwicklung von technischen Lösungen zur thermischen Verwertung von Schwach-, Sonder- und Klimagasen. Vor dem Hintergrund steigender und sich verändernder Herausforderungen ist der Bedarf an innovativen Lösungen für Unternehmen, die in energieintensiven Bereichen aktiv sind, und dazu gehört die Chemie definitiv, vorhanden und wird weiter wachsen. Wir wollen und werden in diesem Markt mitmischen.