Märkte & Unternehmen

Futurium – Haus der Zukünfte

Im Themenjahr „Rohstoffe. Schätze der Zukunft“ erfahren Besucher, wie wir unseren großen Rohstoffbedarf in den Industrienationen besser in den Griff bekommen können.

16.10.2024 - Wie wollen wir in Zukunft leben? Das Futurium in Berlin will Antworten auf diese Frage geben.

Wie wollen wir in Zukunft leben? Das Futurium in Berlin will Antworten auf diese Frage geben. Seit seiner Eröffnung im Jahr 2019 hat es sich zu einer festen Größe in der deutschen Museumslandschaft entwickelt und zählt zu den meistbesuchten Museen der Hauptstadt. Besucher können dort auf über 5.000 m2 mögliche Zukünfte entdecken, gemeinsam diskutieren und im Futurium Lab eigene Ideen ausprobieren. Andrea Gruß sprach mit Gabriele Zipf, Kuratorin und Leiterin der Ausstellung, über das Konzept des Futuriums und neue Aktivitäten im Themenjahr „Rohstoffe. Schätze der Zukunft.“

CHEManager: Frau Zipf, Sie haben gemeinsam mit Ihrem Team die Ausstellung des Futuriums konzipiert. Was erwartet die Besucher des „Haus der Zukünfte“?

Gabriele Zipf: Wir geben ihnen keine fertigen Zukunftsbilder, sondern zeigen die Offenheit in den Lösungen. Unsere Gesellschaft hat heute große Herausforderungen zu meistern – die Klimakrise, den Biodiversitätsverlust oder die Bekämpfung von Krankheiten. Wir wollen den Besuchern des Futuriums die Angst vor diesen Themen nehmen, indem wir ihnen zeigen, dass in unterschiedlichen Bereichen unserer Gesellschaft – allen voran in der Wissenschaft, aber auch in der Zivilgesellschaft, in der Politik und in Unternehmen – mögliche Lösungsansätze entwickelt werden, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Die Ansätze muss man nicht immer gut finden, deswegen zeigen wir auch immer verschiedene Blickwinkel auf Lösungen. Uns geht es darum, ein positives Zukunftsbild zu vermitteln, nach dem Motto: Wir schaffen das! Es gibt viel Hoffnung und konkrete Lösungen, aber wir müssen sie umsetzen. Und da kann neben den großen Playern, wie Politik und Wirtschaft auch jede, jeder Einzelne einen Beitrag leisten.

Sie sprechen nicht von Zukunft, sondern von Zukünften. Warum?

G. Zipf: Es gibt nicht die eine Zukunft, sondern ganz viele mögliche Zukünfte. Welche davon zur Gegenwart wird, liegt in dem Zusammenspiel von Entscheidungen einzelner Bürger, der Politik und von Unternehmen, aber auch von nicht vorhersehbaren, sogenannten Black-Swan-Ereignissen, wie das Unglück von Fukushima, das die Politik in Deutschland komplett verändert hat. Oft ist es ein Zusammenwirken vieler Faktoren und von Zufällen, die aus einem bunten Potpourri möglicher Zukünfte eine Gegenwart werden lassen. Durch das Narrativ der vielen Möglichkeiten möchten wir Menschen aus der Schockstarre bringen und sie ermutigen, Zukunft mitzugestalten. Denn Zukunft entsteht auch durch unsere Entscheidungen und unser Handeln in der Gegenwart. Und unsere Demokratie bietet viele Möglichkeiten, um Dinge in die Hand zu nehmen und aktiv zu werden, zum Beispiel durch das Engagement in einem Bürgerrat oder in lokalen Initiativen,

Welche Inhalte greifen Sie in der Ausstellung auf?

G. Zipf: Wir haben die unterschiedlichen Zukunftsoptionen in der Ausstellung in die drei großen Bereiche Natur, Technik und Mensch untergliedert, wir nennen sie auch Denk­räume. Konkret heißen sie „Natur neu denken“, „Aufbruch zu neuen Horizonten“ und „Gemeinsame Sache“.
Natur ist die Grundlage allen Lebens. In diesem Denkraum fragen wir daher: Wie können wir unsere Natur schützen, um von ihr noch weiter zu lernen und aus ihr Zukunftsoptionen herauszuziehen? Eine Möglichkeit, die wir hier vorstellen, ist zum Beispiel Pilzmycele zum Bau ganzer Häuser zu nutzen, um so energieintensiven Beton einzusparen.
Im Denkraum Technik stellen wir Hightech-Lösungen aus den Bereichen Digitalisierung, künstlicher Intelligenz sowie Genetik und Medizin vor, die unser Leben einfacher und komfortabler machen sollen, darunter Roboter-Gehilfen oder In-vitro-Fleisch. Sie können begeistern, aber auch skeptisch machen. Wir fragen, welche Implikationen diese Technologien auf unsere Gesellschaft haben und wie wir sie uns zunutze machen, ohne unter negativen Folgen zu leiden.
Im Denkraum Mensch befassen wir uns damit, wie wir in unserer Gesellschaft das Zusammenleben neugestalten wollen, in unserer Familie oder Stadt, in Deutschland und weltweit. Was sind die Folgen unseres wachsenden Konsums und unserer Mobilität? Wie können wir weltweit soziale Ungleichheit überwinden? Wie könnten künftige Wirtschaftssysteme aussehen?

Im Mai 2024 startete das Themenjahr „Rohstoffe. Schätze der Zukunft“ im Futurium. Warum ist dieses Thema von gesellschaftlicher Relevanz?

G. Zipf: Rohstoffe sind allgegenwärtig. Indem wir sie gewinnen und verarbeiten, mit ihnen handeln und sie nutzen, beeinflussen wir weltweit Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Industrienationen gründen ihren Wohlstand auf einer rohstoffintensiven Lebensweise. Die Nachteile dieses Modells werden zunehmend deutlich. Denn um unseren Rohstoffbedarf zu decken, wird in anderen Ländern Raubbau an der Natur betrieben, oft unter katastrophalen Bedingungen für die lokale Bevölkerung. Damit gefährden wir auch unsere eigenen Lebensgrundlagen. Besucher des Futuriums erfahren, wie wir den großen Rohstoffbedarf in den Industrienationen besser in den Griff bekommen können: umweltverträglicher, sozial gerechter und menschenwürdig.

Wie setzen Sie das Thema Rohstoffe inhaltlich um?

G. Zipf: Wir haben die Ausstellung um neue Exponate zum Thema ergänzt. Rohstoffe kommen oft von weit her und werden häufig unter fragwürdigen Bedingungen abgebaut, oft ohne unser Wissen. Im Denkraum Mensch werden die Hintergründe von Abbau und Handel von Rohstoffen an fünf Beispielen – Kupfer, Gold, Soja, Li­thium und Glimmer – aus fünf Weltregionen erläutert.
Im Denkraum Natur haben wir das Thema Kreislaufwirtschaft um die bereits erwähnte, beliebte Kugelbahn gruppiert. Unsere alte Kugelbahn wurde nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit mit recycelten Materialien von Künstlern zu einer Mitmachstation umgestaltet. Alles, was zur Erweiterung nötig war, ist gebraucht oder recycelt. Besucher können den umgestalteten Kreislauf ins Rollen und die Materialien zum Klingen bringen.
Im Futurium Lab stellen wir innovative Lösungsansätze aus der Materialforschung vor: Die Exponatgruppe „Materialschätze der Zukunft“ umfasst etwa 50 nachhaltige Materialien für eine klimaneutrale Zukunft, zum Beispiel Verpackungsmaterialien aus Bananenfasern oder Lederalternativen aus Orangenschalen. Und mit dem Simulationsspiel „RRRRR“ vermitteln wir Besuchern die Grundprinzipien der Kreislaufwirtschaft: Reduce, Re-Use, Repair, Refurbish, Recycle. Dabei zeigen wir anhand eines Alltagsgegenstandes unserer Zeit, des Handys, wie aus der linearen Wirtschaft eine Kreislaufwirtschaft entstehen kann.
Ergänzend bieten wir Vorträge ebenso wie thematische Kneipenquiz-Abende – beispielsweise zu den Möglichkeiten und Risiken des Tiefseebergbaus und der Gewinnung von Mangan, Kobalt oder Seltenen Erden an. Und beim Workshop im Family Lab zum Thema Urban ­Mining erfahren Teilnehmer, welche Rohstoffschätze zu Hause in ihren Schubladen liegen.

Anfang September 2024 feierte das Futurium sein fünfjähriges Bestehen. Welche Bilanz ziehen Sie nach den ersten Jahren? Welche Ziele haben Sie für die Zukunft?

G. Zipf: Unser Start war bedingt durch die Coronapandemie sehr schwierig. Kurz nach der Eröffnung mussten wir auf digitale Angebote ausweichen. Erst im vergangenen Jahr hatten wir unser erstes normales Besucherjahr und dennoch konnten wir seit der Eröffnung im September 2019 über 2,5 Mio. Besucher im Futurium begrüßen. Diesen Erfolg hätte ich mir nicht träumen lassen, als ich vor neun Jahren mit der Konzeption der Ausstellung begann.
Was die Zukunft angeht, wollen wir den Blick verstärkt auf Weltregionen im globalen Süden, ihre Zukunftskonzepte und unsere Verflechtungen mit ihnen richten. Anlässlich unseres Jubiläums haben wir bereits einen Podcast über den Inselstaat Nauru veröffentlicht, der im vergangenen Jahrhundert dank des Rohstoffs Phosphat zum reichsten Land der Welt wurde, wo man aber aufgrund falscher Investments heute dem Luxus nur noch in Erzählungen begegnet.
Außerdem entwickeln wir weiterhin neue Ideen und Formate. So haben wir Anfang September unseren ersten Kinder-Wissenschafts­comic über Nachhaltigkeit veröffentlicht, mit einer Geschichte über die 16-jährige Lilly, die die verborgene Welt von Rohtopia entdeckt. Er ist ausschließlich und kostenfrei im Futurium erhältlich.

 

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Zur Person

Gabriele Zipf leitet seit Juli 2015 den Ausstellungsbereich im Futurium. Sie konzipierte mit ihrem Team die Gründungsausstellung des Futuriums und führt die Dauerausstellung nun mit neuen Konzepten in die Zukunft. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit besteht darin, komplexe und teils abstrakte Inhalte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dabei bricht Zipf die Grenzen zwischen klassischem Museum und Science Center auf.

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