Explosionsschutz für Hersteller – eine Übersicht
Kennzeichnungen nach der ATEX-Richtlinie 2014/34 EU
In der Europäischen Union ist der Explosionsschutz in den ATEX-Richtlinien 2014/34/EU (Herstellerrichtlinie) und 1999/92/EG (Betreiberrichtlinie) geregelt.
Der Betreiber/Arbeitgeber hat gemäß Richtlinie 1999/92/EG die Explosionsgefahr der Anlage zu beurteilen, die Anlage in Gefahrzoneneinzuteilen und im Explosionsschutzdokument alle Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu dokumentieren. Der Arbeitgeber /Betreiber/Planer einer Anlage steht häufig vor der Herausforderung, die korrekten Betriebsmittel mit der für den Einsatz korrekten Kennzeichnung auszuwählen, da es in den letzten Jahren einige Änderungen bezüglich der Kennzeichnungspflicht gegeben hat.
Als Basis-Norm ist die DIN EN 60079-0 Ausgabe Juni 2014 für den elektrischen Explosionsschutz heranzuziehen. Zunächst gibt es Neuerungen bezüglich der Explosionsgruppen. In der Vergangenheit wurde zwischen Untertage (Explosionsgruppe I) und Übertage (Explosionsgruppe II) unterschieden.
Heute sieht es wie folgt aus Gerätegruppe I gilt für Geräte zur Verwendung in Untertagebetrieben von Bergwerken sowie deren Übertageanlagen, die durch Grubengas und /oder brennbare Stäube gefährdet werden können. Bei elektrischen Betriebsmitteln der Gruppe I geht man davon aus, dass nur Methan als brennbares Gas auftritt, jedoch in Verbindung mit Kohlenstaub. Wenn in diesen Bereichen auch andere brennbare Stoffe auftreten können, muss die weitere Unterteilung wie in Gruppe II angewandt werden.
Gerätegruppe II gilt für Geräte zur Verwendung in Bereichen, die durch explosionsfähige Gasatmosphären gefährdet werden können. Elektrische Geräte der Gruppe II sind entsprechend den Eigenschaften der explosionsfähigen Atmosphäre für die sie bestimmt sind weiter unterteilt in die Untergruppen IIA, IIB und IIC, wobei IIC die Gruppe der Flüssigkeiten und Gase mit der geringsten Zündenergie darstellt (z. B. Wasserstoff). Die Einteilung in Gasgruppe und Temperaturklassen ist unverändert.
- Gerätegruppe III gilt für Geräte zur Verwendung in Bereichen, wo mit explosionsfähigen Staub-Atomsphären zu rechnen ist. Elektrische Geräte der Gruppe III sind entsprechend den Eigenschaften der explosionsfähigen Stäube, für die sie bestimmt sind, weiter unterteilt in:
- IIIA: brennbare Flusen
- IIIB: nicht leitfähige Stäube
- IIIC: leitfähige Stäube
Die Kennzeichnung der Geräte ist um das Geräteschutzniveau (EPL = Equipment Protection Level) ergänzt worden. Die Kennzeichnung besteht aus zwei Buchstaben. Der erste gibt die explosionsfähige Atmosphäre an: G für Gase und D für Staub (Dust). Das eigentliche Schutzniveau wird durch die Buchstaben a, b oder c definiert.
Nach den Anforderungen für die Installation in den Zonen 0, 1 oder 2 für gasexplosionsgefährdete Bereiche oder den Zonen 20, 21 oder 22 für staubexplosionsgefährdete Bereiche sind die jeweiligen Geräte auszuwählen. Aus der Kennzeichnung ergibt sich die Eignung von Geräten für die verschiedenen explosionsgefährdeten Bereiche. Eine entsprechende Zuordnung Gerätekategorie und Schutzniveau zu den explosionsgefährdeten Bereichen (Zonen) ergibt sich aus der Tabelle 2.
Bei den Angaben zum Schutzniveau sind auch Mischungen möglich. Beispielsweise bedeutet die Angabe Ga/Gb, dass ein Teil eines Gerätes (z. B. Sensorelement) die Anforderungen an das Schutzniveau Ga erfüllt, ein anderer Teil (z. B. Sensorgehäuse mit Elektronik) die Anforderungen an das Schutzniveau Gb. Diese Kategorisierung findet man häufig bei Geräten, die zur Installation in Behälterwände (= Zonentrennwand: Innenbereich z. B. Zone 0, Außenbereich z. B. Zone 1) geeignet sind.
Auch bei den Zündschutzarten hat sich bezüglich der Kennzeichnung einiges getan.
In der Vergangenheit wurde in Europa bei der Kennzeichnung das Symbol „EEx“ verwendet. Damit wurde Bezug auf die Europäischen Normen genommen. Dies ist mit dem aktuellen Normenstand nicht mehr notwendig, so dass heute die neuen Geräte nur noch mit „Ex“ gekennzeichnet werden. Bei einigen Zündschutzarten wird das Schutzniveau durch die Buchstaben a, b oder c ergänzt, was mit dem Symbol der Zündschutzart gekennzeichnet ist.
Bei zugehörigen elektrischen Geräten der Zündschutzart Eigensicherheit, die im Ex-freien Bereich installiert werden, müssen die Symbole für diese Zündschutzart in eckige Klammern gesetzt werden, z. B. [Ex ia] IIC. Wenn das Gerät im explosionsgefährdeten Bereich installiert werden soll, so muss es durch eine weitere Zündschutzart geschützt werden. Dann wird nur das Kennzeichen für die Eigensicherheit in eckige Klammern gesetzt, z. B. Ex de [ia] IIC T6. Zusätzlich ist die Temperaturklasse anzugeben, da das Gerät innerhalb des explosionsgefährdeten Bereiches angeordnet werden kann.
Ergänzt wird die Kennzeichnung um die Zündschutzart des Gerätes. Bei einem zugehörigen elektrischen Gerät muss die EPL-Kennzeichnung hinter der Zündschutzart stehen. Beispiel [Ex ia Ga]. Wenn ein zugehöriges elektrisches Gerät mit einem eigensicheren Stromkreis „ia“ in eine zusätzliche Zündschutzart z. B. druckfeste Kapselung mit erhöhter Sicherheit eingebaut wird, um es in der Zone 1 montieren zu können, so ergibt sich die Kennzeichnung 2G Ex de [ia Ga] IIC T6 Gb.
Bei einigen Zündschutzarten wird das Schutzniveau durch die Buchstaben a, b oder c an die Kennzeichnung der Zündschutzart angehängt. Bei der druckfesten Kapselung „d“ wird bspw. mit „db“ gekennzeichnet werden. Somit könnten doppelte Kennzeichnungen vermieden werden.
Unsicherheit bei der Betriebsmittelauswahl
Diese neuen Kennzeichnungen verursachen bei vielen Planern und Betreibern von Anlagen, die den Explosionsschutz zu berücksichtigen haben, eine gewisse Unsicherheit bei der Betriebsmittelauswahl. Deshalb ist es erforderlich, dass alle Personen, die mit dem Errichten, Betrieb und Instandhaltung einer Anlage zu tun haben, in regelmäßigen Schulungen ihre Kenntnisse zum Explosionsschutz auffrischen. Dies fordert u. a. der Anhang F der DIN EN 60079-14, 2014 und die BetrSichV (Betriebssicherheitsverordnung)
Häufig gibt es Verunsicherungen, wenn explosionsgeschützte Betriebsmittel noch mit einem älteren Normenstand in Verkehr gebracht werden. Hier gibt es z. B. von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) und vom ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie) Statements, die hier auszugsweise genannt werden.
Im Statement der PTB vom April 2009 steht unter anderem: Für die Durchführung und Bewertung, ob ein bestimmtes Produkt von einer Normenänderung betroffen ist, ist allein der Hersteller verantwortlich.
Das Positionspapier des ZVEI vom September 2012 nimmt explizit Bezug auf die Gültigkeit von Zertifikaten bei neuen Normenausgaben: Kapitel 10.3 des ATEX-Leitfadens für die Umsetzung der Richtlinie 94/9/EG besagt, dass eine EU-Baumusterprüfbescheinigung nicht zwangsläufig ungültig wird, wenn eine Norm modifiziert wird. Hier werden auch Szenarien beschrieben, was der Hersteller tun muss, um die neuen Normengenerationen zu erfüllen.
Was bedeutet dies für den Arbeitgeber /Betreiber einer Anlage?
Gem. §4 der BetrSichV gehört zu den Grundpflichten des Arbeitgebers eine Gefährdungsbeurteilung um zu überprüfen, ob die Schutzmaßnahmen „nach dem Stand der Technik sicher ist“.