Evonik investiert in Revivo BioSystems
Start-up aus Singapur entwickelt Organ-on-a-Chip-Technologie als Alternative zu Tierversuchen
„Wir möchten aufstrebende Technologien fördern, die über die bisherige Forschungspraxis hinausgehen“, sagt Bernhard Mohr, Leiter der Venture-Capital-Einheit von Evonik. „Auf diese Weise tragen wir dazu bei, die Entwicklung von nachhaltigen und ethisch vertretbaren Zukunftstechnologien zu beschleunigen.“
Das Organ-on-a-Chip-System von Revivo simuliert, wie menschliche Haut und zu testende Substanzen miteinander interagieren. Hierfür wird im Labor gezüchtetes Hautgewebe oder eine menschliche Hautprobe in das System eingebracht und unter Zugabe von Nährstoffen und Reagenzien vermessen. Die Technologie erzeugt dabei eine Mikro-Umgebung für die Hautmodelle, die neben dem Aufbau auch die Funktionsweise der menschlichen Haut berücksichtigt. Anders als in anderen Modellsystemen kann zum Beispiel auch der Blutfluss nachgebildet werden. Dadurch können sowohl lokale als auch systemische Wirkungen der auf die Haut aufgetragenen Substanzen analysiert werden. Auf diese Weise können etwa Wechselwirkungen von Pflegeprodukten und der Haut besser gemessen werden.
Das System von Revivo ermöglicht nicht nur Untersuchungen unter realistischen Bedingungen, es automatisiert auch das Test- und Probeentnahmeverfahren. Das bietet eine kosteneffiziente Möglichkeit für Untersuchungen, die bei Zulassungsverfahren für neue Substanzen vorgeschrieben sind.
„Unsere Investition in Revivo stellt die Sicherheit der Verbraucher in den Vordergrund, ohne Kompromisse beim Tierschutz einzugehen“, sagt Yann d'Hervé, Leiter des Geschäftsgebiets Care Solutions von Evonik. „Wir sind stolz darauf, mit dieser Alternative zu Tierversuchen unsere Position als zuverlässiger Partner für nachhaltige Spezialitäten zu stärken.“
Viele Verbraucher bevorzugen Substanzen, die nicht an Tieren getestet wurden, und die Gesetzgeber entsprechen diesem Wunsch. Mehr als 40 Länder haben Gesetze zur Einschränkung oder zum Verbot von Tierversuchen für Kosmetika erlassen, darunter Australien, Indien, Israel, die Türkei und Großbritannien. In der Europäischen Union sind Tierversuche für kosmetische Inhaltsstoffe seit 2004 verboten und seit 2016 dürfen Daten aus Tierversuchen, die in anderen Ländern durchgeführt wurden, nicht mehr für Zulassungsverfahren verwendet werden. Es wird ebenfalls nach Alternativen zu Tierversuchen für die Prüfung von Chemikalien und Arzneimitteln gesucht.
Evonik erforscht tierfreie Biomaterialien und Zellkulturkomponenten auch im unternehmenseigenem Kompetenzzentrum in Singapur. Das Projekt ging aus dem im März 2021 erfolgreich abgeschlossenen Projekthaus Tissue Engineering hervor, das unter anderem die künstliche Herstellung von Gewebe im Bereich der regenerativen Medizin bearbeitet hat. Die Partnerschaft mit Revivo folgt der Strategie von Evonik, die Innovationsaktivitäten im Kompetenzzentrum auszubauen.
Revivo ist eine Ausgliederung von A Star (Agency for Science, Technology and Research), einer öffentlichen Forschungs- und Entwicklungsagentur in Singapur. Ein anderer Investor ist SGInnovate, ein Entwickler und Investor des Deeptech-Ökosystems, der von der singapurischen Regierung unterstützt wird.
„Wir freuen uns, den nächsten Entwicklungsschritt unseres Unternehmens gemeinsam mit Evonik zu gehen“, sagt Revivo-Gründer und Geschäftsführer Massimo Alberti, der ebenfalls Mitinvestor und Entwickler der Organ-on-a-Chip-Technologie von Revivo ist. „Die neue Finanzierung werden wir nutzen, um unser Geschäft auszubauen sowie unsere Plattform und Produkte zu kommerzialisieren.“
Revivo BioSystems ist das erste Direktinvestment von Evonik in Singapur. 2018 hat man ein Venture-Capital-Büro in Shanghai eröffnet, um die schnell wachsende und innovative Start-up-Szene in Asien zu erschließen. Evonik Venture Capital eröffnet dem Konzern den Zugang zu disruptiven Technologien und innovativen Geschäftsmodellen und unterstützt bei der digitalen Transformation.