Erfolgreicher Starten
Interview mit Herrn Rino Woyczyk, Head of Life Sciences Division, Drees & Sommer
Bei der Umsetzung innovativer Projekte in der Life-Sciences-Branche ist die frühe Phase entscheidend. Die Markteinführung von Produkten muss schnell erfolgen, damit Unternehmen im Wettbewerb bestehen können. Um die komplexen Anforderungen der Bau-, Anlagen- und Prozessprojekte bereits im Vorfeld zu berücksichtigen, bietet Drees & Sommer gemeinsam mit Carpus+Partner den komplementären Ansatz "Next Approach". Für ReinRaumTechnik sprach Frau Kieckebusch-Gück mit Herrn Rino Woyczyk.
Seit über 45 Jahren begleitet Drees & Sommer Unternehmen, darunter auch Pharma-, Medizintechnik- und Biotechnologie-Hersteller, bei nationalen und internationalen Projekten. Für die rasche Umsetzung dieser Projekte gemäß den strengen regulatorischen Anforderungen der Branche dient ein integriertes Management in Bezug auf Construction, Commissioning und Compliance – kurz 3C-Management.
RRT: Guten Tag, Herr Woyczyk. Sie haben das Konzept 3C-Management für Bauprojekte in den Life Sciences entwickelt. Als Ergänzung präsentierten Sie auf der Messe Lounges 2016 das Steuerungsinstrument für die frühe Markteinführung "Next Approach". Wie hängen diese Produkte zusammen?
R. Woyczyk: Wir hatten vor drei Jahren das Konzept des 3C-Managements gemeinsam mit der Firma Gempex entwickelt. Der Schwerpunkt lag auf der Steuerung von Qualifizierungen und Prozessen, die zum Ende des Projekts stattfinden, aber in den ersten Phasen bereits berücksichtigt werden müssen. Dabei haben wir festgestellt, dass oft gerade diese Startphase über den Erfolg des Vorhabens entscheidet. Die dort begangenen Fehler pflanzen sich fort und es ist schwierig, sie in der Endphase zu korrigieren oder gar zu kompensieren. Aus diesem Grund haben wir jetzt beschlossen, unser Know-how bereits in der Startphase – der Opening-Phase – stark einzubringen. Noch bevor die Planer integriert werden, muss der Bauherr seine Ideen und Visionen formulieren: Diese brauchen aber anschließend eine strategisch-konzeptionelle Struktur. Als Antwort auf diese Herausforderung haben wir gemeinsam mit einem großen deutschen Generalplaner, Carpus+Partner, "Next Approach" entwickelt. Der Kunde definiert seine Pläne und Ideen. Wir überprüfen die Gedankenexperimente mit unserem Expertenwissen, moderieren den Prozess und setzen dann um: Welchen Aufwand muss der Bauherr unter den gewünschten experimentellen Bedingungen einkalkulieren, wie viel Zeit benötigt das Projekt, was kostet es? Mit diesen Informationen kann der Kunde das Projekt in der Geschäftsleitung oder bei den Gesellschaftern vorstellen und es genehmigen lassen. Das ist der Bogen, den wir mit diesem Konzept für den Kunden spannen.
RRT: Wie gehen Sie bei der Beratung vor? Fordern Sie das Personal von der beratenen Firma ein oder muss diese die Kooperationspartner stellen?
R. Woyczyk: Wir definieren die Erfordernisse für das Gesamtprojekt in einer Zielerklärung. Sie wird formuliert, sobald feststeht, was genau geplant und realisiert werden soll. In dieser Phase wird also der Bedarf ermittelt. Anschließend wird abgeglichen: Welche Ressourcen gibt es im Hause, welche müssen dazugekauft oder – im Falle von Personal – eingestellt werden. Das Ergebnis könnte z. B. heißen: Für die Abwicklung sind fünf bis zehn neue Mitarbeiter mit definierten Qualifikationen erforderlich. Diese Mitarbeiter braucht das Unternehmen nur für drei Jahre. Es ist allerdings für den Kunden fast unmöglich, einen solchen qualifizierten Mitarbeiterstab aufzubauen. Hier decken wir die Lücken, die der Auftraggeber hat, mit eigenem Personal ab, um die Kapazität für dieses Projekt zu 100 % zur Verfügung zu stellen. So ein Rundum-Paket unterstützt den Kunden und stärkt seine Position. Er holt sich das externe Wissen, um die neuen Projekte rasch aufbauen und umsetzen zu können. Mit eigenen Ressourcen würde es der Auftraggeber oft gar nicht bewerkstelligen. Unser Expertenteam setzt sich einerseits aus Architekten und Bauingenieuren, Prozess-, Automations- und Reinraumlüftungsexperten zusammen. Andererseits sind bei uns auch Chemiker oder im Krankenhausbereich Ärzte und Krankenschwestern tätig. Das heißt, dass wir als Berater ein breites Spektrum von fachlichen Kompetenzen abdecken und ins Projekt auch kurzfristig einbeziehen können. Außerdem wächst unser Netzwerk auch durch die Interessengemeinschaft VIP3000. Diese setzt sich im Moment aus circa 50 Mitgliedern zusammen und hat sich einen guten Ruf erarbeitet. Die Kooperation im Rahmen dieser Plattform trägt zum aktiven Wissensaustausch und Wissenstransfer in die Praxis bei.
RRT: Wie erleben Sie die Situation in der Praxis, wenn Sie Ihre Dienstleistungen anbieten?
R. Woyczyk: Firmen kommen mit neuen Ideen und Projekten zu uns. Oft wollen sie mit Ihrem Produkt in ein neues Land expandieren: Wie geht man in einem solchen Fall vor?
Auch Produkte, die hier in Europa hergestellt werden, können andere Länder „erobern“. Wie kommt man in den neuen Markt hinein? Wie sind die Verkaufskulturen? Wie sind die Bau- und Anlagenkulturen?
Auf dieser Ebene erweitern wir punktgenau das Know-how, das in den Firmen meist bereits vorhanden ist, auf das neue Zielland. In vielen Fällen sind die Firmen im eigenen Land mit dem Produkt bereits auf dem Markt, aber die Einfuhrsteuern in andere Ländern sind so hoch, dass es sich lohnt, dort selber zu produzieren. Wir versuchen, das Produkt und die Produktion auf das neue Zielland zu adaptieren. Beispielsweise zeigt die aktuelle Situation in Osteuropa, dass immer mehr Unternehmen dort in Zukunft vor Ort produzieren werden.
RRT: Welche Kunden sprechen Sie mit "Next Approach" an?
R. Woyczyk: Diese Dienstleistung ist in erster Linie – aber nicht ausschließlich – für die mittelständischen Kunden konzipiert. Die großen Konzerne haben ihre Spezialleistungen im Haus. Aus Vertraulichkeitsgründen wird immer zunächst im eigenen Haus nach Lösungen gesucht.
RRT: Sie bieten Beratung schon bei der frühen Markteinführung an. Welche speziellen Vorteile ergeben sich daraus?
R. Woyczyk: Durch die Zusammenarbeit mit Carpus+Partner ergänzen wir uns als Spezialisten für Life Sciences gegenseitig, sodass sich die Kompetenzen nicht doppeln. Denn alleine hätten wir dasselbe Problem wie unsere Kunden: Man müsste die Expertise für die Opening Phase zunächst zwei bis vier Jahre aufbauen. Mit unserem Partner können wir ab sofort zu 100 % diese neue Kompetenz anbieten.
RRT: Wie sieht die Zusammenarbeit von Beratern und Kunden in der Opening-Phase konkret aus?
R. Woyczyk: In der für den Kunden wichtigen Opening-Phase müssen die Visionen, Ideen und Konzeptionen gesammelt, analysiert und bewertet werden, damit die optimalste Lösung für das Projekt gefunden wird. Unser Ziel ist, den Kunden durch die Beratung maximal zu unterstützen und zu entlasten. Das geschieht beispielsweise am Anfang im Rahmen eines speziell vorbereiteten und durchgeführten Workshops mit allen potenziellen internen und externen Ideengebern. Das vorhandene Wissen sowie die spezifischen Kompetenzen werden dabei aktiviert und die relevanten Parameter in Form möglicher umsetzbarer Projektstrategien fixiert. Anschließend entwickeln und analysieren wir als Berater die unterschiedlichen Abwicklungsmodelle und prüfen ihre Eignung im Einzelfall, so dass der Kunde am Ende seine Entscheidung auf einer soliden und vorab gesicherten Basis treffen kann.