Chemiestandort Lülsdorf unter neuer Flagge
Ehemaliges Evonik-Werk auf dem Weg zum Chemiepark
Seit Mitte 2023 gehört der industrielle Standort zwischen Bonn und Köln zur International Chemical Investors Group (ICIG), mit ca. 6.200 Mitarbeitern weltweit. Aktuell werden Alkoholate in Lohnfertigung für den ehemaligen Eigentümer Evonik sowie Kali-Derivate für die zur ICIG gehörigen Vynova Group hergestellt. Auch vor dem Hintergrund, dass die Genehmigung für die betriebene Elektrolyse Ende 2027 ausläuft, rüstet sich der Chemiepark für die Zukunft. Dabei spielen sowohl der Ausbau weiterer Aktivitäten, als auch die Ansiedlung Dritter eine wichtige Rolle. Vynova hat bereits die Neuerrichtung einer Alkoholate-Anlage angekündigt. Gespräche mit Chemie-Investoren laufen an.
Chemiestandorte durchlaufen einen ständigen Wandlungsprozess. Dieser verläuft mitunter so langsam, dass man ihn kaum zu verspüren mag. Aber er ist da. Und jetzt spürt man ihn auch in Niederkassel. Mitte des letzten Jahres erwarb die ICIG mit Sitz in Frankfurt am Main die Lülsdorf Functional Solutions von Evonik und übernahm damit auch den Standort Lülsdorf. Die Investorengruppe begann umgehend, diesen in einen modernen Chemiepark zu überführen und öffnet ihn nun auch für die Ansiedlung fremder Unternehmen. Dabei ist der Fokus scharf auf die chemische Produktion ausgerichtet. Bewusst wird auf eine Nutzung großer Flächen mit wenigen neuen Arbeitsplätzen mit deutlich unter dem Chemietarif liegendem Lohnniveau, wie bspw. in der Logistik, verzichtet. Anstelle dessen soll industrielle Wertschöpfung installiert werden.
Somit wird das Zukunftsbild von zwei Säulen getragen. Die erste symbolisiert den Ausbau der eigenen Chemieproduktion. Die zweite verkörpert die Neuansiedlung von chemischen Betrieben fremder Unternehmen. PVC-Spezialist Vynova plant derzeit die Errichtung einer neuen Chemieanlage zur Herstellung von Alkoholaten, die u.a. als Katalysator in der Biodieselproduktion dringend gebraucht werden.
Der jüngst gegründete Chemiepark Lülsdorf wird die Ansiedlung neuer Produzenten fördern und die Versorgung neuer Betriebe mit allen notwendigen Standortdiensten organisieren, von der Versorgung mit Wärme, Strom und Medien über Bereitstellung von Leistungen der Logistik, Instandhaltung und Analytik bis hin zur Abwasser- und Abfall-Entsorgung. Darüber hinaus bietet der Standortbetreiber als Vollsortimenter für Störfallbetriebe den obligatorischen Werk- und Brandschutz, werksärztliche Versorgung sowie alle anderen infrastrukturellen Dienste. Durch seine günstige Lage zwischen Köln und Bonn mit Hafenzugang zum Rhein, ist er bestens trimodal auch an Straße und Schiene angebunden.
Nicht ohne Transformation
Der neue Chemiepark muss sich dem Wettbewerb mit anderen Industrieparks stellen. Viele Erfahrungen zur Ausprägung eines Chemieparks konnten bislang nicht gesammelt werden. Über Jahrzehnte war der Standort ein Werk der Evonik und ihrer Vorläufer wie Degussa, Hüls etc. Eine ernstzunehmende Ambition zur Vermarktung des großen Freiflächenangebots, innerhalb des 100 ha-Industrie-Areals zur ergänzenden Ansiedlung weiterer Betriebe, gab es kaum. So wurde nun eine Ansiedlungsstrategie entwickelt, die dem Alleinstellungsmerkmal des Chemieparks bestmöglich Rechnung tragen soll. Seine Lage zwischen den Metropolen Köln und Bonn in unmittelbarer Nähe zum Flughafen CGN, sowie seinem großzügigen Flächenangebot mit Anschluss an das europäische Ethylen-, sowie in Kürze auch an das in Entstehung befindliche Wasserstoffnetz, bieten günstige Entwicklungsmöglichkeiten.
Aber letztlich werden Flächen- und Standortdienste auch woanders angeboten. Deshalb wird nun schnell in den Wettlauf der Transformation zu einem modernen nachhaltigen Chemiepark eingestiegen, in dem die Verarbeitung erneuerbarer Rohstoffe sowie die Herstellung grüner Chemieprodukte eine starke Rolle spielen sollen. Der auf einer starken energetischen Versorgung fußende Standort wird nun rasch auch in Gespräche mit Unternehmen einsteigen, die sich dem Einsatz moderner Technologien zur Erzeugung nachhaltiger Chemieproduktion verschrieben haben. Dabei ist auch die langjährige Erfahrung im Umgang mit Chlor in allen Aggregatzuständen sicherlich eher ein weiterer Vorteil im Ansiedlungswettbewerb. Ein wichtiger Eckpfeiler der Ansiedlungsstrategie ist eine Betrachtung der Wertschöpfungskette vom Ende her. So können hier z. B. Ansatzpunkte sein, dass der naheliegende Köln-Bonner Flughafen langfristig mit grünem Kerosin versorgt werden muss, sowie ein Hersteller von grünem Ethen als chemischen Grundbaustoff, diesen entweder in das angeschlossene Ethylen-Netz einspeisen oder im Chemiepark Lülsdorf weiterverarbeitenden Chemieproduzenten zur Verfügung stellen kann.
Die Zukunft im Blick
Das Commitment der Frankfurter Investorengruppe, die Welt weiterhin mit hochwertigen Alkoholaten zu versorgen, und die Ansage des PVC-Spezialisten in Lülsdorf eine neue Anlage zu deren Herstellung zu bauen, lässt mit Zuversicht in die Zeit ab 2028 schauen. Derzeit wird geprüft, ob die zu diesem Zeitpunkt außer Betrieb zu nehmende Elektrolyse ersetzt wird. Wichtig für die Zukunft ist die Perspektive als Chemiestandort, in der sich die internen Nutzungsambitionen einbetten in eine Vision einer größer werdenden Chemieparkgemeinschaft, um im Idealfall chemische Wertschöpfungsketten zu ergänzen.
Standortentwicklung braucht einen langen Atem. Wunder kommen nicht über Nacht. Im Chemiepark Lülsdorf ist nun ein klarer Weg der Entwicklung eingeschlagen und eine Mannschaft angetreten mit dem starken Willen, dass hier in Zukunft weitere chemische Erzeugnisse hergestellt werden und mehr Menschen arbeiten als heute. Diese Zukunft fest im Blick, wird hier nun kraftvoll angepackt!
Autor: Michael Rötepohl, Site Development, Chemiepark Lülsdorf, Niederkassel
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