Bund fördert Wasserstoff-Forschungsprojekt im bayerischen Chemiedreieck
Das Verbundvorhaben im bayerischen Chemiedreieck – als Initiative der Stadt Burghausen – soll als „Leuchtturmprojekt“ fungieren für die gesamte chemische Industrie in Deutschland auf dem Weg in eine klimaneutrale Wasserstoffwirtschaft.
Das ChemDelta Bavaria ist die größte Chemieregion in Bayern mit 19 weltweit tätigen Unternehmen, 20.000 Beschäftigten, mehr als zehn Milliarden Umsatz/Jahr und mehr als vier Milliarden Investitionen in den letzten Jahren. Die Chemieregion im Südosten des Freistaats ist bereits jetzt der größte Wasserstoffnutzer in Bayern. Die ansässigen Firmen wollen sich der Herausforderung einer klimaneutralen Transformation durch die Nutzung von grünem Wasserstoff als Energieträger und potentielle Basis für zusätzliche und neue Ausgangstoffe für die Chemie stellen. Der Erhalt von in Summe gut 50.000 Arbeitsplätzen in der Region – neben den Industrie-Beschäftigten sind weitere rund 30.000 Menschen indirekt von der Chemie vor Ort abhängig – steht dabei im Fokus der Reallabor-Verantwortlichen.
2021 wurde für dieses Vorhaben als Betriebsgesellschaft die „Reallabor Burghausen – ChemDelta Bavaria“ gegründet, unter Federführung der Stadt Burghausen, des Landkreises Altötting und weiteren Gesellschaftern aus Industrie und Logistik – Wacker Chemie, Linde, Infraserv Gendorf, Westlake Vinnolit, OMV Deutschland und DB Cargo BTT. Mit dem Reallabor sollen neue Technologien entwickelt und zur Marktreife geführt werden, um Wasserstoff (H2) als Energieträger in der chemischen Industrie, aber auch auf breiter Basis in Logistik und weiterer Wirtschaft zu nutzen und Kohlendioxid (CO2) einzusparen. Unter Leitung der Technischen Universität München und der Technischen Hochschule Rosenheim wurde ein Forschungsvorhaben mit insgesamt 36 Projektpartnern und einem Budget von rund 50 Mio. EUR entwickelt. Dieses Vorhaben wurde zur Förderung beim Bundesforschungsministerium eingereicht und nun als förderungswürdig bewertet.
In Summe mehr als 50 Mio. EUR für Wasserstoff-Forschungsvorhaben
Der Förderbescheid wurde am Dienstag, 21. März 2023, in einem Festakt im TUM Akademiezentrum Raitenhaslach in Burghausen von Staatssekretär Jens Brandenburg vom Bundesministerin für Bildung und Forschung offiziell an Ersten Bürgermeister Florian Schneider von der Stadt Burghausen als größtem Gesellschafter der Reallabor übergeben. Der Förderbescheid umfasst die Maßnahmen des Reallabor-Vorhabens in Höhe von rund 39 Mio. EUR in den kommenden vier Jahren. Gekoppelt ist die Millionenförderung des Bundes mit eingebrachten Eigenmitteln der Projektpartner in Höhe von rund zwölf Millionen Euro, so dass für das Wasserstoff-Forschungsprojekt insgesamt rund 51 Mio. EUR zur Verfügung stehen.
„Praxisnaher Test für Wasserstoffkette“
Staatssekretär Brandenburg bezeichnete das H2-Reallabor als „praxisnahen Test direkt im industriellen Umfeld im Verbund mit der Forschung, wo man konkrete Ideen für die Wasserstoffkette konkret ausprobieren kann“. Damit sei das Projekt ein wichtiges Bauteil der Energiewende. „Die Förderung des Bundes ist aber auch ein großer Vertrauensvorschuss für das Burghauser Reallabor im hochkompetitiven Wettbewerbsprozess um Förderungen in Deutschland“, so Brandenburg.
Peter von Zumbusch von der Wacker Chemie und Leiter des Wacker-Werkes Burghausen, das mit über 8.000 Beschäftigten der größte Chemiestandort im ChemDelta Bavaria ist, betonte: „Auf dem Weg der bayerischen chemischen Industrie in die Zukunft durch klimafreundliche Transformation in eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen.“ Unter anderem ohne nachhaltig und preisgünstig erzeugten Strom werde das nicht möglich sein.
Fünf Hochschul- und Forschungseinrichtungen beteiligt
Am H2 Reallabor Burghausen sind neben den 16 Industriepartnern auch fünf bayerische Hochschulen und Forschungseinrichtungen beteiligt: Die wissenschaftliche Leitung übernimmt die Technische Universität München (TUM). Beteiligt sind zudem die Technische Hochschule Rosenheim (TH-Ro) mit dem Campus Burghausen, die ostbayerische Technische Hochschule Regensburg (OTHR), die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) sowie Bauhaus Luftfahrt (BHL). Prof. Dr. Gerhard Kramer, Vizepräsident der TUM, informierte, dass allein zwölf Lehrstühle und Professuren beim Reallabor-Projekt dabei sein werden. „Durch die Zusammenarbeit von Hochschul-Forschung und chemischer Industrie im Hinblick auf den Transformationsprozess kann das H2-Reallabor zum Nukleus der deutschen Wasserstoffwirtschaft werden“, so Kramer. Prof. Dr. h.c. Heinrich Köster, Präsident der TH-Ro, sagte: „Auch die Technische Hochschule Rosenheim mit ihrem Campus Burghausen wird ihre Beiträge zum Reallabor Burghausen liefern.“ So werde in unmittelbarer Nähe zum Campus Burghausen ab Ende des Jahres ein Technikum für Forschung auf den Gebieten Wasserstoff, Verfahrenstechnik und Chemie errichtet. Die Fertigstellung ist für Ende 2025 oder Anfang 2026 geplant. Etwa 40 Mio. EUR werden dafür von der Stadt Burghausen mit Fördermitteln des Freistaates Bayern investiert. Außerdem habe man bereits zum Wintersemester 2022/2023 einen Masterstudiengang Wasserstofftechnologie eingerichtet, eine entsprechende Professur folge nun.
Forschungsergebnisse für gesamte deutsche Chemieindustrie
„Der millionenschwere Förderbescheid des Bundes ist verbunden mit der Auflage, dass die Forschungsergebnisse des Projekts der gesamten deutschen Chemieindustrie zur Verfügung gestellt werden“, so Reallabor-Geschäftsführer Anton Steinberger. „Das Vorhaben im ChemDelta Bavaria erfüllt damit eine Leuchtturm-Funktion für die Chemiebranche in ganz Deutschland.“ So könne gemeinsam der Weg in die klimaneutrale Wasserstoffwirtschaft für eine der wichtigsten Branchen der deutschen und der europäischen Volkswirtschaft geebnet werden. Burghausens Bürgermeister Florian Schneider betonte, dass das H2 Reallabor auch nach Ende der Förderphase in 2027 dauerhaft etabliert sein werde, um dort die Forschung für Klimaneutralität in Zusammenarbeit mit der Industrie weiter voranzutreiben.