Biokatalysatoren für den industriellen Einsatz
Evocatal sieht die Biokatalyse als Schlüsseltechnologie für eine ressourcenschonende Chemie
Evocatal ist ein im Jahr 2006 gegründetes Biotechnologie-Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Produktion maßgeschneiderter Biokatalysatoren und Feinchemikalien für den Einsatz in der chemischen und pharmazeutischen Industrie spezialisiert hat.
Eigene Entwicklungen, wie z.B. Enzym-Kits, wurden bereits auf den Markt gebracht, an der Entwicklung weiterer Enzyme und biokatalytischer Prozesse wird gearbeitet. Hierbei wird das Unternehmen durch Kooperationen mit Forschungsinstituten und der Industrie unterstützt. CHEManager befragte Dr. Michael Puls, Geschäftsführer von Evocatal, zur strategischen Ausrichtung und aktuellen Projekten. Die Fragen stellte Dr. Birgit Megges.
CHEManager: Herr Dr. Puls, Sie haben im letzten Jahr Ihr Portfolio durch ein "C-C-coupling Kit"ergänzt. Wie ist dieses Kit aufgebaut und welche Möglichkeiten bietet es?
Michael Puls: Mit den Enzymen des C-C-coupling Kits lassen sich verschieden substituierte 2-Hydroxy-Ketone herstellen. Dies sind wertvolle Bausteine in der Synthese einiger API und anderer Verbindungen. Die Herstellung dieser kleinen, chiralen Bausteine ist auf chemischem Wege nicht möglich oder äußerst aufwändig, mit Enzymen dagegen ist es relativ einfach.
Bislang waren solche Enzyme allerdings nicht kommerziell verfügbar - wir haben dies geändert. Mit unserem Kit haben wir der Branche darüber hinaus einen einfachen Zugang ermöglicht: Forschungsabteilungen beziehen mit diesem Kit eine Auswahl verschiedener Enzyme die Sie in ihrer spezifischen Synthese testen können. Die einzelnen Enzyme können jederzeit bei uns in größeren Mengen nachbestellt werden, bis in den großtechnischen Maßstab.
Sehen Sie in der Entwicklung derartiger Kits für die Biokatalyse die Zukunft? Ist es das, was die Industrie verlangt?
Michael Puls: Die Biokatalyse ist eine der Schlüsseltechnologien im Zusammenhang mit der aktuellen Bewegung unserer Branche hin zur Nachhaltigkeit und einer ressourcen-schonenden Chemie. Die Herausforderung wird es sein, für möglichst viele Reaktionen die passenden Biokatalysatoren zur Verfügung zu stellen, d.h. also, sie für Forschungsabteilungen in Industrie und Akademia leicht zugänglich zu machen. Für einen Forscher sind Kits ein einfacher und schneller Einstieg in eine neue Technologie - er kann so, sehr schnell und ohne Informationen nach außen geben zu müssen, herausfinden, ob seine Verbindung durch Biokatalyse zugänglich ist oder nicht.
Oftmals findet sich im Kit sogar schon ein Enzym, das die Zielreaktion mit guter Effizienz katalysiert und der Kunde kann das Enzym nachbestellen. In Fällen, in denen weiteres Optimierungspotential besteht, stehen wir bei Evocatal natürlich bereit, mit unserer Technologie eben diese Optimierung schnell und effizient durchzuführen. Enzyme können so regelrecht auf einen bestimmten Prozess hin maßgeschneidert werden, was einen großen Vorteil gegenüber der klassischen Chemokatalyse darstellt. Wir können die gesamte Optimierung übernehmen, bis hin zur Prozessentwicklung und der Produktion der Zielverbindung in kommerziellen Maßstäben.
Sie haben bei der Entwicklung des Kits mit dem Forschungszentrum Jülich zusammen gearbeitet. Warum haben Sie sich für einen Partner außerhalb der Industrie entschieden?
Michael Puls: Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zum Forschungszentrum Jülich und natürlich auch zu unserer Alma Mater, der Universität Düsseldorf. Speziell mit den Arbeitsgruppen von Prof. Pohl vom FZ-Jülich und von Prof. Müller von der Universität Freiburg verbindet uns die Begeisterung für innovative Chemie. Die TPP- Enzyme sind dort bereits seit längerem Gegenstand der Forschung - sie sind für die Synthese-Chemie hoch interessant und innovativ. Wir haben dieses Potential in dem Falle gesehen und uns entschieden, die Enzyme auch für nicht-akademische Kunden nutzbar zu machen. Die Resonanz ist hervorragend! Es scheint, als habe der industrielle Einsatz der Enzyme bislang auf deren Verfügbarkeit gewartet.
In diesem Jahr haben Sie eine Partnerschaft mit RohnerChem geschlossen. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Welche Vorteile bringt diese Kooperation Ihnen und Ihren Kunden?
Michael Puls: Evocatal ist ein Anbieter von Enzymtechnologie, d.h. unsere Expertise ist die Entwicklung leistungsfähiger Biokatalysatoren und Prozesse. Rohner ist spezialisiert auf Scale-up, Großproduktion und natürlich auf die Entwicklung chemischer Prozesse. Unsere Technologien und Kompetenzen ergänzen sich daher hervorragend und Rohner hat sich in der Vergangenheit als äußerst verlässlicher Partner für uns erwiesen. Gemeinsam können wir unseren Kunden daher eine sehr breite Technologiepalette aus einer Hand bieten und akquirieren sogar gemeinsam Projekte. Aber auch auf persönlicher Ebene haben wir ein ausgesprochen gutes Verhältnis, was in der täglichen Zusammenarbeit sehr wichtig ist.
Planen Sie für aktuelle Projekte weitere Kooperationen? Wenn ja, mit unabhängigen Forschungseinrichtungen und/oder mit Chemie- und Pharmaunternehmen? Sehen Sie Evocatal als Mittler zwischen Forschung und Industrie?
Michael Puls: Um Ihre letzte Frage zuerst zu beantworten: Wir sehen uns als hoch innovatives Industrieunternehmen. Im Vordergrund steht für uns in allererster Linie das Interesse unserer Kunden, für die wir Lösungen entwickeln. Manchmal können wir solche Lösungen aus dem Regal ziehen - dafür haben wir unseren Enzymkatalog - aber oft entwickeln wir eine individuelle Lösung von A-Z, d.h. von der Bereitstellung des richtigen Enzyms über die Prozessentwicklung bis hin zum fertigen Produkt und sind erfolgreich dabei.
Wir sehen daher auch das Verhältnis zu unseren Kunden als eine Art Kooperation an. Ein Beispiel ist die erst kürzlich bekannt gegebene Zusammenarbeit mit Lanxess. Natürlich haben wir darüber hinaus auch ein sehr aktives Netzwerk im wissenschaftlichen Bereich und sind sehr aktiv beteiligt an internationalen Forschungskooperationen, bei denen es um neue Enzyme und Prozesse geht.
An welchen neuen Innovationen im Bereich der Biokatalyse arbeiten Sie gerade?
Michael Puls: Wir befinden uns aktuell in der sehr spannenden Zeit des Rohstoffwandels: Die Entwicklung weg von Erdöl-basierten Grundstoffen hin zu nachwachsenden „bio-basierten" Rohstoffen ist nicht nur ein gesellschaftliches Thema, sondern wird innerhalb der Industrie bereits vehement vorangetrieben.
Wir als Enzymhersteller halten in diesem Prozess eine der Schlüsseltechnologien in den Händen, nämlich den Zugang zu neuen, leistungsfähigen Enzymen, die eine der Grundvoraussetzungen sind, wenn man an diesem Thema arbeitet. Ohne zu viel zu verraten kann ich daher sagen, dass sich das Thema Rohstoffwandel durch unsere aktuellen Projekte zieht wie ein roter Faden. Auch hierfür ist unsere Kooperation mit Lanxess ein gutes Beispiel.