Asien: Chancen für den Mittelstand
Mit der richtigen Strategie bietet die ASEAN-Zone mittelständischen Unternehmen gute Wachstumsperspektiven
Immer mehr deutsche Mittelständler entdecken das Potenzial, das die Gemeinschaft Südostasiatischer Staaten (ASEAN) bietet. Die zehn ASEAN-Mitgliedsländer Indonesien, Thailand, Malaysia, Vietnam, Philippinen, Brunei Darussalam, Singapur, Laos, Kambodscha und Myanmar stellen derzeit weltweit die am schnellsten wachsende Wirtschaftsregion dar. Das Bruttoinlandsprodukt in der Region soll in den nächsten Jahren durchschnittlich um 6 % wachsen.
Als ein Land betrachtet, wäre ASEAN schon heute die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt mit einer Bevölkerung von über 600 Mio. Menschen und einer Wirtschaftsleistung von rund 2,4 Billionen USD. Wenn sich das Wachstum fortsetzt, wird die Staatengemeinschaft 2050 die viertgrößte Wirtschaftsleistung weltweit haben. Im Jahr 2013 exportierten die ASEAN-Staaten Waren im Wert von 956,8 Mrd. €. Seit 1990 ist ihr Beitrag zum Welthandel damit um das 8,5fache gewachsen.
Um einen gemeinsamen Binnenmarkt mit zollfreiem Warenverkehr, freiem Fluss von Dienstleistungen, Kapital, Investitionen und Arbeitskräften zu schaffen, haben sich die Mitgliedsstaaten weitere Integrations- und Harmonisierungsschritte vorgenommen. Der zollfreie ASEAN-Markt soll Ende 2015 mit der neuen ASEAN Economic Community (AEC) starten. Zusätzlich begünstigt seit 2010 die ASEAN-China-Freihandelszone Standorte in den Gemeinschaftsländern als Ausgangsbasis zur Bedienung lokaler Märkte.
Diese Entwicklungen sind auch für deutsche, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von großem Interesse. Um sich über die Potenziale der Wachstumsregion Asien auszutauschen folgten führende deutsche Mittelständler sowie Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft im vergangenen Oktober der Einladung des Economic Development Board (EDB) Singapurs zur Konferenz „Erfolgsrezepte für Asien" nach Stuttgart. Die Konferenz wurde vom BASF-Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Jürgen Hambrecht eröffnet. Auch er betonte die Relevanz ASEANs als attraktiver Zukunftsmarkt auch für mittelständische Unternehmen.
Unternehmen können die sich bietenden Geschäftschancen jedoch nur mit der richtigen Markteintrittsstrategie voll erschließen, aber vielerorts fehlt eine solche Strategie. Das ergab eine vom Marktforschungsinstitut Forsa gemeinsam mit dem Handelsblatt Research Institute (HRI) im vergangenen Jahr durchgeführte Umfrage unter Führungskräften in 700 deutschen Unternehmen. Fast die Hälfte der befragten Führungskräfte - 43% bei mittelständischen Unternehmen, 49 % bei großen Unternehmen - ist der Überzeugung, dass deutsche Unternehmen ihre Strategie nicht ausreichend auf die ASEAN-Region zugeschnitten haben.
Beh Kian Teik, International Director des Singapore EDB für Europa kommentiert die Ergebnisse. „Was wir aus vielen Gesprächen zu wissen glaubten, hat sich durch die Umfrage bestätigt: 43% der mittelständischen Unternehmen aus Deutschland können ihre Asienstrategie noch besser auf die Wachstumsregion ASEAN ausrichten."
Singapur hat bereits für einige Unternehmen aus dem deutschen Mittelstand, wie etwa Mann+Hummel, Pepperl+Fuchs, Sick, Heraeus oder Festo, als Standort eine entscheidende strategische Bedeutung. „Singapur ist unsere Brücke in die südostasiatischen Länder;" sagt Josef Parzhuber, CEO von Mann+Hummel Asia Pacific. So sieht es auch Daniela Klein, Geschäftsführerin von Heraeus Materials Singapore: „Wir wollen für regionale Märkte und Kunden vor Ort sein und auch dort produzieren."
Die Zahl deutscher Firmen mit eigenen Produktionsstandorten in Südostasien wächst beständig. So verschieden die einzelnen ASEAN-Staaten in ihrem Entwicklungsstand, ihrer Marktgröße oder in ihren politischen und wirtschaftlichen Systemen sind, so viel haben sie gemeinsam, wenn es um günstige Standortfaktoren geht. Dazu gehören wirtschaftsfreundliche Verwaltungen, relativ niedrige Produktions- und Infrastrukturkosten, staatliche Investitionen in Infrastruktur und Transportlogistik, attraktive Investitionsanreize sowie ein Reservoir an jungen, gut ausgebildeten Arbeitskräften.
Detaillierte Informationen über die unterschiedlichen Standorte können Unternehmen z.B. vom German-ASEAN Chamber Network (GACN) erhalten, welches 2012 von den deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) der ASEAN-Region insbesondere als Partner für KMUs geschaffen wurde. Dessen Geschäftsführer, Jan Rönnfeld, hält es für vorteilhaft, dass KMUs, die einen Markteintritt in Asien planen, die ASEAN-Region in den Fokus Ihrer unternehmerischen Aktivitäten rücken. Die gute Durchdringung der regionalen Märkte durch die bereits heute weitgehende Integration des südostasiatischen Wirtschaftsraums lässt sich für eine regionale Strategie gut nutzen.
Um den asiatischen Markt zu erschließen, ist ein regionaler Firmensitz unabdingbar. Vor Ort können Unternehmen die asiatischen Märkte besser einschätzen und ihre Produkte und Dienstleistungen an die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen. Produktion und Entwicklung in Asien können nicht mehr allein aus Europa geführt werden. Viele Mittelständler haben sich für Singapur entschieden, um die Geschäftsaussichten in Asien gewinnbringend zu nutzen. So betreibt z.B. die Bauer-Gruppe schon seit den 1980er Jahren einen regionalen Firmensitz im Stadtstaat. Klaus Schwarz, Geschäftsführer der Bauer Far East Group unterstreicht die Bedeutung Singapurs als globale Drehscheibe: „Wir sehen Singapur als strategischen Hub in der Region."
Das bereits ausgehandelte Freihandelsabkommen (FHA) Singapurs mit der EU, das nach dem Ratifizierungsprozess noch in diesem Jahr in Kraft treten kann, dürfte zu einer Belebung des bilateralen Außenhandels beitragen und weitere Unternehmen in den Stadtstaat locken, der bereits heute als „Asien für Einsteiger" bezeichnet wird. „Gegenseitige Direktinvestitionen sind bis 2012 schon stetig gewachsen, und dieser Trend wird sich nun eher noch verstärken", erwartet Dr. Tim Philippi, Geschäftsführer der Deutsch-Singapurischen Industrie- und Handelskammer.
Singapur wird das erste ASEAN-Land sein, mit dem die Europäische Union ein FHA abschließt. Aber solche Abkommen werden auch mit anderen ASEAN-Staaten angestrebt, etwa Malaysia und Vietnam. Denn ein zwischen der EU und ASEAN geplantes, umfassendes Freihandelsabkommen liegt seit 2009 auf Eis und die Strategie der EU ist es nun, mit möglichst vielen einzelnen Ländern Freihandelsverträge abzuschließen. „Ein Abkommen auf regionaler Ebene mit den ASEAN-Staaten bleibt ein wichtiges strategisches Ziel der EU", erklärt Harvey Rouse, Berater und Leiter der Handels-und Wirtschaftsabteilung der EU-Delegation für ASEAN. Das FHA mit Singapur soll dafür als Vorbild dienen.
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