Zukunftsfähige Lösungen im Pharmalager
Interview mit Herbert Schorrer, Director Technologies & Solutions im Bereich Healthcare & Cosmetics bei SSI Schäfer
Welche Voraussetzungen ein Lager für Pharmazeutika hierzu mitbringen muss und wie dies technisch realisiert werden kann, erläutert Herbert Schorrer, Director Technologies & Solutions im Bereich Healthcare & Cosmetics bei SSI Schäfer im Interview. Die Fragen stellte Sonja Andres.
CHEManager: Herr Schorrer, was unterscheidet aus Herstellersicht ein Lager für Pharmazeutika von einem „normalen“ Handelslager?
Herbert Schorrer: Neben der schnellen Auftragsabwicklung für eine Same-Day oder Next-Day Delivery und der Abdeckung von Auftragsspitzen haben im Healthcare-Bereich vor allem eine Null-Fehler-Toleranz sowie eine lückenlose Rückverfolgung der Artikel höchste Priorität, um die essentielle Patientensicherheit zu gewährleisten. Diese Anforderungen stellen die Intralogistik von Herstellern und Distributoren vor Herausforderungen.
Wo liegen die kritischen Punkte eines Lagers für Pharmazeutika und weshalb sind diese kritisch?
H. Schorrer: Vom Auftragseingang bis zur Auslieferung sind sehr kurze Durchlaufzeiten gefordert, womit eine schnelle und effiziente Kommissionierung gewährleistet sein muss. Anlagen sollten außerdem darauf ausgelegt sein, dass sie zusätzlich zum normalen Kommissionierbetrieb kurzfristig innerhalb eines Tages auch enorme Auftragsspitzen abdecken können.
Aufgrund der gesetzlichen Anforderungen und Richtlinien sind außerdem Prozesse zu gewährleisten, die eine lückenlose Nachverfolgbarkeit in der Lagerhaltung, Kommissionierung und Lieferung ermöglichen. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zum Tracking & Tracing garantiert die notwendige Patientensicherheit und kann den entscheidenden Wettbewerbsvorteil ausmachen.
„Rückverfolgbarkeit gewährleistet den Schutz vor Fälschungen und sichert die Zuverlässigkeit der Lieferkette.“
Wir bei SSI Schäfer verpflichten uns dem Thema Sicherheit und bieten eine lückenlose Dokumentation von verschreibungspflichtigen Medikamenten über das gesamte Lager hinweg. Diese Rückverfolgbarkeit gewährleistet den Schutz vor Fälschungen und sichert die Zuverlässigkeit der Lieferkette. Zudem sind Qualitätskontrollen und die Einhaltung bestimmter Prozesse sehr wichtig, um die Sicherheit zu gewährleisten, zum Beispiel durch getrennte Lagerbereiche für Kühlartikel oder toxische Artikel.
Welche Lösungen für Rückverfolgung innerhalb eines solchen Lagers bieten sich beispielsweise aus technischer Sicht an und sind für Pharmazeutika praktikabel?
H. Schorrer: Von manuellen bis teil- und vollautomatisierten Lösungen zur Erfassung von Seriennummern, Chargennummern und Verfallsdaten reicht unser umfassendes Portfolio.
Neben dem manuellen Scannen von Produkten mittels RF Picking (Anm. d. Red.: RF = Radio Frequency) bieten wir mit unserer ergonomisch optimierten Advanced Pick Station ein Ware-zur-Person Arbeitsplatzsystem zur Kommissionierung direkt in Auftragsbehälter und Kartons mit integriertem Produktscan. Die Advanced Pick Station bietet eine hohe Pickleistung und kann an ein automatisches Lager angebunden werden.
Mit dem A-Frame können Produkte automatisch kommissioniert und in Verbindung mit einem direkt angeschlossenen Product Verifier verifiziert werden. Jeder einzelne Artikel wird ausgerichtet und durch hochsensible Kameras von allen sechs Seiten erfasst. Eventuelle Lesefehler werden markiert und betroffene Behälter automatisch in eine Kontrollstation ausgeschleust. Der Product Verifier ist um ein Vielfaches schneller im Vergleich zur herkömmlichen, manuellen Verifizierung und ermöglicht ein lückenloses Tracking & Tracing der Pharma-Artikel.
Eine vollautomatisierte Robotik-Lösung zur Kommissionierung, Identifizierung, Dokumentation und Kontrolle bieten wir mit einer modernen Piece-Picking-Applikation. Die hochleistungsfähigen Piece-Picking-Roboter für die automatisierte Einzelstückkommissionierung lassen sich nahtlos in logistische Gesamtsysteme integrieren. Sie decken unterschiedlichste Auftragsstrukturen ab und erbringen unabhängig von Umgebungsbedingungen oder ergonomischen Anforderungen eine konstante Performance. Integrierte Kameras erfassen jedes einzelne Produkt und sorgen zeitgleich für eine 100-prozentige Verifizierung.
Eine automatisierte Qualitätskontrolle von manuell, teil- oder vollautomatisch kommissionierten Kundenaufträgen erfolgt mit dem Order Verifier. In einem einzigen Schritt werden die Artikel identifiziert, gezählt, geprüft, verifiziert und dokumentiert – unabhängig davon, ob es sich um einen kubisch oder zylindrisch geformten Artikel, eine Blisterverpackung, Tube oder Tüte handelt. Als End-of-Pipe-Lösung kann der Order Verifier einfach in bestehende Lager integriert werden.
Neben den Tracking & Tracing-Anwendungen bedienen wir die gesamte Spanne von manuellen, teil- und vollaustomatisierten Produkten und Systemen, um den individuellen Kundenanforderungen mit maßgeschneiderten Lösungen zu begegnen.
Wie lassen sich die drei pharmarelevanten Temperaturzonen (-25 °C, +2 °C bis +8 °C und +15 °C bis +25 °C) in dieses System eingliedern und kontrollieren?
H. Schorrer: In einem klassischen Lager für Pharmazeutika herrschen Temperaturen über Null, darauf sind alle unsere Systeme und Lösungen zur Lagerung, Kommissionierung und Verifizierung ausgelegt und einsetzbar.
Sind die Track & Trace-Lösungen dann auch über das Lager hinaus nutzbar? Wenn ja, welche Voraussetzungen müssen beim Transporteur gegeben sein?
H. Schorrer: Die Rückverfolgung betrifft die gesamte Supply Chain, vom Produzenten bis zum Apotheker. Wir bieten Lösungen zur lückenlosen Nachverfolgbarkeit innerhalb eines Distributionszentrums, also vom Wareneingang bis zum Warenausgang des Lagers.
Die Behälter, die nach erfolgter Kommissionierung zu den Apotheken gelangen sollen, werden durch unsere Systeme verschlossen, umschnürt und somit transportsicher gemacht. Je nach Produktklassifikationen gibt es Kühlboxen oder Behälter, die zum Beispiel bei Betäubungsmitteln verplombt werden. Der Fahrer muss die Übernahme bestätigen und der Apotheker bestätigt, dass er die Box bekommen hat. Eine finale Kontrolle der Lieferung erfolgt dann nochmals durch den Apotheker.
Können die Kunden die SSI Schäfer-Softwarelösungen zur Kontrolle der Transport- und Fördersysteme in die eigene IT-Struktur einbinden?
H. Schorrer: Das Rückgrat eines jeden zuverlässigen und flexiblen Lagers sind unsere Softwarelösungen. Die von uns eigens entwickelte Standardlogistiksoftware Wamas verbindet alle Intralogistikkomponenten des Kunden zu einem intelligenten System. Sie ist eine modulare Lösung, die sich nahtlos in bestehende Intralogistik integrieren lässt.
Vom Wareneingang über die Lagerung und Kommissionierung bis zur Auslieferung ist sie das Bindeglied in der Logistikkette. Diese Standardsoftware beinhaltet ein umfassendes Funktionsportfolio, von der Lagerverwaltung bis zum Materialflusssystem und ist zudem kompatibel mit allen SSI Schäfer Komponenten und Schnittstellen zu Drittanbietern. Die Software ermöglicht die – für diese Branche besonders wichtige – Seriennummern- und Chargenrückverfolgung sowie die Überprüfung des Verfallsdatums und die Durchgängigkeit der Kühlkette.
Mit Wamas Lighthouse überwacht, steuert und optimiert der Kunde die Produktivität des Gesamtsystems. Die Softwarelösung bündelt als „Central Point of Information“ alle Informationen des Lagers und stellt sie mobil und in Echtzeit in Form von einfach erfassbaren Analyse-Dashboards zur Verfügung.
Es ist ein offenes System, das die Daten aller vorhandenen IT- und Steuerungssysteme einer Intralogistik-Anlage integriert. Topaktuelle Technologien und smarte Schnittstellenkonzepte ermöglichen jede Anbindung – von der Automatisierungsebene bis hin zum Warenwirtschaftssystem. Es ist das Tool zur Datensammlung, Integration und Visualisierung und versorgt die Mitarbeiter mit den richtigen Informationen.
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