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Vorstellung des neuen GuD-Kraftwerks im Industriepark Wiesbaden

05.10.2021 - InfraServ Wiesbaden (ISW) hat erstmals das neue Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD) für die Energieversorgung im Industriepark Wiesbaden Teilen der Öffentlichkeit vorgestellt.

Als Gastredner dabei waren Hessens Finanzminister Michael Boddenberg und Wiesbadens Bürgermeister und Wirtschaftsdezernent Dr. Oliver Franz. Finanzminister Boddenberg war mit seinem Vortrag kurzfristig für den Ministerpräsidenten Hessens, Volker Bouffier, eingesprungen, der sich zu politischen Gesprächen in Berlin aufhält.

Eingeladen waren neben den großen Standortunternehmen zahlreiche Geschäftspartner, die einen Beitrag zur Realisierung des bislang größten Investitionsprojekts des Industrieparkbetreibers geleistet haben. Unter den etwa 50 geladenen Gästen waren auch Vertreter von Behörden, Verbänden und aus der Nachbarschaft des Industrieparks, darunter die Ortsbeiräte der angrenzenden Stadteile Wiesbaden-Biebrich und Mainz-Amöneburg.

Die modernisierte Kraftwerksanlage mit einem Investitionsvolumen von knapp 95 Mio. EUR wurde bereits im Juli 2021 in den Vollbetrieb genommen. Corona-bedingt wurde damals auf eine Einweihung und Vorstellung mit Gästen verzichtet, was nun unter Einhaltung der 3G-Regeln nachgeholt werden konnte. Das neue GuD-Kraftwerk bietet den 75 Standortunternehmen, darunter etwa 15 große Produktionsbetriebe aus den Bereichen Lebensmittel, Chemie und Pharma, dauerhaft attraktive Standortbedingungen. Die behördliche Genehmigung für den Baubeginn war vom Regierungspräsidium Darmstadt im Juli 2019 erteilt worden.

Hessens Finanzminister Michael Boddenberg würdigte die Modernisierung der Energieerzeugung im Wiesbadener Industriepark als zukunftsweisende Investition. „InfraServ Wiesbaden investiert rund 95 Millionen Euro in die Energieinfrastruktur des Industrieparks in der hessischen Landeshautstadt. Durch das neue Gas- und Dampfturbinenkraftwerk wird die Stromerzeugung im Industriepark nicht nur wesentlich effizienter, auch die Abhängigkeit von Stromimporten sinkt. Die Investition stärkt damit den Industriestandort Hessen und macht Arbeitsplätze vor Ort zukunftsfest. Die Hessische Landesregierung unterstützt Unternehmen tatkräftig dabei, beispielsweise durch beschleunigte Genehmigungsverfahren wie in diesem Fall. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir in Hessen Industrieunternehmen haben, die weiterdenken“, sagte Michael Boddenberg, Hessischer Finanzminister. In seiner Keynote mit dem Titel „Energiewende, Klimaschutz und Digitalisierung: Weichenstellungen für eine erfolgreiche Industriepolitik“ widmete er sich auch grundsätzlichen Fragen einer nachhaltigen Energieversorgung.

Wiesbadens Bürgermeister und Wirtschaftsdezernent Dr. Oliver Franz betonte in seinem Impulsvortrag „Gemeinsam auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen Industriestandort Wiesbaden“ die Aufgabe und Notwendigkeit gemeinschaftlicher Weichenstellungen. Als ein Forum hierfür nannte er den Industriebeirat Wiesbaden, dem mittlerweile 16 Unternehmen in der hessischen Landeshauptstadt und fünf assoziierte Mitglieder angehören, und der sich am 6. Oktober 2021 offiziell konstituiert. Dr. Oliver Franz, Bürgermeister und Wirtschaftsdezernent Wiesbaden sagte: „Der Industriepark ist die größte lokale Agglomeration industrieller Betriebe in Wiesbaden. Er prägt die Wahrnehmung der Stadt als Industriestandort. Umso wichtiger ist es, dass dieser Industriepark für eine moderne, innovative und nachhaltige Industrie steht. Das neue GuD-Kraftwerk ist hierfür ein gutes Beispiel. Dies betrifft auch die gute Zusammenarbeit von Betreibergesellschaft, Behörden und weiteren Beteiligten.“

Nach einem herzlichen Dankeswort an alle beteiligten Parteien beleuchteten zuvor die beiden Geschäftsleiter der InfraServ-Wiesbaden-Gruppe, Cornelia Lentge und Jörg Kreutzer, die wachsenden Herausforderungen bei der Planung und Umsetzung investitionsstarker Industrieanlagen in Zeiten der Energiewende und des Klimawandels und der einhergehender Unsicherheiten auf den internationalen Märkten.

Jörg Kreutzer, Geschäftsleiter der InfraServ-Wiesbaden-Gruppe, stellte heraus, dass es nur durch einen gemeinsamen Kraftakt gelungen sei, den ursprünglichen Zeit- und Budgetrahmen beim Kraftwerksbau einzuhalten, was er als großartigen Erfolg bezeichnete. Auch die Corona-Pandemie habe Dank erfolgreicher Infektionsschutzmaßnahmen im Industriepark den zielstrebigen Baufortschritt nicht aufhalten können. Jörg Kreutzer sagte: „Wir hatten bei der Realisierung des Kraftwerkprojekts eine Reihe von unerwarteten Herausforderungen zu meistern. Mit der Inbetriebnahme der modernen Kraftwerksanlage haben wir nun den wichtigsten Meilenstein dieses bislang größten ISW-Infrastrukturprojekts für den Industriepark Wiesbaden erreicht. Wir sichern damit die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts mit seinen derzeit knapp 6000 Arbeitsplätzen. Aber die Projektarbeit geht weiter: Sorgfältig und konzentriert werden in den kommenden Monaten im laufenden Kraftwerksbetrieb die Fahrweise der beiden neuen Gasturbinen-Kessel-Kombinationen mit den schon bestehenden und in Betrieb bleibenden Anlagenkomponenten optimiert. Die Inbetriebnahme des modernen Kraftwerkskomplexes wird uns helfen, als großer deutscher Industriestandort in Zeiten der Energiewende gut zu bestehen. Bei der Realisierung des Projekts haben wir auch unsere digitalen Kompetenzen in Richtung einer Industrie 4.0 erheblich ausbauen können.“

Cornelia Lentge, Geschäftsleiterin der InfraServ-Wiesbaden-Gruppe, erläuterte, dass die Verdopplung der Kraftwerksleistung es ermögliche, nunmehr sehr weitgehend auf den Zukauf von Strom und damit auch auf große Mengen Kohlestrom zu verzichten. Der Fremdstromanteil des im Wiesbadener Industriepark benötigten Stroms lag vor der Modernisierung bei rund zwei Dritteln des Gesamtbedarfs. Durch die Reduzierung der Kohlestromnutzung werde ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung des Klimaschutzes geleistet. Cornelia Lentge sagte: „Wir sehen uns als Industrieparkbetreiber und zentraler Energieversorger hier am Standort in der Verantwortung, für die in Deutschland anvisierte Klimaneutralität bis 2045 durch die anhaltende Modernisierung unserer Anlagen einen wichtigen Beitrag zu leisten. Auf diesem eingeschlagenen Weg müssen Forschung, Wirtschaft und Politik weiterhin eng zusammenarbeiten, um genügend große Mengen emissionsfreien Stroms aus erneuerbaren Quellen wirtschaftlich und sozial vertretbar erschließen zu können. Daneben ist es für uns als Industrieparkbetreiber unabdingbar, dass wir uns weiterhin intensiv mit den Folgen des Klimawandels beschäftigen und unsere Resilienz als Produktionsstandort erhöhen.“

Flankiert wurde die Veranstaltung von einem Fachvortrag von Dr. Ilka Teermann, Leiterin Ver- und Entsorgung bei InfraServ-Wiesbaden. Sie erläuterte, dass mit der Modernisierung der Kraftwerksanlage zeitweise überschüssig produzierter Strom in das vorgelagerte öffentliche Stromnetz eingespeist werden könne. Hierfür sorge der Ausbau der Stromleistung von zuvor 32 Megawatt (MW) auf jetzt 78 MW. Auch die besicherte Dampfleistung des Kraftwerkskomplexes sei auf mehr als 230 Tonnen/Stunde deutlich erweitert worden. Die weitgehende Energieautarkie für den Industriepark sei darauf ausgelegt, den Standortunternehmen ein hohes Maß an Energie-Sicherheit und Netz-Stabilität zu bieten. Nach den Vorträgen wurden den Gästen die Möglichkeit geboten, das GuD-Kraftwerk inklusive seiner digital gesteuerten Zentralwarte zu besichtigen.

Über das neue GuD-Kraftwerk
Zu zwei verbliebenen Dampfkesseln des Altkraftwerks sind im Rahmen der Modernisierung zwei leistungsstarke Gasturbinen-Kessel-Kombinationen hinzugekommen. Für diese Neukomponenten wurde ein 36 m hohes Kesselhaus als Stahlbaukonstruktion errichtet, wofür rund 800 t Stahl verbaut wurden. Der regionale ISW-Partner ESWE Versorgung führt über eine neue Hochdruckleitung Erdgas an die Gasturbinen des GuD-Kraftwerks heran.

Im Altkraftwerk des Industrieparks waren früher vier Dampfkessel befeuert worden, wovon einer das Ende seiner technischen Lebensdauer erreicht hat und abgeschaltet wurde. Ein weiterer Kessel aus dem Altbestand ist aus dem Regelbetrieb herausgenommen worden und dient fortan als Kaltreserve für den Fall, dass der Energiebedarf zukünftig steigen sollte.

An das neue Kesselhaus mit den hochmodernen Gasturbinen-Kessel-Kombinationen ist ein 40 m hoher Kopfbau angegliedert. Darin befindet sich das Herzstück der Gesamtanlage: eine hochmoderne Zentralwarte, von der aus das GuD-Kraftwerk und perspektivisch alle Anlagen zur Ver- und Entsorgung im Industriepark rund um die Uhr im 24/7-Betrieb digital unterstützt gesteuert werden.

Bei der Planung und Realisierung des Kraftwerksprojektes spielte der Klimaschutz eine wichtige Rolle. Das nach dem Prinzip einer Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) arbeitende GuD-Kraftwerk erreicht einen durchschnittlichen Energieausnutzungsgrad von über 80%. Es gilt als hocheffizient und anerkannte Brückentechnologie zur nachhaltigen Energieversorgung ohne Kohle und Kernkraft.

Dem Klimaschutz zugute kommt der weitgehende Verzicht auf den Zukauf von Kohlestrom. Mit dem Altkraftwerk lag der Fremdstromanteil beim Betrieb des Industrieparks bei etwa zwei Drittel des Gesamtstrombedarfs mit etwa 420 Gigawattstunden (GWh). Steinkohle weist als Energiequelle eine etwa um den Faktor zwei ungünstigere Klimabilanz auf als die Nutzung von Erdgas in einem modernen GuD-Kraftwerk. Über die gesamte Kette der Energieschöpfung von der Rohstoffgewinnung bis zur energetischen Nutzung ergibt sich somit eine günstigere Gesamtklimabilanz.

Im Begriff Brückentechnologie steckt der Hinweis auf weitere Potenziale für verbesserten Klimaschutz bei der Energieversorgung. Als Vision vorgedacht ist bereits, die Gasturbinen in einigen Jahren auch durch die Verbrennung gasförmige Brennstoffe anzutreiben, die nicht auf fossilen Rohstoffen beruhen.

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