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Visitenkarte für Anlagenbauprojekte

Technip Germany erwartet verbessertes Investitionsklima

26.03.2010 -

Technip Germany, eine 100%-Tochtergesellschaft der Technip SA in Frankreich, lebt mit seinen rund 300 Mitarbeitern eine enge, bereichsübergreifende Zusammenarbeit mit vielen Konzerngesellschaften des weltweit über 20.000 Beschäftigte zählenden Anlagenbaukonzerns. Das Kerngeschäft der deutschen Konzerntochter umfasst den Bau von Anlagen für die Öl-, Gas-, Chemie- und Petrochemieindustrie von der Projektierung über die Konstruktion, das Basic- und Detail-Engineering bis zu deren Inbetriebnahme. Dr. Michael Reubold befragte Mesut Şahin, Vorsitzender der Geschäftsführung von Technip Germany, zur aktuellen Geschäftsentwicklung und den Perspektiven.

CHEManager: Herr Şahin, wie stellt sich für Technip Germany die aktuelle Auftragslage dar und welche Großprojekte realisieren Sie gerade?

M. Şahin: Wir haben für das laufende Geschäftsjahr einen richtigen „Jumbo" sicher auf die „Landebahn" unseres Kunden zu bringen. Zurzeit bearbeiten wir neben zahlreichen Studien Projekte aus den Bereichen Onshore-Pipelines, Untergrundgasspeicher sowie Modernisierung und Erweiterung von Raffinerien. Wir bauen in den Vereinigten Arabischen Emiraten in einem Joint Venture eine 130 km lange Wasserpipeline mit den zurzeit weltweit größten Pumpstationen für diese Zwecke. Für zwei wichtige Untergrundgasspeicher-Projekte in Deutschland erbringen wir für unsere Kunden unsere Ingenieur und Projektmanagementleistungen auf EPCM-Basis. Wir modernisieren und erweitern gegenwärtig gleichermaßen Produktionsanlagen für namhafte Raffineriebetreiber in Deutschland. Diese Projekte haben hohe Engineeringanteile, die uns eine kontinuierliche Auslastung unserer Kapazitäten sichern.

Sind Sie auch mittelfristig mit dem Auftragseingang zufrieden?

M. Şahin: Im Großanlagenbau werden Krisen normalerweise antizyklisch gelebt. Das heißt, wir haben die Chance, während andere sich schon in der Krise befinden, Vorsorge zu treffen und mit unserem breit gefächerten Portfolio gegenzusteuern. Die momentane Auslastung ist gut. Aber wir müssen uns heute erfolgreich um Auftragsvergaben kümmern, die bis in das Jahr 2011 und weiter Beschäftigung sichern. Es gilt daher jetzt besonders, potentielle Kunden zu überzeugen. Krisengeschüttelt beauftragen diese in der Tat deutlich verhaltener und versuchen zugleich, ihre eigenen Preisvorstellungen härter einzufordern.

Was erwarten Sie für das Jahr 2010?

M. Şahin: Insgesamt sollte das Jahr 2010 ein besseres Investitionsklima mitbringen als es 2009 zurückgelassen hat. Das Projektgeschäft wird nicht schwächer, aber der Markt wird heiß umkämpft sein. Wir erwarten im Ergebnis keine einheitliche Entwicklung über alle unsere Betätigungsfelder für 2010. Aber genau das zu erkennen erlaubt uns, unsere Ressourcen möglichst optimal zu steuern.

Wie entwickelt sich Ihr Geschäft regional?

M. Şahin: Das Geschäft in den Vereinigten Arabischen Emiraten wird sich in 2010 erholen können. Die Rahmenbedingungen für die Raffineriebetreiber in Europa werden wohl noch etwas Zeit brauchen, um hier von einem Aufschwung sprechen zu dürfen. Das Geschäft mit Gasverarbeitungs- und -speicheranlagen wird sich weiter positiv entwickeln. Das gilt besonders für Deutschland, wo wir ja sehr gute geologische Voraussetzungen finden, die uns einen Standortvorteil im internationalen Vergleich geben.

Gilt das auch für das Investitionsklima in Deutschland generell?

M. Şahin: Wir sind der Meinung, dass der Investitionsstandort Deutschland weiterhin weltweit anerkannt wird. Nordrhein-Westfalen mit seiner Wirtschaftskraft nimmt hier sicherlich zusätzlich eine positive Sonderrolle ein. Die Kreativität der weltoffenen und dem Neuen gegenüber toleranten und neugierigen Menschen und ihre hohe Leistungsbereitschaft sind die entscheidenden Assets. Studien zeigen, dass es Deutschland trotz des erheblichen Rückgangs der weltweiten Investitionen in 2008 gelungen ist, seine Wettbewerbsposition wieder deutlich zu verbessern. Darüber hinaus hat das Land gerade davon profitiert, dass Unternehmen verstärkt nach stabilen und verlässlichen Standorten für ihre Aktivitäten suchen. Deutschland nimmt eine gute Position im internationalen Standortwettbewerb ein.

Das klingt nach verhaltenem Optimismus.

M. Şahin: Die Investitionsbereitschaft im hoch entwickelten Deutschland ist naturgemäß nicht so hoch wie in den Ländern der Welt, die aufholen wollen und Dank wirtschaftlicher Prosperität auch können. Das sind trotz Finanzkrise aus heutiger Sicht die Nahoststaaten, Indien, China und auch die GUS-Staaten. Aber auch bei uns in Deutschland geht der Trend in die richtige Richtung. Ausländische Unternehmen treten hier vermehrt in Erscheinung, entweder alleine oder als Co-Investor in einer Partnerschaft. In den kommenden 2-3 Jahren sind wieder einige neue Projekte auch in unserem Land realistisch absehbar.

Wie arbeitet Technip Deutschland mit internationalen Konzerntöchtern oder -niederlassungen zusammen?

M. Şahin: Als Tochtergesellschaft der Technip SA profitiert Technip Germany von den Ressourcen der Gruppe in Bezug auf Personal, Know How und Erfahrung. Technip verfügt über ein weltweites Netz von Technologiezentren,  z. B. in Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, den Niederlanden, Russland, Abu Dhabi, Indien und Malaysia.

In ihrem globalen Netzwerk von Niederlassungen beschäftigt Technip kompetente Ingenieure, die über eine große Erfahrung mit der Konzeption und Umsetzung einer Vielzahl von großen Produktionsstätten in der Öl-, Gas-, sowie in der Chemischen-, Petrochemischen-Industrie und verwandter Industriezweige verfügen. Je nach den besonderen Anforderungen eines Projektes greift Technip Germany auf Personal mit entsprechendem technischen Know-how zurück, zum Nutzen ihrer Kunden.

Aber auch die Kaufleute arbeiten international zusammen, z.B. im Global Procurement Program, um für die wichtige Beschaffungsseite optimale Ergebnisse und eine erfolgreiche Projektdurchführung zu erzielen.

Gibt es zentrale technische Funktionen, etwa F&E, einen Know-how-Pool bzw. -Transfer, etc.?

M. Şahin: Es ist ein zentrales Prinzip von Technip und mithin auch von Technip Germany, dass wir nicht unsere Eigenentwicklungen unseren Kunden gewissermaßen „aufzuzwingen" versuchen. Im komplexen Großanlagengeschäft verstehen wir unseren Ansatz so, dass wir für unsere Kunden flexible Lösungsansätze umsetzbar machen. Natürlich greifen wir hier auf unseren konzernweiten Erfahrungsschatz zurück, aber vor allem hören wir unseren Kunden sehr genau zu, was sie wollen und brauchen. Da sind oft festgefahrene Vorstellungen von selbst entwickelten Patenten und deren Überlegenheit fehl am Platz und kein Wettbewerbsvorteil. Know-how-Transfer im Konzern gibt es auf sehr professionelle Weise; Benchmarking, Lessons Learned, HSE, Quality-Meetings sind hier nur die wichtigsten Stichworte. Das nehmen wir sehr ernst und beachten zugleich, dass viele Prozesse der von uns zu bauenden Anlagen auch im berechtigten Interesse unserer Kunden originäre und geschützte Verfahren des Kunden sind. Unser Konzern ist sehr technologieorientiert und Technip investiert vermehrt in die Neu- und Weiterentwicklung, insbesondere in den Bereichen Floating LNG, CCS und erneuerbarer Energien. Konkret ist festzuhalten, Forschung und Entwicklung werden produktorientiert in den zuständigen Organisationseinheiten betrieben. Das so entstehende Know How wird in der Holding gepoolt und steht allen Gliedern des Konzerns zur Verfügung.

Schlägt sich das gestiegene Bewusstsein für saubere Technologien in Ihren Auftragsbüchern nieder?

M. Şahin: Nun, wir sind heute nicht der „Haus- und Hoflieferant" für „Green Energy" Projekte. Und doch sind alle aktuell von uns verfolgten Projekte, ja sogar auch alle Angebotsbearbeitungen, von dem klaren Bestreben um optimalen Ressourcenumgang und damit einhergehender Schonung und Erhalt der Umwelt getragen. Die im letzten Jahr fertig gestellte Entschwefelungsanlage für die Total-Raffinerie Mitteldeutschland dient vor allem der Zielsetzung, schwefelärmeres Dieselöl herstellen zu können und damit neben anderen Verwendungen auch modernste umweltschonende Heizungsanlagen überhaupt erst betreibbar zu machen.. Nicht alle Projekte haben einen so direkten Bezug zu öffentlich wahrgenommen Umweltaspekten. Aber der Preiskampf um Energie insgesamt bewirkt ein Bewusstsein um höchste Effizienz beim Betreiben von energieerzeugenden, -verarbeitenden und -liefernden Anlagen. Dass in diesem Sinne der Umweltgedanke immer eine sehr wichtige Rolle spielt und auch unsere Auftragsbücher füllt, kann ich bestätigen.

Wie gehen Sie als Generalkontraktor bei der Auswahl Ihrer Projektpartner vor?

M. Şahin: Bei Turn Key-Projekten für die internationale Öl- und Gasindustrie enthalten die Ausschreibungen als Basis der Vertragsunterlagen in der Regel sogenannte Vendor/Subcontractor-Listen, die für die einzelnen Ausrüstungen, Materialien und Gewerke vom Kunden zugelassene Lieferanten bzw. Subunternehmer benennen.

Welche Anforderungen müssen diese Lieferanten und Subunternehmer erfüllen?

M. Şahin: Sie haben sich einem Präqualifikationsprozess unterzogen, in dem das betreffende Unternehmen seine besondere Eignung und bestehende Erfahrungen und Referenzen hinsichtlich HSE, Qualität, technologisches Know-how, Finanzkraft und anderer projektspezifischer Anforderungen demonstriert hat. Für den Fall, dass solche Listen nicht existieren, unvollständig sind, oder wir aus Wettbewerbsgründen zusätzliche Lieferanten und Subunternehmer anfragen dürfen bzw. möchten, führt Technip geeignete Präqualifikationen selbst durch und lässt sich seine Auswahl alternativer Lieferanten ggfs. vom Endkunden genehmigen.
Technip greift bei der Auswahl nachgeordneter Subunternehmer zudem auf hauseigene Datenbanken zurück, in denen das Leistungsprofil und Bewertungen aus früheren gleichartigen Auftragsabwicklungen für Technip enthalten sind und ständig aktualisiert werden. Des Weiteren stehen Technip weit reichende Daten aus ihrem Global Procurement System zur Verfügung. Mit einer großen Anzahl wichtiger Lieferanten bestehen zudem Rahmenverträge, die Technip fixierte Bedingungen und Wettbewerbsvorteile einräumen. 

Fällt es Ihnen schwer, qualifiziertes Personal wie Ingenieure zu finden?

M. Şahin: Ja, es ist schwierig, Ingenieure zu finden, die über die für uns notwendigen Kenntnisse z.B. im Pipelinebau, in der Planung von Untergrundspeichern verfügen. Oftmals verfügen die Bewerber nicht über die gesuchten Qualifikationen und/oder es fehlt ihnen Berufserfahrung und einschlägiges Know-how

Wie erreichen Sie, dass das Personal nicht nur optimal geschult und instruiert, sondern auch so motiviert ist, dass das Sicherheitsbewusstsein nicht einer Routine zum Opfer fällt?

M. Şahin: Motivation von anderen zu fordern gelingt nur, wenn es auch Vorbilder gibt. Sicherheitsbewusstsein muss also vorgelebt werden, von jedem Mitarbeiter. Genau das ist bezogen auf unser Geschäft im so genannten Pulse Programm festgeschrieben und wird durch intensive Trainings auch weitergegeben. Risiken pro aktiv analysieren, Vorkehrungen treffen und damit einen sicheren Ablauf garantieren, das gilt es, für jeden Arbeitsschritt auf allen Technip Baustellen auch durch Einbinden aller am Bau beteiligten Parteien zu erreichen. Da es im Großanlagenbau immer um Einzelfertigungen komplexer Projekte geht sind Routinen selten. Die Herausforderungen bestehen vielmehr darin, Sicherheitsaspekte auch dort zu garantieren, wo wirklich neue Wege beschritten werden.

Fällt es in der heutigen Zeit, wo Kosten mehr denn je im Fokus stehen, schwer, den Kosten- und Zeitaufwand für Sicherheit von Ihren Subunternehmen einzufordern und gegenüber Ihren Auftraggebern zu rechtfertigen?

M. Şahin: Kosten für die Sicherheit sind direkte Investitionen in den Erfolg aller am Projekt beteiligten Personen. Wir brauchen das im Regelfall unseren Kunden nicht zu erklären, es ist eher eine Voraussetzung dafür, einen Auftrag auch buchen zu können, dass unsere Kontraktoren uns das Thema Sicherheit hundertprozentig zutrauen. Wir haben hier jüngst ein konzernweites „Pulse"-Programm aufgelegt, das all diese Aspekte auch für unsere Kunden transparent macht. Wir haben uns das Ziel gesetzt, hier als „Referenz" von unseren Kunden am gesamten Markt anerkannt zu werden. Jeder Mitarbeiter von Technip durchläuft ein spezielles Training. In 2010 erweitern wir dieses Programm auf unsere Partner, Subkontraktoren und sogar das Kundenpersonal wird eine intensive Schulung durchlaufen. Besonders stolz sind wir, dass wir in 2009 ein Erweiterungs-/Modernisierungsprojekt für den erwähnten Mitteldeutschen Raffineriebetreiber bei laufendem Betrieb der Gesamtanlage unfallfrei und zugleich vorfristig fertig stellen konnten. Gerade das zielgerichtete Vorgehen, das durch die Themen Sicherheit und Vorsorge besonders abverlangt wird, bewirkt höchste Effizienz des gesamten Baugeschehens.

Wie viel investieren Sie in das Know-how und die Einsatzbereitschaft Ihrer Mitarbeiter?

M. Şahin: Wir stellen nur sehr qualifiziertes Personal ein, das zum Selbststudium befähigt ist. Das bleibt immer der wichtigste Baustein, jeder muss selbst neugierig bleiben und dafür initiativ etwas zu leisten bereit sein. Zum Glück ist dieses „Gen" bei Ingenieuren besonders häufig „implementiert"; - ansonsten haben auch wir beim Recruiting etwas übersehen. Natürlich fördern und fordern wir wo es nötig ist -  auch durch gezielte Schulungen. Wo es möglich ist holen wir uns den externen Trainer ins Haus und schulen in kleinen Gruppen. Bei unserer Muttergesellschaft in Paris gibt es das so genannte Technip University Programm, das international besetzte Workshops organisiert, in denen sowohl gänzlich Neues geschult wird als auch konzernweite „bench marks" entwickelt werden, die dann von sehr erfahrenen Mitarbeitern auf der Basis ihrer exzellenten Expertise gehalten werden.

Einsatzbereitschaft, das ist auch wiederum dem Ingenieur im Großanlagenbau inhärent. Es liegt auf der Hand, dass man als Ingenieur eines Großprojektes auch auf der Baustelle präsent sein muss; dort für Monate oder im Einzelfall auch über ein paar Jahre leben muss. Wir haben eher ein anderes Thema mit Sorgfalt zu meistern. Als Tochterunternehmen mit rund 300 Mitarbeitern kann man nicht jedem Mitarbeiter zu jeder Zeit seine individuellen Karrierechancen optimal bieten. Um solche Kollegen nicht als Technip zu verlieren, haben wir eine Mobility Initiative gestartet. Die Mobilität unserer Mitarbeiter wird in persönlichen Interviews erfragt und konzernweit ausgewertet. Die involvierten Personalabteilungen koordinieren dann auf der Basis dieser Daten eine wirklich internationale Mobilmachung in unterschiedlichste Projektanforderungen. Nicht selten werden damit weitere Karriereschritte eingeleitet und erreicht.

Mit welcher Strategie wollen Sie Ihr Geschäft künftig weiter ausbauen?

M. Şahin: Wir werden unsere Präsenz am Markt weiter ausbauen, wir werden den Wünschen des Marktes folgend unser Produktportfolio erweitern. Zielsetzung wird dabei sein, auch weiter auf energiesparende und umweltfreundliche Produkte zu setzen.

Wo legen Sie Schwerpunkte für die künftige Entwicklung des Unternehmens?

M. Şahin: Erstes Ziel ist es, mit jedem Projekt auch einen zufriedenen Kunden für die Zukunft gewonnen zu haben. Nur wenn das immer wieder aufs Neue gelingt, können wir dauerhafte Teilhabe am Marktgeschehen für uns beanspruchen. Das heißt konkret, der letzte Projekterfolg ist die Visitenkarte für eine Projekterweiterung und/oder für weitere Investitionen. Dass wir die Investitionsbereitschaft unserer Kunden heute und des Marktes insgesamt analysieren, versteht sich von selbst. Daraus leiten sich dann Maßnahmen ab, ob wir in die Phase von Angebotsbearbeitungen gehen oder auch nicht. Wir müssen den Markt jederzeit im Auge behalten; in unserem Geschäft sind die Projektentwicklungskosten hoch und eine selektive Vorgehensweise ist Pflicht.

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