PLT-CAE Systeme
Prodok und LiveDok leisten Integration in vorhandene IT-Umgebung
Wer eine Anlage sicher und zuverlässig betreiben will, muss vor allen Dingen deren Zustand kennen. Für einen reibungslosen und effizienten Betrieb ist es daher unerlässlich, dass die Anlagendokumentation so gut wie möglich mit der Anlagenrealität übereinstimmt.
Prozessleittechnik-Planungssysteme (PLT-CAE-Systeme) liefern hierfür die nötige Unterstützung. In der klassischen Prozessindustrie hat man es üblicherweise mit großen Produktionsstandorten zu tun, die aus einzelnen, meist dezentral organisierten Anlagen bestehen. Oft werden diese Anlagen nach und nach gebaut. Abhängig vom Baujahr der Anlagen war anfangs oft noch kein PLT-CAE-System vorgesehen. Es muss dann nachträglich in eine bereits vorhandene IT-Umgebung integriert werden.
Auch bei der BASF in Ludwigshafen war vor gut zehn Jahren ein PLT-CAE-System gefragt, das zuverlässig mit den bereits vorhandenen Softwaresystemen zusammenarbeitet. Diese Forderung war zugleich ein wesentliches Argument für den Einsatz des Prozessleittechnik-Planungssystem Prodok von Rösberg Engineering. Inzwischen wird nicht nur in Ludwigshafen, sondern auch an den Standorten Antwerpen, Schwarzheide und Tarragona sowie an kleineren BASF-Standorten in Mittel- und Südamerika mit dem Tool der Karlsruher Automatisierungsexperten gearbeitet.
Einfach integriert
Nicht jeder kann alles besonders gut können. Rösberg Engineering konzentriert sich daher auf seine Kernkompetenz in der Mess- und Regeltechnik und bietet im PLT-CAE-System Prodok Schnittstellen zur Software anderer Hersteller, die jeweils nach Bedarf der Anwender entwickelt werden.
Die BASF nutzt derzeit schon eine Vielzahl der Prodok-Schnittstellen: R&I-Fließbilder werden über den VD-Explorer nach Prodok übertragen. Zu SAP gibt es eine Schnittstelle zum Übertragen der technischen Plätze, also der Orte, an denen Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen (SAP PM). Diese werden automatisch ermittelt und bei Änderungen aktualisiert.
Über eine weitere Schnittstelle werden für Bestellungen Spezifikationen einzelner PLT-Geräte übertragen (über SAP PS nach SAP MM). Damit auch die Kosten immer im Blick bleiben, gibt es einen Export aus dem PLT-CAE-System für das BASF-eigene Kostenschätzungsmodul Kelpro. Berechnungsdaten für Ventile und Wirkdruckgeber werden an das Berechnungsprogramm Conval übergeben und von dort die Ergebnisse zurückübertragen. Selbstverständlich ist auch eine Schnittstelle zu LiveDok für die Pflege der digitalen Anlagen-Dokumentation vorhanden.
Standardisierung gefragt
Daneben wird eine NE-100-Schnittstelle („Prolist") genutzt. Die Namur-Empfehlung 100 macht Festlegungen, die die Kommunikation bei der Beschaffung von PLT-Ausrüstungen verbessern und elektronischen Datenaustausch ermöglichen. Die BASF nutzt diesen Standard für Anfragen und Bestellungen nicht nur bei externen Lieferanten, sondern auch für interne Warenbestellungen: Beim Abruf von Geräten aus dem Zentrallager wird zugleich ein Download eines NE100.xml-Dokuments gestartet, das Informationen zum Gerät enthält.
Diese werden in Prodok eingebunden und stehen dann für die Anlagen-Dokumentation zur Verfügung. Ähnliches gilt bei Konfigurationsaufträgen an das interne Fachzentrum. Hier wird der Konfigurationsauftrag über genaue Angaben in einem NE-100-Dokumentensatz erteilt. Das Fachzentrum konfiguriert die bestellten Geräte entsprechend der Vorgaben, reichert das NE-100-Dokument ggf. um weitere Informationen an und liefert dann das Gerät zusammen mit der entsprechenden NE-100-XML-Datei aus, die dann wiederum in die Anlagen-Dokumentation integriert werden kann.
In Bezug auf die Tiefe der für die Anlagendokumentation zur Verfügung gestellten Information geht das W@M-Portal des Gerätelieferanten Endress + Hauser noch einen Schritt weiter. Per Knopfdruck lassen sich hier über einen Internetlink die zu den Geräten des Herstellers hinterlegten Stammdaten, Dokumentationen, Prüfzertifikate, ATEX-Bescheinigungen, produktspezifische Ersatzteillisten sowie Ereignisse aus dem gesamten Lebenszyklus abrufen. Auch hierfür wurde in Prodok eine Schnittstelle definiert.
„Lebendige" Anlage fordert „lebendige" Dokumentation
An Anlagen in der Prozessindustrie werden permanent Änderungen vorgenommen, sei es zur Instandhaltung, um die Anlage auf dem neuesten technischen Stand zu halten oder weil veränderte rechtliche Vorgaben wie beispielsweise Sicherheitsverordnungen das verlangen. Diese Änderungen müssen konsequent dokumentiert werden.
Dabei bringt eine elektronische Anlagendokumentation unschlagbare Vorteile, wie Martin Dubovy, Leiter der Abteilungen IT und MES bei Rösberg Engineering erklärt: „Für die digitale PLT-Anlagen-Dokumentation nutzt BASF heute LiveDok. Damit kann der Anlageninstandhalter mit einem PDA oder Tablet-PC jederzeit die aktuelle Dokumentation mit in die Anlage nehmen und Anlagenänderungen mit einfachen Werkzeugen direkt an seinem tragbaren Gerät eintragen. Die so vorgenommenen Änderungen werden an einem zentralen Ablageort gespeichert und stehen sofort allen Mitarbeitern der Anlage zur Verfügung. So hat beispielsweise der Entstördienst heute Zugriff auf die digitale PLT-Dokumentation und kann so schneller auf Probleme reagieren."
Standardisierung erleichtert das Arbeiten
Der BASF-Standort Ludwigshafen besteht aus vielen Einzelanlagen mit jeweils 500 - 18.000 Messstellen. Verstärkt muss anlagenübergreifend gearbeitet werden. Da erleichtert es natürlich die Bedienung und Pflege, wenn alle Anlagen-Dokumentationen in einheitlicher Form vorliegen. So wurden bei der BASF in den letzten Jahren beispielsweise eindeutige Vorgaben für R&I-Fließbilder definiert. Das erhöht auch die Sicherheit, weil beim Lesen von einheitlich aufgebauten Plänen weniger Missverständnisse entstehen.
Auch diesem Standardisierungsgedanken kommt das PLT-CAE-System entgegen. Ralph Rösberg, geschäftsführender Gesellschafter von Rösberg Engineering, erläutert: „Anstatt vieler verschiedener Dokumente in unterschiedlichen Formaten wie z. B. Excel, PDF oder CAD liegen bei uns alle Informationen für die Mess- und Regeltechnik in einem durchgängigen System und einheitlicher Form vor." Damit die gleichen Geräte auch gleich heißen, wurden in einer zentralen Stammdatenbank die wichtigsten in den Anlagen verwendeten Geräte hinterlegt. Soll ein Gerät im PLT-CAE-System dargestellt werden, wählt der Anwender dies aus dieser Standardbibliothek aus.
Zwar ist der Initialaufwand zum Erfassen der Informationen relativ hoch, doch lassen sich die Standardbibliotheken dann konzernweit nutzen, nach entsprechender Sprachanpassung sogar international. Somit spricht man im gesamten Konzern „dieselbe Sprache", was beispielsweise Änderungen vom Stammsitz aus deutlich erleichtert.
Den Überblick behalten
Standardisierung und Zentralisierung leisten aber noch mehr: Gibt es Probleme mit einer Komponente oder wird ein eingesetztes Gerät abgekündigt, lassen sich per Abfrage alle verbauten Komponenten des gleichen Typs finden und entsprechende Maßnahmen treffen. Ebenfalls hilfreich ist eine Funktion, mit der sich EXi-Nachweise in der Dokumentation direkt an die jeweilige PLT-Stelle anhängen und bei Bedarf sofort auffinden lassen.
Auch die Prüfung aller PLT-Schutzeinrichtungen ist bei einer ausgedehnten Anlage in der Prozessindustrie komplex. Zwar triggert das SAP-System in der Regel die Prüfung an, gibt aber keinerlei Anweisungen, wie zu prüfen ist. In Prodok kann für jede PLT-Schutzeinrichtung, die nach bestimmten Zyklen geprüft werden muss, eine Prüfanweisung sowie ein Prüfprotokoll hinterlegt werden. Letzteres muss der Prüfer ausfüllen und „signieren". Diese Daten stehen dann ebenfalls in der Anlagen-Dokumentation zur Verfügung. „Das Erstellen der Prüfanweisungen ist ein neues Feature, das wir aufgrund von Kundenbedarf entwickelt haben", sagt Rösberg. „Bei der BASF wird es seit Oktober 2010 eingeführt."
Anlagenbetreuung über den gesamten Lebenszyklus
Rösberg Engineering betreut in vielen Fällen Anlagen über den gesamten Lebenszyklus und ist damit nahe dran an den wirklichen Bedürfnissen der Kunden. Das impliziert auch das Interesse daran, die Software einfach an sich ändernde Anforderungen anzupassen: Bei Prodok ist permanent technische Weiterentwicklung vorgesehen, wobei die Migration einer Software-Version auf die nächst höhere automatisiert stattfinden kann. Dass das funktioniert, beweist die Anwendung in der BASF: Am Standort Ludwigshafen hat man es mit über 300 unterschiedlichen Betrieben bzw. Anlagenteilen und über 700 registrierten Nutzern zu tun. Trotz dieser Größe wurden Prodok-Versionswechsel an nur einem Wochenende durchgeführt. Ein unschlagbares Argument für viele Anlagen in der Prozessindustrie, die oft über 30 Jahre oder noch länger laufen. Lässt sich die Software unkompliziert an technische Neuerungen anpassen, kann eine an sich „alte" Anlage doch technisch immer auf dem aktuellen Stand sein.
Prodok und LiveDok - Elektronische Anlagendokumentation
Um moderne verfahrenstechnische Anlagen effektiv zu betreiben, müssen die Daten aus der Planungsphase auch für Betrieb, Instandhaltung und Modernisierung verfügbar sein. Anlagenrealität und Dokumentation müssen verlässlich übereinstimmen, denn nur wenn alle Daten konsistent sind, lassen sich kostspielige Neueingaben und unnötiger Engineering-Aufwand vermeiden. Das PLT-CAE-System Prodok ermöglicht einen integrierten Planungsprozess nach einheitlichen Regeln. Die Funktionen umfassen Basis-, Funktions-, Ausführungs- und Montageplanung bei Neubauten, Änderungen oder Ergänzungen von Anlagen und unterstützen bei der Betriebsbetreuung. Das System sorgt mit seiner durchgängigen und konsistenten Dokumentation dafür, dass sich die Anlagenrealität in der Dokumentation widerspiegelt.
LiveDok ist eine Software für elektronische Anlagendokumentation. Sind alle Komponenten einer Anlage im PLT-CAE-System Prodok erfasst, kann die webbasierte Dokumentationssoftware LiveDok von jedem PC im Intranet mit einem Webbrowser eingesehen werden. Über PC-Arbeitsplätze oder mobile Geräte, auf denen eine LiveDok-Lizenz installiert ist, lässt sich die Dokumentation im Anlagenbetrieb ändern und somit immer auf aktuellem Stand halten.