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Planungs- und Genehmigungsrecht modernisieren

Verband der Chemischen Industrie fordert eine Nationale Allianz des Wollens

23.03.2022 - Genehmigungsverfahren sind häufig nicht mehr zeitlich planbar und sie sind zu bürokratisch. Dabei sind schnelle und rechtssichere Genehmigungen eine absolut notwendige Grundlage für die Transformation der Wirtschaft zur Treibhausgasneutralität.

Noch vor gut zehn Jahren galt das deutsche Genehmigungsrecht als verlässlich und damit als positiver Standortfaktor. Heute ist es kompliziert, wird einer modernen Bürgerbeteiligung nicht gerecht und die Verfahren dauern viel zu lange. Außerdem legen Behörden unklare Rechtsbegriffe wie „erheblich“ oder „angemessen“ immer restriktiver aus. Die Folgen: Genehmigungsverfahren sind häufig nicht mehr zeitlich planbar und sie sind zu bürokratisch.

In anderen Staaten, in den Niederlanden bspw., geht vieles schneller. Auch fehlt in den deutschen Behörden Personal. Dabei sind schnelle und rechtssichere Genehmigungen, und im Rahmen der erforderlichen Veröffentlichung von Unterlagen sind Cybersicherheit und der Schutz von Betriebsgeheimnissen eine absolut notwendige Grundlage für die Transformation der Wirtschaft zur Treibhausgasneutralität. Gerade mit Blick auf die Situation in der Ukraine muss ein modernes Anlagenzulassungsrecht zwingend dabei unterstützen, die Versorgungssicherheit mit Energie zu erhöhen.

Zahl der Genehmigungsverfahren wird zunehmen

Ob Neubau von Brücken, Impfstoff- oder Batterieproduktion, der Bau von Pilotanlagen zur Erprobung der Wasserstofftechnik und von neuen Anlagen zur Produktion von Wasserstoff oder der Ausbau erneuerbarer Energien: Der nachhaltige Umbau der Wirtschaft wird die Zahl der Planungs- und Genehmigungsverfahren in den kommenden Jahren deutlich steigen lassen. Daher ist die von der Bundesregierung angekündigte Halbierung der Dauer derartiger Verfahren für Klimaschutz- und In­frastrukturprojekte ein wichtiges Signal. Die chemisch-pharmazeutische Industrie spricht sich nachdrücklich für dieses Vorhaben aus. Allerdings müssen die Pläne aus Sicht der Branche viel weiter greifen: Auch Industrieprojekte müssen in gleicher Weise beschleunigt werden wie der Bau neuer Windparks, Glasfaserkabeln oder Schienenwegen, sonst wird das Ziel der Treibhausgasneutralität oder -reduktion in den vorgegebenen Fristen nicht erreichbar sein.

Wirtschaft und Klima profitieren

Die Vorteile zügiger Verfahren liegen auf der Hand: Die Verkürzung der Verfahrensdauer um die Hälfte beschleunigt die Transformation, schützt das Klima und erhöht das Wachstum. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft belegt:

  • Verkürzte man die Dauer der Verfahren, die eine Unternehmensgründung zurzeit erfordert um einen Tag, so brächte dies rund 6,6 Mrd. EUR zusätzliche Wertschöpfung.
  • Jedes Jahr Beschleunigung beim Bau eines einzigen Grünstrom-Elektro-Steamcrackers führt zu einer Einsparung von rund 4 Mio. t CO2-Ausstoß.

Es sprechen also sehr gute Gründe dafür, auch Industrieanlagen schneller zu genehmigen. Das setzt allerdings eine umfassende Modernisierung des Umwelt- und Planungsrechts in Deutschland voraus. Wir brauchen daher noch 2022 ein Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, das auch Industrieanlagen umfasst. Die Prozesse und Verfahrensanforderungen, die Art der Öffentlichkeitsbeteiligung, Klagerechte und Fristen müssen überprüft, geändert und auch digitaltauglich gemacht werden.

Verständliche Rechtsbegriffe verwenden

Weiter sind die gesetzlichen Anforderungen und Vollzugsvorschriften praxisnah, eindeutig und unmissverständlich zu formulieren.

Personal aufstocken

Nötig ist auch die Einstellung von mehr Beschäftigten in den Behörden. Außerdem müssen sie kontinuierlich weiter qualifiziert werden. Dadurch würde die technische Expertise in den Behörden erhöht, sodass die Vielzahl von Gutachten eingespart werden könnte. So ließe sich der Bearbeitungsstau auflösen.

Ausgleich zwischen Transparenz und Sicherheit schaffen

Mit Blick auf die Beteiligung der Öffentlichkeit bei Genehmigungsverfahren sieht die Branche auch bei diesem Aspekt Handlungsbedarf, damit die Verfahren schneller durchgeführt werden können. Die Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen ist wichtig, nur sollte sie zeitgemäßer sein: Die Möglichkeit Einwände zu erheben, sollte auf die betroffene Öffentlichkeit begrenzt sein. Der Erörterungstermin, der kaum einen Mehrwert bringt, sollte durch ein schriftliches Verfahren ersetzt werden. Barrierefreie und zeitgemäße Formate für einen frühzeitigen Dialog zwischen Projektträger und der betroffenen Öffentlichkeit müssen aber neben der erforderlichen Transparenz zwingend auch die notwendige Sicherheit vor Cyberkriminalität bieten. Bundeseinheitliche Bewertungsmaßstäbe und Prozesse für eine digitale Öffentlichkeitsbeteiligung sowie eine Digitaltauglichkeit des Rechts sind daher zu entwickeln.

Die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland hängt auch an einem modernen Planungs- und Genehmigungsrecht. Je zügiger die Bundesregierung ihr Beschleunigungsvorhaben anpackt und dabei die Industrieprojekte mit einbezieht, umso schneller werden Klima, Gesellschaft einschließlich der Wirtschaft davon profitieren.

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Neun-Punkte-Papier: Vorschläge für ein neues Zulassungsrecht

Der Umbau der Wirtschaft zur Treibhausgasneutralität wird nach Ansicht des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) die Zahl der Genehmigungsverfahren vervielfachen, denn auch zahlreiche Industrieanlagen müssen umfangreich modernisiert werden. Wenn die Politik Wachstumsbremsen lösen und Klimaschutzhemmnisse abbauen wolle, dürfe sie sich nicht auf Windräder beschränken. Mit einem Neun-Punkte-Papier schlägt der VCI Politik und Behörden einen Weg vor, wie die Zulassungsverfahren für Industrieanlagen beschleunigt werden können.

Die Vorschläge im einzelnen können Sie hier nachlesen: bit.ly/VCI_9-Punkte-Papier

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