News

OMV: Gerhard Roiss zu neuen Strategien das Petrochemiegeschäft zu stärken

11.11.2010 -

Der Erdöl- und Erdgas-Konzern OMV konnte in den ersten drei Quartalen 2007 trotz stark unterschiedlicher Umfeldbedingungen das Ergebnis in allen Geschäftsbereichen steigern. Dazu trugen auch in größerem Maße die Töchter Borealis und die türkische Petrol Ofisi bei. CHEManager befragte Dr. Gerhard Roiss, stellvertretender Generaldirektor des OMV-Konzerns, zur Entwicklung der Unternehmensbereiche, zu den geplanten Investitionen über eine Summe von mehr als 1 Mrd. € in Deutschland und der sog. „Strategie 2010". Die Fragen stellte Dr. Birgit Megges.

CHEManager: Herr Dr. Roiss, worauf führen Sie das Wachstum im letzten Jahr zurück?

Dr. G. Roiss: Ein bedeutender Erfolg war der Erwerb des Ölservicegeschäftes der rumänischen Servicegesellschaft Petromservice. Die Integration dieses Geschäftes in die Petrom stärkt zwei strategische Ziele des E&P-Bereiches (Exploration & Production): zum einen die Stabilisierung der Öl- und Gasproduktionsmengen und zum anderen die Reduktion der Produktionskosten. Zudem stimmen uns neue Explorationserfolge in Rumänien zuversichtlich. Wir arbeiten weiterhin an der Realisierung der Restrukturierungspotentiale bei der Petrom.
Auch evaluieren wir weitere Optionen, die ein langfristiges Wachstum für den Konzern sichern. Durch eine Kombination von OMV und MOL sehen wir eine Chance durch hohe Synergien Wert für die Aktionäre beider Unternehmen zu schaffen.

Im Geschäftsbereich „Raffinerien & Marketing" ist OMV in vielen Ländern aktiv vertreten. Welche Länder sind für diesen Bereich besonders wichtig? Wie wollen Sie Ihre Stellung in diesen Ländern ausbauen bzw. den Markt weiterer Länder erschließen?

Dr. G. Roiss: OMV ist mit ihrem Tankstellennetz in insgesamt 13 Ländern aktiv und mit Raffinerien in Österreich, Deutschland und Rumänien die klare Nr 1 im Donauraum. Großes Wachstumspotential bieten die Märkte in Südosteuropa mit noch geringer Autodichte wie z.B. Rumänien, Bulgarien oder Serbien. Angesichts zunehmenden Kostendrucks und sinkender Raffineriemargen ist zur Sicherung unserer Marktposition die Steigerung der Rentabilität entscheidend - das heißt erhöhte Raffiniereeffizienz, Kostenreduktion und selektives Wachstum. Darüber hinaus setzen wir auf Qualitätsführerschaft bei Produkten und Services.
Über den Donauraum hinaus bietet der europäische Wachstumsgürtel weitere Marktchancen. OMV hat sich 2006 an der türkischen Petrol Ofisi beteiligt. Das Land am Bosporus zählt mit rund 70 Mio. Einwohnern zu einem der größten und hinsichtlich Wachstum viel versprechendsten Märkte. Daran wollen wir partizipieren.

Welche Bedeutung hat der Standort Burghausen in Deutschland, in den Sie bis 2010 eine Summe von 1,1 Mrd. € investieren wollen? In welche Aktionen sollen die Investitionsgelder fließen?

Dr. G. Roiss: OMV ist bereits jetzt Bayerns größter Produzent von Mineralölprodukten und das einzige integrierte Öl- und Erdgasunternehmen mit Aktivitäten von der Öl- und Erdgassuche über Raffinerien bis zum Tankstellen- und Kundengeschäft. Mit dem Investment von 1,1 Mrd. € werden wir unsere führende Position als Versorger der Region mit Mineralölprodukten sowie in der Petrochemie weiter ausbauen.Ein Großteil des Investitionsvolumens von insgesamt rund 640 Mio. € in den Raffineriestandort Burghausen dient dem Ausbau der Petrochemie und der Stärkung der Wertschöpfungskette zum benachbarten Kunststoffhersteller Borealis. Durch eine neue Metatheseanlage, die Erweiterung der Ethylenanlage sowie den Neubau eines großen Spaltofens wird die Ethylenproduktion auf 450.000 und die Propylenproduktion auf insgesamt 560.000 Jahrestonnen gesteigert. Damit wird OMV Borealis auch künftig zu 100% mit Propylen versorgen können. Denn Borealis erweitert ihre Kapazitäten in Burghausen auf 745.000 t Polyolefine. Bis 2010 wird Burghausen so siebtgrößter Polyolefin- und drittgrößter Polypropylenstandort in Europa sein.

180 Mio. € werden wir bis 2010 in selektive Akquisitionen, neue Tankstellen sowie den Ausbau unserer VIVA Shops investieren und so im Tankstellen- und Großkundengeschäft in Süddeutschland weiter qualitativ wachsen.

Als 45% Haupteigner von Bayernoil beteiligen wir uns auch mit 315 Mio. € an der Zukunftssicherung dieses Standorts. Davon fließen rund 180 Mio. € in das ISAR Projekt (Initiative zur Standortsicherung, Anlagenoptimierung und Rentabilitätssteigerung), das die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der größten Raffinerie Bayerns sicherstellen soll.

Welche Rolle spielt die OMV-Tochter Borealis generell und am Standort Burghausen insbesondere für Ihre Geschäfte?

Dr. G. Roiss: OMV hat in der jüngsten Vergangenheit mehrmals ein klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit abgelegt - u.a. auch mit dem stetigen Ausbau der Petrochemie und der starken Beteiligung an der Borealis. Als führender Anbieter von innovativen, hochwertigen Kunstoffen konzentriert sich Borealis, basierend auf der eigenen Borstar-Technologie, auf die Bereiche Infrastruktur, Automobil und anspruchsvolle Verpackungen. Mit dem Leitgedanken „Shaping the future with plastics" werden vor allem Problemlösungen entwickelt, die die großen Herausforderungen unserer Zeit lösen helfen sollen.

Ein Beispiel: Wasserknappheit betrifft jeden Kontinent und vier von 10 Menschen. Mehr als 1 Mrd. Menschen leiden täglich unter Wassermangel, rund 35% der Todesfälle in den Entwicklungsländern ist auf verunreinigtes Wasser zurück zu führen. Selbst im entwickelten Europa gingen, wie das Beispiel London zeigt, in den letzten Jahren rund 1.000 Mio. l Wasser täglich durch Leitungsverluste aufgrund undichter Wasserleitungen verloren. Borealis ist führend im Bereich von hochwertigen Rohrleitungslösungen aus Kunststoffen und hilft damit aktiv mit, diese Leitungsverluste zu vermeiden. Ziel ist es, den Zugang zu sauberem Wasser und zu Sanitäreinrichtungen kostengünstig und nachhaltig zu ermöglichen. Durch unser Bekenntnis zur Borealis ist das auch unser Auftrag.
OMV und Borealis sind eng miteinander verflochten. Die Raffinerie in Burghausen hat eine starke petrochemische Ausrichtung, die Polyolefinproduktion von Borealis ist in die Wertschöpfungskette der OMV voll integriert. Die Herausforderungen der Zukunft können wir nur gemeinsam lösen.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Petrochemie in den nächsten Jahren? Inwieweit berücksichtigen Sie diese Herausforderungen in Ihrer „Strategie 2010".

Dr. G. Roiss:
Zum ersten müssen wir unseren Beitrag zur Lösung der Probleme unserer Zeit leisten - beispielsweise:

  • Kunststoffe im Automobilbau reduzieren die CO2-Emissionen durch leichtere Fahrzeuge und leisten einen klaren Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels
  • Kunststoffe ermöglichen als effiziente Rohrleitungen und Abwassersysteme einen kostengünstigen Zugang zu Wasser und Hygiene
  • Kunststoffe ermöglichen den Zugang zu Energie durch die Bereitstellung von Infrastruktur in Leitungs- und Kabelanwendungen
  • Kunststoffe als Lebensmittelverpackungen bieten Schutz und Sicherheit für unsere Nahrung
  • Kunststoffe in der Gesundheitspflege bieten Sicherheit und Kostenvorteile für medizinische Geräte und Hilfsmittel wie Medikamentenverpackungen
  • Kunststoffe ermöglichen und verbessern Kommunikationsgeräte durch Verkabelungen und Gehäuseteile in elektronischen Geräten

Zum zweiten müssen wir als Industrie in Europa wettbewerbsfähig bleiben. In den nächsten zwei bis vier Jahren ist mit einem massiven Kapazitätszuwachs im Mittleren Osten zu rechnen. Aufgrund der niedrigen Rohstoffkosten in diesen Ländern wird die Kostenführerschaft in dieser Region liegen. Die europäische Antwort liegt auf der Hand: Steigerung der Anlageneffizienz, Stärkung von Know-how und Innovation im Bereich Problemlösungen/Produktentwicklungen sowie optimierter Ausbau von Standorten.

Kontinuierliche Verbesserungen beim Betrieb von Anlagen sind eine klare Stärke der Borealis. Im Bereich Know-how ist Borealis soeben dabei, rund 30 Mio. € am Standort Linz in Österreich in das internationale Forschungszentrum des Konzerns zu investieren. Der optimierte Ausbau von Standorten ist vor allem von strategischer Bedeutung. Umso wichtiger ist es für Europa und die petrochemische Industrie, dass isolierte Standorte wie beispielsweise Schwechat oder Bratislava entweder zu Verbundstandorten entwickelt oder an internationale Verbunde, wie sie aus dem ARA-Raum bekannt sind, angebunden werden. Mit der Ethylen-Pipeline-Süd ist uns dies für das bayerische Chemiedreieck bereits gelungen.

Öl ist nach wie vor der wichtigste Rohstoff für die chemische Industrie. Was unternimmt OMV im Angesicht immer knapper werdender fossiler Rohstoffe, um die Versorgung auch in Zukunft zu sichern? Ist der Bereich nachwachsende Rohstoffe ein Thema für Sie?

Dr. G. Roiss: Als Energieunternehmen muss sich die OMV den Herausforderungen wachsender Energienachfrage, der Endlichkeit fossiler Energieträger sowie des Klimawandels stellen. Wir sind überzeugt, dass eine Diversifikation der Energieträger kommen muss.

Die OMV setzt sich dafür ein, Geschäftsmöglichkeiten im Bereich Erneuerbarer Energien zu finden, die sich in die Kerngeschäfte des Unternehmens integrieren. Aus diesem Grund haben wir 2006 den „OMV Future Energy Fund" gegründet, der nach neuen Technologien suchen und Investitionen der OMV in diese ermöglichen wird, um Antworten auf die Nachfrage nach sauberen und sicheren Energien zu finden. Bis 2020 wollen wir für jedes konventionelle Produkt auch eine Alternative haben, also Biosprit zum Benzin oder Biogas zum Gas.