Mannschaftsaufstellung
Für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist die professionelle Personalentwicklung entscheidend
Die höchst spannenden Spiele der UEFA Champions League haben es wieder einmal gezeigt: die richtige Aufstellung der Mannschaft ist entscheidend für Erfolg oder Misserfolg. Das gilt für jede einzelne Position, aber letztlich muss die Gesamtkomposition im Hinblick auf die eigenen Fähigkeiten und die Spielweise des Gegners abgestimmt sein. Was in dem einen Spiel noch eine Top-Besetzung ist, kann im nächsten Spiel bereits die falsche Wahl sein.
Übertragen wir dieses Bild auf unsere Unternehmen, Geschäfts- bzw. Verantwortungsbereiche und stellen diese Frage noch einmal: Verfüge ich über solche Führungskräfte, die qualifiziert genug sind, meine unternehmerischen Ziele zu begleiten und umzusetzen? Die Ziele werden bei jedem von uns anders aussehen. Deshalb kann die Frage auch nur jeder für sein Unternehmen individuell beantworten. Aber wenn der Weg zur Beantwortung dieser Frage der Erreichung des Ziels dienlich ist, gestatten Sie mir aus Sicht eines langjährigen Praktikers einige Anmerkungen.
Wie qualifiziert ist meine Führungsmannschaft?
Beispiel: Sie sind mit Ihrem Unternehmen auf Expansionskurs, national wie international, durch Eigenwachstum und Akquisitionen. Sie entwickeln sich vom regionalen zum nationalen und später zum internationalen Player. Damit steigen die Anforderungen an die Schlüsselpositionen in Beschaffung, Logistik, Vertrieb, IT, Finanzen und Controlling etc. Die Themen werden komplexer. Sie bewegen sich in anderen Märkten, die Geschwindigkeit der Veränderungen nimmt zu. Konzentrationsprozesse finden statt, Firmenübernahmen, Verschmelzungen zwingen Ihnen neue Geschäftspartner auf. Langjährige Geschäftsverbindungen verschwinden plötzlich. Sie spielen in einer anderen Liga mit veränderten Spielregeln.
Ist meine Mannschaft darauf vorbereitet?
Sind Ihre Führungsspieler z.B. sprachlich versiert, um sich in der internationalen Geschäftswelt bewegen zu können? International arbeiten heißt auch, mit verschiedenartigen Geschäftskulturen umgehen zu müssen. Der französische Partner hat eine andere Mentalität als der Deutsche. Und wenn noch mit Kollegen in Polen, Griechenland und China kooperiert wird, dann verlangt das von einer Führungskraft ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, Menschenkenntnis und Erfahrung im Umgang mit anderen Geschäftswelten. Gerade bei Firmenakquisitionen liegt hier ein hohes Potenzial für Reibungsverluste. Sind Ihre Führungskräfte flexibel genug, um die von außen einströmenden Veränderungen anzunehmen und intern umzusetzen, oder verharren sie in alten Strukturen und versuchen nach dem gewohnten Spielsystem weiter zu machen?
Große Unternehmen, die eine professionelle Personalentwicklung betreiben, screenen ihre Führungskräfte frühzeitig und bereiten sie auf komplexere Aufgaben vor. Im Mittelstand wird erfahrungsgemäß mehr improvisiert. Hier kennt der Chef seine Schlüsselpersonen, ihre Stärken und Schwächen. Ob er die notwendigen Konsequenzen zieht, ist eine andere Frage. Selbst wenn man erkennt, dass ein langjährig verdienter Mitarbeiter zukünftige Anforderungen nicht mehr erfüllen kann, tut man sich oft schwer, ihn „neu einzuordnen".
Sind Neuzugänge notwendig oder sinnvoll?
Wenn man zu der Erkenntnis gelangt, dass in den eigenen Reihen die benötigte Qualifikation nicht verfügbar bzw. zeitgerecht zu entwickeln ist, sollte man frühzeitig in den Markt gehen, um entsprechende Führungspower von außen einzukaufen. Unserer Erfahrung nach dauert ein Executive-Search-Prozess durch einen professionellen Berater durchschnittlich 6 Monate bis ein geeigneter Kandidat gefunden ist und in Ihrem Unternehmen beginnen kann. Manche scheuen das Honorar, das ein professioneller Personalberater ansetzen muss, um den aufwendigen Suchprozess erfolgreich abzuschließen. Hier sollte man nicht an der falschen Stelle sparen, denn eine Fehlbesetzung einer Führungsposition ist erfahrungsgemäß mit deutlich höheren Kosten, Zeit- und Imageverlust und Unruhe im Unternehmen verbunden. Führungskräfte, die genau das Profil erfüllen, das Ihr Unternehmen benötigt, bekommt man eben nicht von der Stange.
Investitionsbudgets für das Anlagevermögen findet man in nahezu jedem Unternehmen. Doch welche Investitionen planen Sie für die Entwicklung Ihrer Führungsmannschaft und - um wieder auf das eingangs gebrauchte Bild einer Fußballmannschaft zurückzukommen - den Aufbau einer Reservebank?
Wir stellen immer wieder fest, dass Investitionen in Hardware professionell und vorausschauend geplant werden, wenn es jedoch um Human Resources geht, kurzfristig gedacht und improvisiert wird.
Verläuft die Integration der Neuzugänge systematisch?
Millionenschwere Neuzugänge im Fußball haben sich oftmals als nicht so wertvoll erwiesen, wie man es sich erhofft hatte. Wer in dem einen Team herausragend spielt, muss in einem anderen Team nicht automatisch dieselbe Spitzenleistung bringen.
Führungskräfte, die neu in ein Unternehmen kommen oder innerhalb ihrer Firma eine weiterführende Funktion übernehmen, sind gefordert, sich flexibel und möglichst zeitnah in die neue Aufgabe hineinzufinden. Hier ist neben der fachlichen Qualifikation ein gewisses Fingerspitzengefühl gepaart mit Empathie notwendig. Es gilt, die neue Unternehmenskultur kennen zu lernen sowie auf persönlicher Ebene die Kollegen und Vorgesetzten einzuschätzen und Beziehungsnetzwerke aufzubauen. Schnell resultieren daraus - vor allem bei mangelnder Kommunikation - Missverständnisse und Reibungsverluste, die im Extremfall zum Ausscheiden des Neueinsteigers führen können.
Wir hören von vermittelten Führungskräften des Öfteren, dass sie sich in ihrer Einarbeitungsphase allein gelassen fühlten, sich durchbeißen mussten und dadurch an Effizienz verloren haben. Erfahrungsgemäß bemühen sich neu eingestellte Mitarbeiter selten aktiv um interne Unterstützung, da sie befürchten, dass Ihnen dies als Schwäche ausgelegt wird. Auf der anderen Seite fehlen den Verantwortlichen im Unternehmen häufig die zeitlichen Ressourcen, die Neueingliederung hinreichend zu begleiten. Ein sogenanntes „Integrationscoaching" durch einen versierten Personalberater, das man für eine begrenzte Übergangszeit in Erwägung ziehen kann, hilft, solche Reibungsverluste zu reduzieren. Das ist keine große Sache, denn der Berater kann als „Katalysator" aus einer neutralen Position heraus bei der Überwindung von Konflikten unterstützen. So entsteht eine Win-Win-Situation für beide Seiten.
Wie integriere ich größere Teams?
Was für den Neuzugang Einzelner gilt, gilt erst Recht, wenn ganze Mannschaften hinzukommen. Oft höre ich bei Akquisitionsgesprächen: „Da bekommen wir eine tolle Mannschaft dazu". Auch hier zeigt die Erfahrung, dass ein bisher erfolgreiches Team in einem neuen Umfeld nicht automatisch seine Leistung beibehält. Es wird unterschätzt, dass im übernommenen wie im übernehmenden Unternehmen Menschen sitzen, die eine solche Akquisition mit ganz persönlichen Fragen verbinden wie Sicherheit des Arbeitsplatzes oder der Position, Anerkennung im Unternehmen, Karrieremöglichkeiten etc. Ich kenne kaum Akquisitionen, bei denen geplante Synergien nicht auch mit geplanten Rationalisierungen einhergehen, die wiederum bereits beim Kauf (teilweise) mit eingepreist sind. Insofern sind solche Bedenken von Mitarbeitern verständlich.
Ängste kann man den Menschen durch eine offene Kommunikation und einen gesteuerten Post-Merger-Prozess nehmen. Oft bleibt es nach einem Firmenkauf bei ein paar Meetings und der Rest der Zusammenführung der beiden Firmen wird sich selbst überlassen. So verwundert es nicht, wenn wir nach einer gewissen Zeit einer Übernahme die Aussage hören, dass „2 + 2 nicht mehr, sondern weniger als 4" ist, obwohl die ursprüngliche Strategie für die Übernahme nach wie vor sinnvoll ist.
Es ist selbstverständliche Praxis, dass während der Akquisitionsphase professionelle Teams, die aus Produkt- und Branchenexperten, aus Finanz-, Rechts- und Steuerfachleuten bestehen, die Due Diligence durchführen und den Deal verhandeln. Wenn ich jedoch rückblickend auf Firmentransaktionen schaue, war die Zeit nach der Übernahme oft weniger professionell und detailliert vorbereitet. Aus heutiger Sicht kann ich nur empfehlen, für die Zeit nach der Übernahme eine Person, ein Team oder einen Berater (je nach Größe und Komplexität der Transaktion) dafür verantwortlich zu machen, den Integrationsprozess zu begleiten und zu steuern. Und dafür sind finanzielle Mittel bereitzustellen.
Hat meine Mannschaft das Zeug zum Sieg?
Als Fazit bleibt festzuhalten: Unsere Geschäftswelt wird komplexer, internationaler, schnelllebiger. Damit steigen die Anforderungen an Führungskräfte, Mitarbeiter und natürlich auch: an Sie selbst. Und das ohne Verschnaufpause. Wer ganz oben erfolgreich mitspielen will, muss immer am Ball bleiben. Seien Sie professionell bei der Auswahl und Entwicklung Ihrer Spieler und stellen Sie sich eine Mannschaft zusammen, mit der Sie dieses Ziel erreichen können - und fangen Sie rechtzeitig damit an, Ihr Team optimal aufzustellen.
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