Anlagenbau & Prozesstechnik

Kühlwasserversorgung automatisiert

Durchgängige Daten – Einheitliche Bedienung

22.09.2011 -

Ohne Kühlwasser läuft im Burghauser Werk der Wacker Chemie wenig: Die Medienversorgung ist von essenzieller Bedeutung. Ein Verbund aus mehreren Wasserwerken und Kühltürmen liefert nicht nur zuverlässig das benötigte Nass in der richtigen Menge, sondern auch mit einer konstanten Temperatur.

Von großem Vorteil sind die regionalen Gegebenheiten: die Alz (Abfluss des Chiemsees) verbunden mit dem Alz-Kanal, der Gebirgsfluss Salzach (ein wasserreicher Nebenfluss des Inn) und der österreichische Mühlbach sind die Quellen für die Wasserversorgung. Die Natur liefert mit diesem „redundanten" Wasserkonzept aus vier Quellen ideale Bedingungen und ist auch bei der Regelung der Temperatur ein wichtiger Helfer.

Durchgängiger Datenverbund
Die Betreiber schufen eine ähnliche Redundanz bei den Wasserwerken und Kühltürmen. Jede Anlage arbeitet autark, sichert aber durch einen engen Verbund mit durchgängiger Datenhaltung die Kühlwasserversorgung sämtlicher Betriebe im Werk.
Bereits Ende der 1990er Jahre wurden die Wasserwerke von klassischer EMSR- und Wartentechnik auf die damals modernsten Bedien- und Beobachtungssysteme von Siemens umgerüstet. Im Zuge dieser Vereinheitlichung wurde 2010 auch das Wasserwerk 5 umfassend modernisiert. Das Rohwasser aus dem Alz-Kanal wird dort erst mechanisch mit Rechen grob gereinigt, bevor in der Sedimentation weitere Stoffe abgetrennt und das Wasser mittels Pumpen durch Kiesfilter hindurchgepresst und ins Kühlwassernetz eingespeist wird. Da es nach Gebrauch nicht belastet und kaum erwärmt ist, wird es in den Alz-Kanal zurückgeleitet.
Das Automatisierungssystem des Wasserwerkes 5 besteht heute aus einem redundanten Server und mehreren Clients. Die Teilanlagen wie Sand- oder Kiesfilter, Hebepumpen, Rechenanlagen und Absetzbeckenräumer sind über die dezentrale Peripherie ET200M und Profibus mit der Automatisierung verbunden. Dank des neuen Rückwandbusses für die ET200M ist ab sofort der Wechsel der Baugruppen im laufenden Betrieb möglich. Zudem wurden Filteranlagen und Netzpumpen der älteren Ausbaustufe 1 integriert und die bestehenden Steuerungen Simatic S7 und die Prozessvisualisierung WinCC auf das Automatisierungssystem Simatic PCS7 V7.0 migriert.
Auch die Pumpenüberwachung und die Motoransteuerung für die Netzpumpen des Salzach-Pumpwerkes werden vom neuen Automatisierungssystem überwacht. Über 64 Meter Höhenunterschied fördern Pumpen von KSB das Wasser aus der Salzach in die Absetzbecken der Wasserwerke. Die Leistung und damit die Fördermenge der Pumpen kann jetzt präzise an den aktuellen Wasserbedarf angepasst werden.

Transparenz und Sicherheit
„Wir haben uns bewusst für ein bewährtes Automatisierungssystem entschieden, das im Werk Burghausen seit Jahren weit verbreitet ist und erfolgreich arbeitet", sagt Hartmut Taubert, Betriebsingenieur EMR-Technik und Technische Betreuung bei der Wacker Chemie. Das Projekt wurde durch den Systemintegrator Finze & Wagner fiwa)group, ein von Siemens zertifizierter Solution Partner für die chemische Industrie, in nur drei Monaten realisiert. fiwa)group ist seit Gründung im Jahre 1972 als Engineering-Unternehmen und Komplettanbieter für Planung und Ausführung von Automatisierungsprojekten für Wacker tätig und kennt die Anlagen bis ins Detail.
Die sichere und einfache Bedienung ist das A und O im Wasserwerk. „Das Schichtpersonal rotiert über die verschiedenen Betriebe der Medienversorgung in der zentralen Warte, daher vereinfacht eine Angleichung der Systeme die Bedienung", erklärt Taubert. Damit sich die Anlagenfahrer leicht in dem neuen System und auf den Bedienoberflächen zurechtfinden, wurde die Visualisierung nur in Nuancen neu gestaltet. Dazu gehört mehr Transparenz und Sicherheit beim Bedienen der einzelnen Anlagen, die u. a. durch neu definierte Alarmgrenzen, eine ähnliche Farbgestaltung und die einheitliche Anordnung der Bedienelemente (Buttons) erzielt wurden.

Den Überblick bewahren
Im Zuge der Modernisierung und Zusammenführung von Versorgungsbetrieben wurde auch die alte Warte der Wasserversorgung verlegt und mit zwei weiteren Warten - für Technische Gase und Kälte - als zentrale Warte vereint. Von dort werden jetzt sämtliche über das Werk verteilte Anlagen der Medienversorgung bedient und beobachtet. Damit das Bedienpersonal auch den Überblick über die entfernten Anlagenteile erhält, werden die Pumpwerke an der Salzach sowie am Mühlbach zusätzlich per Video überwacht.
Bei der Migration des Wasserwerks 5 war das Zeit-Management die größte Herausforderung. Eine geplante Abstellung in der kälteren Jahreszeit wurde für die Umrüstung genutzt. Im Oktober 2010 konnte mit dem Software-Engineering für die Erneuerung der Steuerung sowie der Visualisierung des Wasserwerkes 5 begonnen werden. Es blieben drei Monate für die Erstellung des Pflichtenheftes, die Änderung komplexer Hardware, wie z. B. die Demontage eines alten, noch bedienbaren Mosaikschaltbildes, die Software-Programmierung und den „Loop Check" von circa 1000 Ein- und Ausgängen. Dank der reibungslosen Zusammenarbeit zwischen allen Partnern wurde die Inbetriebnahme rechtzeitig vor Weihnachten 2010 abgeschlossen. Damit konnte im Januar 2011 - ebenfalls genau im Zeitplan - der Umbau der Schaltanlagen bei den Wasserwerken 4a und 4b und die Migration des Salzach-Pumpwerkes auf das Prozessleitsystem Simatic PCS7 beginnen. Der Factory Acceptance Test (FAT) wurde im März 2011 absolviert, womit pünktlich zur wärmeren Jahreszeit die komplette Umrüstung der Kühlwasserversorgung beendet war.

Zukunftssicheres Wassermanagement
Für den erfolgreichen Betrieb der Pumpstationen, der Wasserwerke und damit für die sichere Kühlwasserversorgung des Chemiewerkes ist ein zuverlässiges Wassermanagement von entscheidender Bedeutung. Bei Wacker in Burghausen wurde deswegen die bislang getrennte Versorgung für die Betriebsmittel für Kühlwasser, Kälte und Technische Gase mit Simatic PCS7 auf eine einheitliche Bedien-Plattform gestellt. Damit kann dem erhöhten Bedarf an ausreichend Kühl- und Brauchwasser in den nächsten Jahren in idealer Weise Rechnung getragen werden. 

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