Energiemanagement spart bis zu 20% Kosten
TÜV Süd unterstützt Innospec Leuna bei der Einführung eines Energiemanagementsystems
Die Energiewende und der weiter forcierte Ausbau der erneuerbaren Energien führen zwangsläufig zu steigenden Strompreisen. Schon jetzt lohnt die Einführung eines zertifizierten Energiemanagements - denn neben Kosteneinsparungen sind staatliche Förderungen möglich.
Aktuell stärkt die Kernenergie-Debatte das Bewusstsein für die Bedeutung der Energiewende. Mit dem erforderlichen Ausbau erneuerbarer Energien dürfte der Strompreis mittelfristig weiter steigen. Erste Schätzungen zeigen: Bei Mehrkosten von 20-30 % je kWh kommen zusätzliche Ausgaben von über 500 Mio. € auf energieintensive Industriezweige zu. Der Energiekostenanteil an der Produktion ist mehr denn je eine wichtige Stellschraube für Einsparungen und lässt sich mit einem umfassenden Energiemanagement kontinuierlich senken - staatlich gefördert.
Für Chemieunternehmen, kunststoffverarbeitende Betriebe oder Papierhersteller hat die Bundesregierung in ihrem Energiekonzept gleich mehrere Anreize für die frühzeitige Implementierung von Energiemanagementsystemen geschaffen. Dazu gehören die Entlastung von den sog. Stromkostenanteilen bzw. der EEG-Umlage, die im Rahmen des Ausbaus der erneuerbaren Energien anfällt, sowie die erste und zweite Stufe der Stromsteuer. Des Weiteren werden für Investitionen, die im Rahmen der Umsetzung des betriebseigenen Energiemanagementsystems anfallen, besonders zinsgünstige staatliche Kredite gewährt.
Einen Leitfaden für die Einführung von Energiemanagementsystemen bietet die EU-Norm DIN EN 16001. Sie orientiert sich in weiten Teilen an der internationalen Umweltmanagementnorm ISO 14001, die von vielen Unternehmen bereits umgesetzt wird. Auch eine zusätzliche internationale ISO-Norm zum Energiemanagement ist derzeit in Arbeit und wird voraussichtlich weitgehend analog zur bereits bestehenden EU-Norm aufgebaut sein. Für den Einsatz eines betrieblichen Energiemanagements nach DIN EN 16001 gilt aktuell noch eine Übergangszeit von zwei Jahren: 2011 wird den Unternehmen für die Aufnahme und Systematisierung ihrer Energiedaten zugestanden sowie für die Schaffung grundlegender Strukturen für das Energiemanagement. Ab 2012/2013 sollen dann umfassende Managementprozesse eingeführt und fest etabliert werden. Wer jetzt schnell ist, kann nicht nur frühzeitig von staatlichen Ermäßigungen und Einsparungen profitieren, sondern sichert sich auch einen wichtigen Wettbewerbsvorteil.
Das Chemieunternehmen Innospec Leuna
Voraussetzung dafür ist jedoch der Nachweis, dass es konkrete Planungen für die Implementierung eines Energiemanagementsystems im Unternehmen gibt. Und: Dieses muss anschließend von unabhängiger Stelle zertifiziert werden. TÜV-Süd-Experten begleiten alle Phasen des Projekts und entwickeln wirtschaftliche Maßnahmen auf branchenübergreifendem Know-how. Ein Beispiel dafür ist der Spezial-Chemiehersteller Innospec Leuna: Er hat gemeinsam mit den Prüfingenieuren eine Studie zur Ermittlung des eigenen Energiebedarfs erstellt und lässt sich bei der Einführung eines hochmodernen Energiemanagementsystems unterstützen.
Innospec Leuna gehört zum internationalen Unternehmen Inno-spec Specialty Chemicals, das in 23 Ländern vertreten ist. Am Standort Chemiepark Leuna in Sachsen-Anhalt betreibt das Spezialchemie-Unternehmen u. a. eine Hochdruck-Polymerisationsanlage zur Herstellung von Produkten auf Ethylen-Basis: PE-Wachse, EVA und Dieseladditive. Im Rahmen der fortschreitenden technischen Entwicklung werden auch die Produktionsprozesse einer laufenden Modernisierung unterzogen. Einsparpotentiale lassen sich nahezu bei jeder Anlage finden, in Leuna beispielsweise bei der Polymerisationsanlage, die einen erhöhten Bedarf an Strom und Dampf aufweist. Die Folge waren im Branchenvergleich leicht überdurchschnittliche Energiekosten.
Hochdruck-Polymerisationsanlage im Fokus
Startpunkt einer energieeffizienteren Ausgestaltung der Produktionsabläufe bildete die Bestandsaufnahme des Energiebedarfs nach Struktur und Umfang. Das Expertenteam analysierte die Netzqualität sowie die zeitabhängige Lastaufnahme. Darüber hinaus wurden einzelne Anlagen mit unüblichen Verbrauchsspitzen sowie der Dampfhaushalt untersucht und einzelne Prozessstufen umfassend gescreent. Mit einem Großteil des Energiebedarfs gehört der Höchstdruckverdichter, der die Ausgangsstoffe aufbereitet, zu den vier Hauptverbrauchern. Es folgen der Zwischendruckverdichter, die Kühlkreisläufe und diverse Einzelverbraucher mit mehr als zehn kW Anschlussleistung.
Auf Grundlage der ausgewerteten Daten konnten die Experten anschließend mehrere Einsparpotentiale identifizieren und entsprechende Optimierungsvorschläge ableiten - darunter der Einsatz neuer, noch energieeffizienterer Antriebe und Motoren, die Nutzung von überschüssigem Niederdruckdampf für weitere Prozesse und eine verbesserte Volumenstrom- bzw. Druckregelung von Kühlkreislaufpumpen.
„Mehr Effizienz" in Zahlen
In der Umsetzung ergaben sich - nach vorheriger Wirtschaftlichkeitsprüfung aller möglichen Einzelmaßnahmen - folgende Änderungen bei Innospec Leuna:
- Vollständige Abschaltung sämtlicher Nebenaggregate bei Produktionsunterbrechungen
- Bei Instandhaltung und Ersatzinvestitionen: systematischer Ersatz von Antrieben und Motoren durch energieeffizientere Geräte
- Zusätzliche Nutzung des vorhandenen Prozessleitsystems zur verbrauchsabhängigen separaten Ansteuerung einzelner Geräte
- Qualitätsverbesserung des ohnehin erzeugten Niederdruckdampfs zur sinnvollen Weiterverwendung (derzeit in der Machbarkeitsprüfung)
Das Ergebnis: Der optimierte Produktionsprozess spart jährlich einige Prozentpunkte der Energiekosten ein, das derzeit in der Implementierung befindliche Energiemanagementsystem bringt künftig weitere Kosteneinsparungen. Für mehr Effizienz zeigen Online-Messungen des Energiebedarfs permanent Steuer- und Eingriffsmöglichkeiten auf.
Je nach Industriezweig und Anlage belegen Untersuchungen aus den Niederlanden und Dänemark, dass die Einführung eines Energiemanagementsystems den Energiebedarf eines Unternehmens bis zu 20 % nachhaltig reduzieren kann. Einsparungen, zu denen sich verminderte Steuersätze und Umlageentlastung hinzuaddieren.