CHT Gruppe mit neuem Unternehmensauftritt
Interview mit CEO Dr. Frank Naumann
Die CHT Gruppe mit Hauptsitz in Tübingen ist ein mittelständischer Global Player im Bereich Spezialitätenchemie. Sie ist mit Produktions- und Vertriebsstandorten weltweit durch mehr als 20 Gesellschaften vertreten und erzielte im Geschäftsjahr 2016 mit knapp 1.900 Mitarbeitern einen Konzernumsatz von 420 Mio. EUR. Anfang April 2017 stellte das Unternehmen seine neue Corporate Identity und seinen neuen Unternehmensauftritt der Öffentlichkeit vor. Dr. Birgit Megges befragte Dr. Frank Naumann, CEO der CHT Gruppe, zur Neupositionierung des Unternehmens und den damit verbundenen Zielen.
CHEManager: Herr Dr. Naumann, Sie haben sich für eine neue Corporate Identity entschieden. Welche Beweggründe führten zu diesem Schritt?
Dr. F. Naumann: Seit der Gründung des Unternehmens 1953 ist die Unternehmensgruppe durch Neugründungen und Zukäufe stetig gewachsen. Dadurch entstand im Laufe der Zeit eine bunte Vielfalt von Unternehmensnamen. 1971 wurde in der Schweiz ein Tochterunternehmen mit dem Namen Bezema gegründet. Um dessen Gruppenzugehörigkeit zu demonstrieren, entschied man sich vor einigen Jahren für ein Kombinationslogo bestehend aus dem CHT-Logo mit Bezema-Schriftzug. Diese Kombination sorgte zunehmend für Verwirrung und war auch rein optisch nicht mehr zeitgemäß. Ein einheitlicher Auftritt für alle Niederlassungen und die gesamte Unternehmensgruppe sorgt für eine klare Kommunikation und Identität nach innen und nach außen.
Wie sieht die neue Identität aus?
Dr. F. Naumann: Ziel des neuen Unternehmensauftritts ist es, die Aktivitäten am Markt weiter zu stärken und als moderne, zukunftsorientierte und einheitliche Unternehmensgruppe aufzutreten. Hierbei sorgt unser neues Logo für mehr Klarheit und mit dem Claim „Smart Chemistry with Character“ geben wir ein aussagekräftiges Markenversprechen, auf das unsere Geschäftspartner weltweit bauen können. In unserem ursprünglichen Geschäft mit Textilchemikalien hat die CHT Gruppe weltweit eine führende Marktposition und einen sehr guten Ruf.
Mit dem neuen Markenauftritt möchten wir vor allem unsere neuen Industriesegmente in der Entwicklung unterstützen. Um das zu erreichen, wurden die zentralen Elemente eines erfolgreichen Marktauftritts herausgearbeitet – Markenkern, Positionierung und eigenen Stärken.
Mit dem neuen Auftritt wurde auch eine geänderte Markenstruktur geschaffen. Wie sieht diese aus?
Dr. F. Naumann: Um Kunden und die Öffentlichkeit gezielter ansprechen zu können, haben wir unter der Dachmarke CHT eine vereinfachte Markenstruktur mit den beiden gleichberechtigten Untermarken: „Textile Solutions“ und „Industry Solutions“ geschaffen.
Textile Solutions fasst unser Angebot an Textilhilfsmitteln, Textilfarbstoffen und unser Textile-Care-Sortiment zusammen. Zukünftig werden wir mit der neuen Marke „Bezema Colour Solutions“ die weltweiten Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen für Farbstoffe und Pigmente gemeinsam im Paket mit Färberei- und Druckereihilfsmitteln bündeln.
Unsere Industry Solutions umfassen alle Angebote und Leistungen in den „nicht textilen“ Marktsegmenten. Hierzu gehören die Material Solutions für die Silikonelastomere, Consumer Care Solutions, Leather Solutions und Paper Solutions. Als Paints & Coatings Solutions und Mineral Building Solutions vermarkten wir Additive und Spezialcompounds für Bauanwendungen.
Darüber hinaus positionieren wir mit „Science & Service Solutions“ unsere starken Serviceleistungen.
Was würden Sie als Ihr Kerngeschäft bezeichnen?
Dr. F. Naumann: Wir entwickeln, produzieren und vertreiben Prozesshilfsmittel, Funktionsgeber und Additive, die in zahlreichen industriellen Prozessen Einsatz finden und häufig selbst die Performance der Endprodukte prägen sowie zahlreiche Produktionsprozesse optimieren.
Traditionell ist die CHT im Bereich der Textilchemikalien zuhause. Auch nach unserer aktuellen Akquisition im Silikonsegment sind heute ca. 70% der weltweiten Umsätze mit der Textilindustrie verbunden.
Als wahrer Entrepreneur hat bereits der Gründer des Unternehmens erkannt, dass man in diesem Geschäft nur erfolgreich am Markt partizipieren kann, wenn man einerseits einen guten und schnellen anwendungstechnischen Service vor Ort beim Kunden bieten kann und bestimmte Produkte lokal produziert. Aus diesem Grund ist die CHT Gruppe heute nicht nur einer der weltweit führenden Lieferanten von Textilchemikalien, sondern auch in den wichtigsten Textilländern mit eigenen Gesellschaften und Produktionsstätten vertreten.
Im Laufe der letzten 20 Jahre hat sich die CHT darüber hinaus in weiteren Marktsegmenten als Anbieter von Spezialitätenchemie etabliert und bedient damit die unterschiedlichsten Bereiche wie Bau, Farbe, Lack, Papier, Agro sowie die Konsumgüterindustrie.
Mit der Agenda 2020 hat sich die CHT anspruchsvolle Ziele gesetzt, die sich nicht von heute auf morgen erreichen lassen. Wie soll der „Strategieprozess 2020“ aussehen?
Dr. F. Naumann: Wir möchten nicht nur die Erfolgsgeschichte der CHT Gruppe weiterführen, sondern dies mit einer klaren nachhaltigen Ausrichtung tun, was aus unserer Sicht sehr gut zu einem modernen Unternehmen im Stiftungsbesitz passt. Deshalb steckt unsere Unternehmensvision bewusst ein herausforderndes Ziel: Die CHT Gruppe soll der bevorzugte Partner und die führende Referenz für nachhaltige chemische Lösungen in unseren Märkten, weltweit, werden.
Innovation bekommt so eine zentrale und hohe Bedeutung, da sie unsere Zukunft als Chemieunternehmen sichert. Das heißt für uns im Klartext, dass wir auch unserer Forschung und Entwicklung herausfordernde Ziele setzen, um so frühzeitig chemische Lösungen anbieten zu können, noch bevor der Markt oder gesetzliche Vorgaben dies notwendig machen. Wir geben bereits heute rund 5% unseres jährlichen Umsatzes für F&E aus.
Haben Sie für derartige chemische Lösungen ein Beispiel?
Dr. F. Naumann: Bleichen ohne Kaliumpermanganat oder Chlor sind solche Herausforderungen, denen wir uns stellen und für die wir in den letzten zwei Jahren marktfähige Alternativen entwickelt haben.
Für Anstrichfarben haben wir moderne und leistungsfähige Hydrophobierungsmittel entwickelt, basierend auf hochvernetzenden Silikonharzen. Im Bereich der Silikonelastomere wurde im vergangenen Jahr eine neue Generation entwickelt, die im Formenbau, z.B. für Lippenstifte die Reproduzierbarkeit signifikant erhöht. Darüber hinaus arbeiten unsere Entwickler an Silikonfolien, als Ersatz für PTFE-Folien, sowie an neuen wärmeleitfähigen RTVs die in verschiedenen modernen Elektronikbauteilen Einsatz finden werden.
Wie stehen Sie zum Thema Nachhaltigkeit?
Dr. F. Naumann: Nachhaltigkeit ist uns wichtig, mehr noch, wir betrachten Nachhaltigkeit als eine tragende Säule des aktuellen und zukünftigen Erfolgs unseres Unternehmens. Wir beziehen alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, Ökonomie, Ökologie und Soziales in sämtliche unserer unternehmerischen Entscheidungen ein. Als chemisches Unternehmen legen wir natürlich einen Schwerpunkt auf die Entwicklung von nachhaltigen Produkten und Prozessen sowie auf den Einkauf von entsprechend qualifizierten Rohstoffen.
Als Mitglied im UN Global Compact sind uns die weltweite Einhaltung der CSR- und Menschenrechtsvorgaben besonders wichtig – und das nicht nur in unserem eigenen Unternehmen.
Welche Rolle spielt das Thema Wachstum in Ihrer Strategie?
Dr. F. Naumann: Die Zielsetzung beschreibt neben Projekten und Maßnahmen, die für jeden Unternehmensbereich festgelegt wurden, ein klares finanzielles Ziel. Die CHT möchte 2020 eine Umsatzgröße von 500 Mio. EUR erreicht haben und zwar durch organisches Wachstum in den bestehenden Geschäftsfeldern und Märkten. Darüber hinaus wurde auch eine Akquisitionsstrategie definiert, mit deren Hilfe sogenannte White Spots regional aber auch in technologischer Hinsicht durch einen Firmenzukauf geschlossen werden sollen.
Aktuell ist die CHT Gruppe hinsichtlich beider gesteckter Ziele auf Kurs. Der organische Umsatzzuwachs ist trotz zunehmender Herausforderungen im globalen Wettbewerbsumfeld auf Plan. Darüber hinaus konnte jüngst die wichtige strategische Akquisition der ICM Silicones Group erfolgreich abgeschlossen werden.
Welche Bedeutung hat die Akquisition der ICM Silicones Group für Ihr Geschäft?
Dr. F. Naumann: Seit Ende der 90er Jahre ist die CHT Gruppe als Anbieter mit Silikonspezialitäten im Markt aktiv. Begonnen wurde das Silikongeschäft Ende der 90er Jahre zur Sicherung der Rohstoffversorgung für Textilweichmacher, zwischenzeitlich ist es ein wichtiges Standbein für die strategische Geschäftsentwicklung außerhalb des traditionellen Textilgeschäftes. Mit der Akquisition der amerikanischen ICM Silicones Group wurde der Silikonumsatz um 70 Mio. USD erhöht und gleichzeitig der regionale „White Spot“ USA geschlossen.
ICM Silicones ist ein führender Lieferant von leistungsstarken Silikonemulsionen und Silikonelastomeren in Amerika, der aus fünf eigenständig operierenden Unternehmen besteht. Mit diesem Zukauf erhalten wir Zugang zu neuen Technologien wie den Silikongelen und Silikonschäumen sowie zu attraktiven Marktsegmenten, z.B. Automobil- und Luftfahrtindustrie.
Auch wenn wir uns im Bereich der Silikone umsatzseitig nicht mit den Giganten der Branche messen können, so erfreut sich unser wachsendes Sortiment der Silikonspezialitäten steigender Nachfrage und das nicht nur in sogenannten Nischenanwendungen.