Chemie-Tarifrunde 2024
Auftakt der Tarifverhandlungen in der chemischen Industrie
Vor dem Auftakt der Chemie-Tarifverhandlungen appelliert der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) an die Gewerkschaft IGBCE, die kritische Lage der gesamten Branche anzuerkennen und ihre Forderung von 7 % Entgelterhöhung zu revidieren.
„Es ist höchste Zeit, dass die IGBCE die kritische Lage der gesamten Branche anerkennt und sieht, dass wir uns nur gemeinsam aus dem Krisenmodus herausbewegen können“, fordert BAVC-Verhandlungsführer Matthias Bürk vor dem Auftakt der vom BAVC als "Krisen-Tarifrunde" bezeichneten Chemie-Tarifverhandlungen in der kommenden Woche. „Bislang redet sich die Gewerkschaft die Lage schön, um eine Entgeltforderung zu rechtfertigen, die mit der wirtschaftlichen Situation nicht in Einklang zu bringen ist. Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine ist die Produktion von Chemie und Pharma in Deutschland um 9 % geschrumpft. Der Umsatz liegt mit minus 10 % noch tiefer in den roten Zahlen. Wir verlieren Boden in Sachen Wettbewerbsfähigkeit und haben 2023 nicht mehr produziert als 2005.“ Auch sei derzeit kein Aufschwung in Sicht.
Eine Erhöhung der Entgelte von 7 %, tarifliche Regelungen für Wertschätzung und Besserstellung der IGBCE-Mitglieder und eine Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags: Diese drei Punkte umfasst die Forderung für die chemisch-pharmazeutische Industrie, die die Bundestarifkommission der Gewerkschaft beschlossen hat.
„Die Forderung der IGBCE ist weder krisengerecht noch finanzierbar. Wo keine Zuwächse sind, können wir keine verteilen. Wir müssen dem Schutz des Standorts Deutschland oberste Priorität einräumen und die begonnene De-Industrialisierung gemeinsam stoppen. So sichern wir Beschäftigung. Eine Branche in der Krise braucht einen Tarifabschluss für die Krise“, so Bürk.
Hinzu komme, dass die Entgelte zu Jahresbeginn bereits um 3,25 % erhöht wurden. Weitere 1.500 EUR steuer- und beitragsfreies Inflationsgeld gab es in diesem Jahr obendrauf. Die Inflationsprognose liegt aktuell bei 2,3 %. Bürk: „Die Beschäftigten werden 2024 ohne jede weitere Tariferhöhung real mehr Geld in der Tasche haben.“ Ohnehin sei die Chemie- und Pharmaindustrie unverändert eine Hochlohn-Branche, in der es keinen Nachholbedarf bei den Entgelten oder anderen tariflichen Leistungen gibt. Im Schnitt verdienen Tarifbeschäftigte in unserer Branche 73.000 Euro jährlich (Vollzeit). Der Anstieg der tariflichen Leistungen liegt mit plus 48 % seit 2010 deutlich über dem Preisanstieg im selben Zeitraum (plus 36 %).
BAVC-Verhandlungsführer Bürk bekräftigt zugleich das Interesse der Chemie-Arbeitgeber an einer Stärkung der Chemie-Sozialpartnerschaft. „Wir stehen zu dem gemeinsamen Ziel, die Tarifbindung auf beiden Seiten zu steigern. Die geforderte Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern lehnen wir allerdings ab. Eine Differenzierung nach Gewerkschaftszugehörigkeit spaltet die Belegschaften und findet auf Arbeitgeberseite keine Akzeptanz. Dadurch drohen Austritte aus den Arbeitgeberverbänden und damit eine Schwächung der Tarifbindung. Die Arbeitgeber haben ihrerseits mehrere Angebote entwickelt, um die Tarifbindung auf beiden Seiten zu stärken. Diese gilt es nun ernsthaft zu prüfen.“
Einer Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags stehen die Arbeitgeber grundsätzlich offen gegenüber. „Allerdings dürfen keine zusätzlichen Kosten durch die Hintertür entstehen“, betont Bürk. „Die Arbeitgeber streben seit Langem eine Entschlackung der Chemie-Tarifverträge an, um deren Anwendung schneller, flexibler und einfacher zu machen. Wir werden eine Reihe von Vorschlägen in die Diskussion einbringen, die die Komplexität reduzieren und den Chemie-Tarif attraktiver machen können. Stichwort: Entbürokratisierung überall!“
Nach Abschluss der regionalen Auftaktverhandlungen ist die erste Verhandlung auf Bundesebene für den 14./15. Mai 2024 in Hannover terminiert.
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