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Chemie ist ... Klimafreundliche Architektur

08.11.2021 - Nachhaltig Bauen heißt nicht nur, recycelte oder natürliche Materialien verwenden oder energieeffiziente Gebäude errichten. Der Bausektor ist laut UN für etwa 38 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Auch in der Architektur hat deshalb der Nachhaltigkeitstrend längst Einzug gehalten. Das Bauwesen steht so vor mehreren Herausforderungen.

Für Planer und Architekten von Gebäuden gilt, künftig weniger bzw. recycelte oder besser noch natürliche Ressourcen zu verwenden, innovative Konstruktionsverfahren anzuwenden und ihren Bauwerken zusätzliche Funktionen zu verleihen. Mittlerweile beteiligen sich moderne Bauwerke aktiv am Klimaschutz, indem sie über ihre Fassaden umwelt- und klimaschädliche Stoffe aus der Luft filtern. So wie der italienische Pavillon auf der Expo 2015 in Mailand, der sich wie ein organisches Geflecht aus vorgefertigten, durch Zugabe von Titanoxid umweltaktiven Betonelementen, erhebt. 9.000 m2 Fassade erstrahlen in einem Weiß, das durch den Zusatz von feinem Ausschuss aus Carrara-Marmor noch intensiver erscheint. Dabei bestehen 80 % des eingesetzten Mörtels aus recyceltem Material. Der Fertigteilhersteller Styl-Comp hat für die Produktion der über 700 Fassadenpaneele einen zementbasierten Hochleistungsspezialmörtel mit hoher Biegefestigkeit von Italcementi eingesetzt. Dank diesem „i.active Biodynamic Cement“ mit der patentieren TX-Active-Technologie kann die Fassade bei Sonneneinstrahlung Schadstoffe aus der Luft in Inertsalze umwandeln und zum Abbau von Smog im verkehrsbelasteten Mailand beitragen.

Neue Materialkultur in der Architektur

Beispiele für innovative Konstruktionen liefert das Exzellenzcluster „Integratives computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur (IntCDC)“ der Universität Stuttgart zuhauf. So haben Forschende des IntCDC unlängst auf der 17. Internationalen Architekturausstellung in Venedig eine bewohnbare Installation präsentiert, die vollständig aus robotergefertigten, faserförmigen Bauelementen besteht. „Maison Fibre" ist das erste mehrstöckige Bauwerk seiner Art, das vollständig aus Faserverbundwerkstoffen besteht und noch vor wenigen Jahren nicht hätte entworfen oder gebaut werden können. Noch ist diese hochinnovative Bauweise den geltenden Bauvorschriften weit voraus.

Die gesamte Struktur besteht ausschließlich aus so genannten Faserrovings, im Wesentlichen aus endlosen, unidirektionalen Faserbündeln. Während „Maison Fibre“ noch weitgehend auf Glas- und Carbonfasersysteme zurückgreift, zeichnet sich für die nahe Zukunft eine erhebliche Erweiterung des Materialspektrums ab: von Mineralfasersystemen, die extremen Temperaturbelastungen standhalten, bis hin zu Naturfasersystemen, die innerhalb eines Jahreszyklus wachsen.

Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen im Bauwesen

In einem gemeinsamen Projekt mit der Universität Freiburg haben die Stuttgarter einen Leichtbau-Pavillon entworfen. Mit diesem – nach dem Freiburger Exzellenzcluster Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems (LivMatS) benannten – „LivMatS Pavillon“ präsentiert das Team ein Modell für eine nachhaltige, ressourceneffiziente Alternative zu konventionellen Bauweisen.

Als Inspiration für die netzförmige Anordnung der Naturfasern dienten Kakteen. Die tragende Struktur des Bionik-Pavillons besteht aus robotisch gewickelten Flachsfasern, einem von Natur aus nachwachsendem und biologisch abbaubaren Material. Sie haben das Potenzial, insbesondere in Kombination mit effizientem Leichtbau, den ökologischen Fußabdruck von Gebäuden deutlich zu reduzieren. Der LivMatS-Pavillon ist mit einer wasserdichten Polycarbonathaut überzogen, die die Fasern vor direkter UV-Strahlung und Feuchtigkeit durch Regen oder Schnee schützt.

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