Zukunftstrends in der Arzneimittelentwicklung
Innovationen im Datenmanagement, bei Zulassungsanträgen, klinischen Studien und in der Qualitätssicherung verändern die Pharmabranche.

Innovationen im Datenmanagement, bei Zulassungsanträgen, klinischen Studien und in der Qualitätssicherung verändern die Pharmabranche. Diese Fortschritte bringen Chancen mit sich, erfordern aber auch eine sorgfältig vorbereitete Umsetzung, um die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen.
Mit Blick auf das gesamte Jahr 2025 lassen sich einige zentrale Prognosen ableiten – und Wege aufzeigen, wie Biopharmaunternehmen unter diesen Umständen weiterhin Innovationen und operative Exzellenz vorantreiben werden.
Inhalt:
- Beschleunigung von Inhalts- und Datenfluss in der F&E
- Vereinfachte Teilnahme an klinischen Studien und größere Patientendiversität
- Studienkapazitäten in Prüfzentren durch Standardisierung schaffen
- Gleichzeitige Einreichungen von Studiendaten
- Gemeinsame Daten helfen, Einreichungen zu beschleunigen
- Zusammenführung von QS und QK beseitigt Engpässe
- Datentransparenz von Auftragsforschungsinstituten
- Umfassende und zuverlässige Sicherheitsdaten
- Fazit
- Rik van Mol
Beschleunigung von Inhalts- und Datenfluss in der F&E
Die Integration von Daten zu Ereignissen wie etwa Nebenwirkungen und Komplikationen in die Meldungen zu Verdachtsfällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen – z. B. Individual Case Safety Reports – variiert heute stark. Derzeitige Lösungen reichen von vollautomatischen Arbeitsabläufen bis hin zu zeitintensiven manuellen Prozessen. Diese Inkonsistenzen verlangsamen die Arzneimittelentwicklung. Im Jahr 2025 werden Biopharmaunternehmen daher der Prozessexzellenz Priorität einräumen, um den Inhalt und den Datenfluss in der gesamten Forschung und Entwicklung (F&E) zu optimieren. Im Zuge dessen standardisieren und vereinfachen sie ihre Prozesse und wenden sich von sehr gut funktionierenden, aber individuellen Softwarelösungen (Best-of-Breed) ab. Im Zuge von Investitionen in F&E-Prozessstandards werden einige Unternehmen die Automatisierung von Arbeitsabläufen einführen, während andere dedizierte Teams für Prozessexzellenz bilden, um die Effizienz in den Bereichen klinische Entwicklung, Zulassungsmanagement, Arzneimittelsicherheit und Qualitätsmanagement zu steigern.
Vereinfachte Teilnahme an klinischen Studien und größere Patientendiversität
Die Aufnahme und Bindung von Patienten bei klinischen Studien stellen nach wie vor eine Herausforderung dar. Dies liegt u. a. an der Komplexität der Studien und dem Aufwand für die teilnehmenden Personen. Beides führt zu hohen Abbruchquoten seitens der Patienten. Gleichzeitig steigt der Bedarf an inklusiven Studien, welche zu repräsentativeren Studienergebnissen und letztlich zu besseren Behandlungsmöglichkeiten führen. So verlangt bspw. der neue Diversity Action Plan der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA von Sponsoren, dass sie unterrepräsentierte Gruppen in ihre Studien aufnehmen und bei der Einreichung demografische Aufschlüsselungen vorlegen.
Sponsoren werden daher voraussichtlich Patienten mehr Alternativen als bislang für den Einstieg in eine klinische Studie und für Präsenztermine vor Ort im Rahmen einer Studie bieten sowie den Teilnehmerkreis erweitern, insbesondere mit Patienten von bisher unterversorgten Bevölkerungsgruppen. Letzteres wird zu Veränderungen bei der Datenverarbeitung und -analyse führen, um saubere, ausreichende Daten für jede Untergruppe gewährleisten zu können. Sponsoren werden zudem zunehmend auf einheitliche Datensysteme setzen, um die komplexen Studienanforderungen erfüllen zu können.
Studienkapazitäten in Prüfzentren durch Standardisierung schaffen
Klinische Forschungszentren stehen unter enormem Druck. Die Personalfluktuation und immer komplexere Protokolle schränken ihre Möglichkeiten ein, die Zahl an Studien zu steigern. Gleichzeitig ist die Tatsache, dass Sponsoren mit verschiedenen Systemen arbeiten, für mehr als die Hälfte der Forschungszentren eine der größten Herausforderungen, um Studien durchzuführen.
Sponsoren werden daher ihre Strategien zur Einbindung von Standorten überdenken und konsistente Technologien innerhalb der Prüfzentren, optimierte Arbeitsabläufe sowie übergreifende Standardisierungen priorisieren. Einheitliche Tools werden dazu beitragen, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Die Mitarbeiter der Standorte können sich somit wieder mehr auf ihre Patienten konzentrieren. Dadurch entstehen mehr Kapazitäten, mit deren Hilfe Studien ohne Verzögerungen durchgeführt werden können.
Gleichzeitige Einreichungen von Studiendaten
Sequenzielle Einreichungen von Daten aus klinischen Studien zur Zulassung von Medikamenten, die früher Standard waren, gelten heute als überholt. Obwohl die Digitalisierung behördliche Antragsprozesse teilweise optimiert hat, erhalten häufig zuerst Kernmärkte die Genehmigungen. Dadurch müssen Patienten in nachgelagerten Märkten – die meist kleiner und eher unterversorgt sind – länger auf neue Medikamente warten.
Neue Methoden wie aktive Dossiers ermöglichen es den Zulassungsteams, bereits erfolgte Einreichungen effektiver wiederzuverwenden. Da immer mehr Unternehmen und Gesundheitsbehörden gleichzeitige Einreichungen befürworten, könnten Fristen erheblich verkürzt werden. Diese Fortschritte werden den Zugang für unterversorgte Patientengruppen verbessern und gleichzeitig den regulatorischen Arbeitsaufwand verringern.
„Im Jahr 2025 werden Biopharmaunternehmen der Prozessexzellenz Priorität einräumen.“
Gemeinsame Daten helfen, Einreichungen zu beschleunigen
Die Genehmigungen der Gesundheitsbehörden sind nach wie vor ressourcenintensiv.
Ineffizienzen im Prozess, wie bspw. ähnliche Fragen, die von verschiedenen Zulassungsbehörden zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Sprachen gestellt werden, führen zu erheblichem Mehraufwand bei den Unternehmen.
In den kommenden Jahren werden Biopharmaunternehmen im Rahmen branchenweiter Initiativen sog. „Regulatory Reliance Pathways“ etablieren – Vereinbarungen zwischen verschiedenen Zulassungsbehörden, um die Zusammenarbeit zu fördern und Einreichungs- und Überprüfungsprozesse zu straffen.
Der globale Zugriff auf gemeinsame Einreichungsdaten und Q&A-Kataloge wird die Konsistenz verbessern, Mehraufwand reduzieren und Genehmigungen beschleunigen. Sponsoren und Gesundheitsbehörden müssen diese Effizienzgewinne mit der Integrität der lokalen Entscheidungsprozesse in Einklang bringen.
Zusammenführung von QS und QK beseitigt Engpässe
Die Qualitätssicherung (QS) und die Qualitätskontrolle (QK) sind integrale Bestandteile der Arzneimittelentwicklung, doch ihre Prozesse sind oft isoliert. Im Jahr 2025 werden führende Unternehmen in einheitliche digitale Qualitätssysteme investieren, die QS, QK und externe Partner durch gemeinsame Technologie miteinander verbinden.
Diese Integration wird die Chargenfreigabe rationalisieren, Fehler reduzieren und dazu beitragen, Risiken proaktiv zu erkennen. Auch junge Unternehmen werden von der Automatisierung profitieren, da sie ihre Abläufe kostengünstig skalieren und gleichzeitig den Grundstein für KI-gesteuerte Qualitätsverbesserungen legen können.
Datentransparenz von Auftragsforschungsinstituten
Auftraggeber bevorzugen zunehmend Auftragsforschungsinstitute (CROs), die eine kontinuierliche Datentransparenz bieten. Im Jahr 2025 wird sich in der Branche ein Wandel hin zu einem durchgängigen Dateneigentum vollziehen, was eine reibungslosere Zusammenarbeit zwischen Auftraggebern und CROs fördert.
Transparente Datenfreigabe in Echtzeit wird die Entscheidungsfindung bei der Protokollgestaltung, der Einbindung von Standorten, der Identifizierung von Teilnehmern mit seltenen Erkrankungen und der Anpassung von Endpunkten verbessern. Aufstrebende Biotechunternehmen werden von einer verbesserten Aufsicht profitieren, die agilere Abläufe ermöglicht. Eine größere Datentransparenz wird das Vertrauen im gesamten klinischen Entwicklungsökosystem stärken, die Studienergebnisse verbessern und den Zugang zu neuen Medikamenten beschleunigen.
Umfassende und zuverlässige Sicherheitsdaten
Sicherheitsexperten beschäftigen sich weiterhin mit einer Frage: Wie kann man wachsende Datenmengen mit weniger Ressourcen bewältigen und gleichzeitig eine hohe Qualität aufrechterhalten? KI verspricht, mit weniger mehr zu erreichen, aber inkonsistente und nicht verknüpfte Daten bergen Risiken.
Um KI effektiv zu unterstützen, werden Sicherheitsteams ihre Datengrundlagen mit standardisierten, durchgängigen Pharmakovigilanz-Prozessen stärken. Durch funktionsübergreifende Arbeitsabläufe werden manuelle Datenübertragungen vermieden. Daten lassen sich bis zur Quelle zurückverfolgen. Indem Unternehmen ihre Systemlandschaft vereinfachen und standardisieren, legen sie den Grundstein für eine beschleunigte Automatisierung und KI-Innovation.
Dieser durchgängige Datenfluss ebnet auch den Weg für eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Organisationen. So können bspw. Prozesse, wie die zeitnahe Meldung von schweren unerwünschten Ereignissen (SUE) von klinischen, elektronischen Datenerfassungssystemen an die Sicherheitsabteilung, mit vollständigeren Daten automatisch durchgeführt werden.
Fazit
Die Biopharmabranche ist bereit, Innovation und operative Exzellenz in Einklang zu bringen und anhaltende Herausforderungen wie Standortkapazität, regulatorische Komplexität und Patientenvielfalt anzugehen. Durch die Einführung einheitlicher Systeme, die Straffung von Arbeitsabläufen und die Förderung einer engeren Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden, Standorten und Auftragsforschungsinstituten können Unternehmen ihre zeitliche Planung und die Behandlungsergebnisse verbessern sowie einen widerstandsfähigeren Rahmen für die Zukunft der Arzneimittelentwicklung schaffen. Diese Veränderungen stellen nicht nur schrittweise Verbesserungen dar, sondern eine grundlegende Umgestaltung der Art und Weise, wie Medikamente entwickelt, getestet und an Patienten weltweit geliefert werden.

Rik van Mol
Vice President, R&D Strategy, Europa, Veeva Systems