Reinigung von industriellen Abwässern








CITplus - Sulzer-Equipment kann Schadstoffe in großen Abwasserflüssen kosteneffizient entfernen. Abhängig von der Lage des Siedepunktes der zu trennenden Schadstoffe im Verhältnis zu Wasser, empfiehlt Sulzer einen Abwasserstripper oder eine Flüssig-Flüssig-Extraktion.
Ein großer Teil der Schadstoffe in vielen industriellen Abwässern sind im Wasser gelöste organische Chemikalien. In den seltensten Fällen sind diese biologisch abbaubar, sodass diese nicht in einer kommunalen Kläranlage zusammen mit Haushaltsabwässern gereinigt werden können. Oftmals stören die Substanzen den Stoffwechsel der Mikroorganismen oder sind sogar giftig. Darum müssen solche Schadstoffe vor einer Einleitung des Abwassers gesondert entfernt werden, wie dies z. B. bei einer Belastung mit organischen Lösemitteln der Fall ist.
Die typischen Konzentrationen des Lösemittels liegen je nach Abwasserquelle im Bereich von 1 - 20 Gewichts-%. Für eine thermische Behandlung, was nichts anderes als eine Verbrennung ist, sind diese Konzentrationen der Schadstoffe zu niedrig. Der Heizwert des Abfallstroms ist zu gering. Hier wäre ein sehr hoher Bedarf an Sekundärbrennstoff notwendig, was zu hohen Kosten und zusätzlicher Umweltbelastung führen würde.
Abwasserstripper
Ein bewährtes und effektives Verfahren zur Behandlung von mit Lösemitteln belastetem Abwasser stellt die Strippung dar. Bei diesem Verfahren wird das Abwasser am Kopf einer Rektifikationskolonne zugeführt und im Gegenstrom von unten Dampf durch die Kolonne geleitet. Dieser kann als sog. Direktdampf aus einem externen Dampfnetz zugeführt, aber auch in einem Verdampfer durch indirekte Beheizung erzeugt werden. Abbildung 2 zeigt ein Schema dieses Prozesses.
Die einfache Abwasserstrippung eignet sich für alle Lösemittel mit einem tieferen Siedepunkt als dem von Wasser und solche, die mit Wasser ein tiefsiedendes Azeotrop bilden. Das Lösemittel reichert sich in der Dampfphase an und kann am Kopf der Kolonne als Konzentrat kondensiert werden. Die maximal erreichbare Lösemittelkonzentration wird dabei zum einen durch das thermodynamische Gleichgewicht und zum anderen durch einen ökonomisch sinnvollen Anlagenbetrieb bestimmt. Im Sumpf der Kolonne wird das praktisch lösemittelfreie Abwasser abgezogen.
Nachdem es zur Vorwärmung des belasteten Abwasserstroms genutzt wurde, kann es entweder eingeleitet oder im Prozess recycliert werden. Das am Kopf der Kolonne gewonnene Konzentrat wird entweder weiter aufbereitet und das Lösemittel recycliert oder kann nun viel günstiger verbrannt werden.
Falls das Lösemittel ein heterogenes Azeotrop mit Wasser bildet, d. h. eine Mischungslücke aufweist, ist der in Abbildung 2 als Option gezeigte Dekanter erforderlich. Die Wasserphase aus dem Dekanter wird zurück in die Strippkolonne geführt. Sie hat eine dem Zulauf ähnliche Zusammensetzung und ist gesättigt mit dem entsprechenden Lösemittel. Die organische Phase wird als Konzentrat entsprechend weiterbehandelt oder entsorgt.
Die Kosten dieses Prozesses werden wesentlich durch die Thermodynamik des Wasser-Lösemittel-Gemisches bestimmt. Je nach Lage des Dampf-Flüssig-Gleichgewichts ergibt sich am Kopf der Kolonne eine unterschiedliche Wasserkonzentration und so auch ein unterschiedlicher Energiebedarf für einen ausreichend aufkonzentrierten, lösemittelreichen Strom. Typische Lösemittel, die durch direkte Strippung ohne Dekanter entfernt werden können, sind Alkohole und Ketone. Für Ester, Ether, kurzkettige Kohlenwasserstoffe und andere nicht beliebig mit Wasser mischbare Stoffe ist ein Dekanter erforderlich. Auch für Abwasser, welches gleichzeitig mit mehreren dieser Stoffe belastet ist, ist dieser Prozess gut geeignet.
Problem: Hochsieder
Ist ein Abwasser mit einem Stoff belastet, der bei Atmosphärendruck einen Siedepunkt von über 100 °C hat, ist die oben beschriebene Abwasserstrippung nur bedingt einsetzbar. Hat dieser Stoff ein geeignetes Azeotrop mit Wasser mit einem Siedepunkt unter dem von reinem Wasser sowie mit einer hinreichend hohen Anreicherung im Azeotrop, kann eine Abwasserstrippung mit Dekanter eingesetzt werden. Dadurch wird in einer Strippkolonne dieses Lösemittel effektiv im Destillat angereichert und kann trotz des hohen Siedepunkts gut entfernt werden.
Liegt das thermodynamische Gleichgewicht jedoch weniger günstig, scheidet die direkte Strippung als Behandlungsverfahren aus. Phenol z. B. hat einen Siedepunkt von 182 °C und bildet zwar mit Wasser ein Azeotrop, dessen Siedepunkt aber 99 °C bei einem Phenolgehalt von 9 Gewichts-% beträgt. Dieses entspricht nahezu der Löslichkeit von Phenol in Wasser bei 25 °C [1], sodass bei einem mit Phenol gesättigten Abwasser keine Aufkonzentrierung stattfindet. Aufgrund des sehr nahen Siedepunkts zu dem von Wasser müsste die Strippkolonne außerdem eine sehr hohe Trennleistung aufweisen. Dies ist nur mit einer großen Stufenzahl und einem hohen Rücklaufverhältnis zu erreichen. Die entsprechende Kolonne wäre damit hoch und hätte einen sehr großen Energieverbrauch. Zusammen mit dem hohen Wassergehalt im Azeotrop ist so eine direkte Strippung nicht sinnvoll.
Ebenso schwierig ist die Trennung im Fall von mit Essigsäure verunreinigtem Wasser. Essigsäure hat kein Azeotrop mit Wasser und einen höheren Siedepunkt, sodass bei einer direkten „Strippung" das komplette Wasser als Leichtsieder über das Destillat abgetrennt wird. Dies wäre keine Strippung im eigentlichen Sinn, sondern eine Abwassereindampfung und damit extrem energieintensiv.
Auch möglich wäre die Behandlung mittels Extraktiv- oder Entrainerdestillation, beides ist aber aufwendig und benötigt ebenfalls viel Energie.
Lösung: Extraktion
In solchen Fällen bietet die Flüssig-Flüssig-Extraktion eine elegante Lösung des Trennproblems. Dieses Verfahren beruht auf der unterschiedlichen Löslichkeit eines Stoffes, der sogenannten Übergangskomponente, in zwei nicht oder nur teilweise miteinander mischbaren Flüssigkeiten. Werden diese beiden Flüssigkeiten miteinander in Kontakt gebracht, entsteht eine zweiphasige Flüssig-Flüssig-Dispersion, und die Übergangskomponente verteilt sich gemäß des thermodynamischen Gleichgewichts zwischen den beiden Flüssigkeiten. Die Flüssigkeit, die eine höhere Affinität zur Übergangskomponenten aufweist und diese aufnimmt, wird allgemein als Extraktionsmittel und die mit Übergangskomponente angereicherte Flüssigkeit als Extrakt bezeichnet. Die an der Übergangskomponente verarmte Abgeberphase wird Raffinat genannt. Die Flüssig-Flüssig-Extraktion wird meistens bei Umgebungsdruck und -temperatur durchgeführt, sodass keine zusätzliche Energie zum Heizen und Kühlen benötigt wird.
Für Phenol und Essigsäure werden in praktisch allen Fällen Ketone, Ester oder Ether als Extraktionsmittel verwendet. Während des Kontakts der beiden Flüssigkeiten in der Extraktionskolonne findet ein Stofftransport des Phenols vom Wasser in das Extraktionsmittel statt, da Letzteres eine höhere Affinität zum Phenol hat als das Wasser. So wird das Wasser an Phenol ab- und das Extraktionsmittel angereichert. Allerdings sättigt sich das Wasser mit dem verwendeten Extraktionsmittel, sodass es nach der Extraktion selbst noch nicht eingeleitet werden kann. Die Extraktionsstufe allein kann also das Wasser nicht vollständig reinigen, aber die Komponente mit einem hohen Siedepunkt ohne einen Verdampfungsschritt entfernen. Dabei nimmt das Wasser zwar einen anderen Stoff, das Extraktionsmittel, auf, dieser hat jedoch einen tieferen Siedepunkt als Wasser bzw. bildet ein tiefsiedendes Azeotrop und kann somit einfach mit der eingangs beschriebenen Strippung entfernt werden. In manchen Fällen wird für die Extraktion ein Lösemittel verwendet, welches bereits in Spuren im Zulauf vorhanden ist. Somit wird kein zusätzlicher Stoff in den Prozess eingebracht.
Das beladene Extraktionsmittel muss von der aufgenommenen Übergangskomponente, in diesem Fall Phenol bzw. Essigsäure, befreit werden, damit es in der Extraktion erneut eingesetzt werden kann. Dies wird üblicherweise in einer Rektifikation durchgeführt. Abbildung 3 zeigt ein prinzipielles Fließbild des gesamten Verfahrens.
Vergleich
Gut abbaubare Lösemittel könnten auch mittels einer biologischen Abwasserbehandlung in einer Kläranlage entfernt werden. Aus Kostengründen werden sie aber größtenteils zurückgewonnen. Ein Vergleich der beiden beschriebenen Verfahren anhand der beiden Fließbilder zeigt, dass die Entfernung einer hoch siedenden Komponente aus Abwasser mittels Extraktion wesentlich komplexer ist als eine einstufige Strippung. Der Schlüssel für ein effizientes Verfahren ist die richtige Auswahl des Extraktionsmittels sowie die an die Trennaufgabe angepassten Betriebsbedingungen der verschalteten Kolonnen.
Hierfür ist eine umfangreiche Erfahrung sowohl auf dem Gebiet der Extraktion als auch in der Destillation notwenig. In vielen Fällen ist außerdem eine Überprüfung und Absicherung der Prozessauslegung durch Pilotversuche erforderlich [2], um eine sichere Lösung der Verschmutzungprobleme zu gewährleisten.
Literatur
[1] Smallwod, I. M., Handbook of organic solvent properties, London, Arnold, 1996
[2] Zuber, L., Leistungsfähiger durch Versuche, in Sulzer Technical Review 2/2011, Winterthur, Sulzer Management Ltd., 2011
Anbieter
Sulzer Chemtech AGSulzer Allee 48
8404 Winterthur
Schweiz
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