Monitoring und Anomalieerkennung




Monitoring macht die Teilnehmer und Kommunikationsbeziehungen in einem Produktionsnetzwerk transparent und dient damit den allgemeinen Zwecken der Inbetriebnahme und Wartung. Als Überwachungslösung ist Monitoring ein geeignetes Mittel, um Abweichungen von vorgegebenen Verhaltensweisen und festgelegten Mustern zu erkennen. Anomalieerkennung ermöglicht die Erkennung untypischen Verhaltens und somit neben technischen Fehlerzuständen und Fehlkonfigurationen auch die Detektion bisher unbekannter Angriffsformen auf solche Netze. Dies unterscheidet die Anomalieerkennung von anderen Maßnahmen, die auf der Erkennung bereits bekannter Angriffe beruhen. In einer kürzlich veröffentlichten Cyber-Sicherheits-Empfehlung weist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf die Bedeutung von „Monitoring und Anomalieerkennung in Produktionsnetzwerken“ hin.
Anomalien in prozesstechnischen Anlagen
„Nur wenn wir IT Security als Voraussetzung der Digitalisierung begreifen,
können wir langfristig von ihr profitieren."
Arne Schönbohm, BSI-Präsident
Durch die immense Erhöhung der Teilnehmer in Prozessanlagen und entsprechend auch der Kommunikation ist kaum noch jemandem bekannt, wer mit wem kommuniziert – berechtigt oder auch nicht; insbesondere wenn mehrere Anlagenteile von unterschiedlichen Lieferanten installiert werden. „Durch die steigende Komplexität im Netzwerk und die Implementierung von nicht immer vollständig IP-standardkonformen Geräten kommt es immer wieder zu Seiteneffekten im Netzwerk, die zunächst nicht bemerkt werden und irgendwann zu einem Störfall werden können. Dies wäre mit einer kontinuierlichen Überwachung des Netzwerkverkehrs aufgefallen und vermeidbar gewesen“, äußert sich Barelmann und bricht eine Lanze für das passive Monitoring: „Wenn erst einmal ein Netzwerk z. B. über einen infizierten Programmierrechner unbemerkt befallen ist, kann sich der Angreifer weiter austoben. Sogar Schadcode nachzuladen würde von einer Firewall nicht verhindert werden, da der Verbindungsaufbau ins Internet aus der internen Zone erfolgt. Hier hat das BSI aus Sicht der IT-Sicherheit dem Hase-und-Igel-Spiel zwischen dem Angreifer und dem Schützenden einen wichtigen Impuls zugunsten des Betreibers gegeben. Die Vorteile des passiven Monitorings sind dabei neben der Möglichkeit der Angriffserkennung vielschichtig: Jeder Anlagenbetreiber hat sofort alle Teilnehmer im Blick und externe Dienstleister lassen sich über die Zugänge genau kontrollieren. Zusätzlich erhält die IT wichtige Informationen für die Feinjustierung der Firewall, ein wichtiger Punkt bei der Angriffsabwehr. Bei der Alarmierung in der Angriffserkennung lässt sich der Servicebereich in der Regel optimieren und spart Kosten.“
Gezielte Cyber-Angriffe auf Unternehmen
mit teilweise existenzbedrohenden Datenverlusten."
Insbesondere in Deutschland ist diese Vorgehensweise verstärkt mit der Ransomware GandCrab beobachtet worden. Bei den bekannten Fällen haben die Angreifer sich zunächst über Fernwartungstools (z. B. RDP, RescueAssist, LogMeIn) Zugriff auf das Netzwerk verschafft, auf verschiedenen Systemen im Netzwerk der Opfer eine Backdoor installiert, potentielle weitere Opfer ausgespäht und schließlich die Ransomware zur Ausführung gebracht.
- Jede einfache Infektion kann zu einem gezielten Angriff führen, da die Angreifer sich zunächst über groß angelegte Kampagnen Zugriff auf viele Netzwerke verschaffen. Jede Primärinfektion (z. B. mit Emotet) kann später weitreichende Folgen haben. Es sollte genau geprüft werden, welche Zugangsdaten potenziell abgeflossen sein könnten und Maßnahmen ergriffen werden, die eine spätere Rückkehr des Angreifers verhindern.
- Es droht ein kompletter Datenverlust, da im Gegensatz zu automatisierten und breit angelegten Ransomware-Kampagnen die manuell ausgeführten Angriffe zwar einen deutlich höheren Arbeitsaufwand für die Angreifer bedeuten, sie jedoch gezielt lukrativere Ziele angreifen und u.U. Backups so manipulieren bzw. löschen, dass diese nicht mehr zur Wiederherstellung der Systeme zur Verfügung stehen.
- Die Gefahr für deutsche Unternehmen steigt. Das BSI beobachtet einen Anstieg der Fallzahlen bei deutschen Unternehmen mit teilweise existenzbedrohenden Datenverlusten. Dabei haben unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Ransomware und Tools verwendet.
Verschärfungen für Systemhersteller und Anwender."
Unternehmen, die eine Malware-Infektion erlitten haben, sollten Geschäftspartner oder Kunden zeitnah über den Vorfall informieren und auf mögliche zukünftige Angriffsversuche per E-Mail mit gefälschten Absenderadressen ihrer Organisation hinweisen.
Angriffspfade und Fehlerkultur
- Einschleusen von Schadsoftware über Wechseldatenträger und externe Hardware
- Infektion mit Schadsoftware über Internet und Intranet
- Menschliches Fehlverhalten und Sabotage
- Kompromittierung von Extranet und Cloud-Komponenten.
- Komponenten zu entwickeln, die Security bereits mitbringen d. h. nicht erst noch abgesichert werden müssen
- Vertrauensvolle Kommunikations- und Fehlerkultur zu leben, z. B. zwischen Herstellern und Anwendern oder zwischen Betroffenen und dem Rest der Community
- mehr Know-How aufbauen
„Keine Sichtbarkeit, keine Kontrolle über den Datenverkehr –
im Bereich der OT Security ist es Stand der Dinge."Dieter Barelmann, Videc Data Engineering
Entsprechend dieser Erkenntnis reagiert auch der Staat, so Kruschitz. Aktuell entsteht das IT-Sicherheitsgesetz in der zweiten Version mit Verschärfungen für Systemhersteller und Anwender. Das BSI entwickelt ein Grundschutzprofil für die Chemieindustrie. Das kann dazu beitragen, dass es eine deutschlandweite Harmonisierung der Security- Anforderungen geben wird. Aktuell variieren die Vorgaben noch in Abhängigkeit vom Bearbeiter beim jeweiligen Regierungspräsidium bzw. Gewerbeaufsichtsamt.
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